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Langsam fuhr er sich durch das zerstrubbelte Haar, welches glanzlos, ungekämmt und mit einem fast zwei Zentimeter langem Ansatz in sein Gesicht hing. Die blonden Strähnen waren genauso matt, wie er sich fühlte.

Schüchtern wagte er einen Blick in den Spiegel, schreckte vor sich zurück. Seine Haut war fahl, die Augen aufgedunsen, von der wochenlangen Weinerei gerötet und geschwollen.

Er schluckte leicht, kaute an seinen trockenen Lippen herum, bevor er sein Gesicht in den Händen versteckte. Er wusste nicht, wie lange es her war, dass er zum letzten Mal geduscht hatte, dass letzte Mal Sonnenlicht auf seine Haut hatte scheinen lassen. Sein Körper war durch die begrenzte Nahrungszufuhr etwas abgemagert, sein Körper beschwerte sich über den Mangel an Vitamin D.

Kann schon mal passieren, wenn man sich wochenlang in sein Zimmer einsperrt, sich in sein Bett verkriecht und nichts anderes tut, als im Dunklen die Zimmerdecke anzustarren, zu weinen und sich selbst zu bemitleiden.

Er atmete tief ein und aus, mutig blickte er erneut in den Spiegel. Er hob den Kopf an, seine Augen funkelten fest. Er war besser als das, besser als er. Wie lange wollte er noch nichtstuend herumjammern? Würde es so besser werden, er zu ihm zurück kommen? Nein. Er spürte, wie sein Herz bei dem Gedanken an ihn schmerzlich gegen seinen Brustkorb schlug. Würde er ihn zurücknehmen? Wenn er angekrochen käme und sich entschuldigen würde? Vermutlich ja. Aber würde das je passieren? Nein.

Denn er liebte Jimin nicht. Hatte einen anderen gefickt, während Jimins Herz nur für ihn geschlagen hatte.

Er musste die Realität so hinnehmen, wie sie war, musste sich langsam und mühsam wieder aus diesem Loch rausbuddeln, die Erde von seinem Kopf schaufeln, mit der er sich eingeschlossen hatte.

Entschlossen wischte er sich die aufkommenden Tränen aus dem Gesicht. Genug getrauert. Warum trauerte man überhaupt um die Menschen, die einem nur wehtun, die einen nicht lieben? Es schmerzt. Irgendwie musst du mit dem Schmerz umgehen, lernen damit umzugehen. Vielleicht vergräbst du dich für eine Weile, lässt dich auf deinem Weg nieder. Wichtig ist nur, nach einer gewissen Zeitspanne aufzustehen und diesen Weg wieder aufzunehmen. Ganz egal, welche Steine dir vor die Füße geworfen werden.

Ein letztes Mal atmete Jimin tief ein und aus, bevor er begann die Erde Schippe für Schippe wegzubuddeln, die Steine wegzuräumen. Der erste Schritt - der in Richtung Dusche ging. Kein Schritt sollte unterschätzt werden, egal wie klein er ist oder wie unbedeutsam er scheinen mag.

𝐍𝐎 𝐅𝐄𝐄𝐋𝐈𝐍𝐆𝐒 𝐀𝐋𝐋𝐎𝐖𝐄𝐃 | kth.pjmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt