Durch das nervige Klingeln meines Handys wurde ich aus meinem Schlaf gerissen. Immer noch müde, aber nicht so extrem müde wie heute Nachmittag, setzte ich mich auf und griff nach dem vibrierenden Gerät. Ohne zu schauen, wer mich anrief, nahm ich einfach ab und murmelte ein leises "Hallo".
"Namjoon?" "Eomma!", rief ich erschrocken aus und war direkt hellwach. "Ms Kim hat mich angerufen", seufzte sie. "Wo bist du gerade?" "Ich bin bei den Jeons, Eomma", antwortete ich wahrheitsgemäß und strich mir mit der freien Hand durch die Haare. "Wie geht es deiner Nase?" Ich schluckte. Sie wusste davon. Also konnte ich jetzt schon meinen Koffer nach Hause packen.
"Gebrochen und wieder eingerenkt", murmelte ich. "Namjoonie, ich bin direkt", änderte sich von jetzt auf gleich ihre Stimme vom Besorgten ins Strenge. "Wann geht mein Flieger nach Hause?" "Huh? Gar nicht, mein Engel! Wie kommst du denn darauf?" "A-Appa meinte doch, dass-". "Ach Appa, aber der bin nicht ich. Er hat es schon erfahren, aber ich konnte ihn überreden. Immerhin kannst du nicht einfach nach Beginn deines Schuljahres in Korea zurück. Die Schule hier hast du schon abgeschlossen und dein Studienplatz ist doch erst nächsten Sommer für dich vorgesehen. Wir hatten sogar die Idee, deinen Flug in den Herbstferien zu stornieren!" "Was?!" Wollten mich meine Eltern nicht Zuhause haben? Wurde ich schon wieder abgeschoben?
"Ja, du fährst zu Taehyung. Dann kannst du deine Familie auch wieder besuchen", seufzte sie. "Danke", hauchte ich nur. "Nur du brauchst jetzt eine neue Familie. Wie lange kannst du bei den Jeons bleiben?" "Bis Montag." "Ich miete dir ein Hotelzimmer. Keine Widerrede." Und da war wieder meine strenge Eomma, die wie mein Appa nur nach Erfolg aus war. Natürlich bejahte ich. Was sollte ich denn auch sonst machen? Meinen Eltern widersetzen ging eh nicht. Immerhin hatten die mein Leben doch schon komplett durchgeplant. Ich hatte sogar schon einen festen Studienplatz in Amerika. Das Jahr hier war nur eine riesige Ausnahme, da ich für das Studium auch ein wenig zu jung war.
Meine Eomma beredete mit mir noch eben den Ablaufplan für die nächsten zwei Wochen bis zu den Ferien, danach legte sie auch schon sofort auf.
Ich lachte direkt danach schon wieder höhnisch auf und fuhr mir gestresst durch die Haare. Was hatte ich mir auch eigentlich erhofft? Dass sie einmal auf meine Wünsche eingehen und mir Freiraum geben würden? Dass sie mich verstanden? Dass sie überhaupt versuchten mich zu verstehen? Nein, wieso denn auch.
Lächerlich.
Wie von selbst bahnten sich die ersten Tränen den Weg von meinen Augen über die Wangen, bis sie an meinem Kinn hängen blieben und auf meine nackte Haut an den Beinen tropfte. Mein Leben war lächerlich. Ich musste seit meiner Geburt einen streng für mich vorgesehenen Plan abarbeiten, um nachher die Firma meines Vaters zu übernehmen. Aber das wollte ich doch gar nicht. Ich wollte doch einfach nur selber über mein Leben bestimmen! Aber was musste ich stattdessen? Genau, eine perfekte Familie mit der perfekten Arbeit und dem perfekten Leben führen. Und dann wunderte sich noch einmal jemand, dass ich unter dem ganzen Druck langsam immer weiter zerbrechen würde.
Mein Kopf schnellte zur Tür, als jemand anklopfte und kurz darauf auch schon langsam die Tür öffnete. Ich rechnete fest damit, dass Jackson doch etwas aus dem Zimmer hier holen wollte. Jedoch war es nicht Jackson, der in das Zimmer kam, sondern Mrs Jeon.
"Hey", flüsterte sie und kam direkt auf mich zu. "Brauchst du gerade jemanden zum reden? Ich habe dich weinen gehört", hauchte sie und setzte sich zu mir auf das Bett. "Ich kann das alles nicht mehr", hauchte ich nur und fing erneut an zu weinen. Mrs Jeon nahm mich vorsichtig in ihre Arme und strich mir behutsam über den Rücken. Dass ich gerade nur in Unterhosen und am flennen vor ihr saß, war mir gerade herzlich egal.
"Es ist alles gut Namjoon. Ich bin für dich da", antwortete Mrs Jeon ruhig. "Was kannst du nicht mehr?" "So Leben", schniefte ich. "M-Mein scheiß Leben ist v-von vorne nach h-hinten komplett durchgeplant u-u-und das hat Eomma mir gerade mit ihrem Anruf n-nur noch klarer vor Augen geführt. I-Ich will doch nur normal sein!"
"Namjoon, du bist der netteste und liebevollste junge Mann, der mir unter die Augen getreten ist. Ich kann leider nichts gegen deine Eltern machen, aber wenn dich das beruhigt, kannst du gerne hier bleiben. Du bekommst einfach Junghyuns Zimmer und er muss einfach eine Zeit lang wieder bei uns schlafen", bot sie an und wischte mir mit ihrer Hand einige Tränen aus den Augen.
"Eomma?", fragte plötzlich eine junge Stimme in den Raum hinein. Kurz darauf kam Junghyun in den Raum reingerannt und blieb geschockt vor mir stehen, ehe er sofort kehrt machte und aus dem Zimmer rannte. Sah ich so schrecklich aus?
"Namu, du sollst nicht weinen", kam es dann aus der Richtung Tür, in der Junghyun erneut stand, dieses mal mit seinem Teddybären im Arm. Diesen reichte er mir, während er neben mir auf den ausgeklappten Sessel kletterte. "Cookie hilft mir, wenn ich weine. Jetzt du!", rief der Kleine aus, weshalb ich schmunzeln musste und den Teddybären natürlich in meine Arme nahm.
"Danke Mrs Jeon", wandte ich mich dann wieder an die liebevolle Frau neben mir. "Für die aufmunternden Worte und das Angebot, dass ich hier bleiben darf. I-Ich muss aber noch darüber nachdenken, in Ordnung?" "Natürlich Namjoon, lass dir dabei genug Zeit. Du kannst dich auch erst nach den Ferien entscheiden und ich sage deinem Lehrer deshalb bescheid, ja?" Ich nickte nur und sie zog mich noch einmal in eine kräftige Umarmung.
"Junghyun auch!", rief Junghyun aus und schmiss sich auf mich, aber mit Vorsicht, da ja immerhin sein Arm und meine Nase kaputt waren.
"Ich werde dir von Jungkook mal ein paar frische Klamotten besorgen", meinte Mrs Jeon nach der Umarmung und stand daraufhin auf. "Das Essen sollte gleich fertig sein, danach kannst du ruhig wieder schlafen gehen." Damit verließ sie den Raum. Junghyun hüfte ihr hinterher, seinen Teddybären ließ er bewusst bei mir liegen.
Jungkook kam kurz danach mit Klamotten für mich vorbei. Bevor ich diese anzog, begab ich mich in das Badezimmer hier, um als erstes zu duschen, da ich ein wenig nach Schweiß roch. Mit noch nassen Haaren und den frischen Klamotten von Jungkook lief ich dann die Treppe hinunter in die Küche. Jackson und Jungkook deckten gerade den Tisch, während Junghyun schon auf seinem Platz saß und Mr Jeon die Töpfe mit dem Essen auf den Tisch stellte.
Wir setzten uns alle gemeinsam an den Tisch und begannen, still unser Essen zu essen. Mit meinen Gedanken war ich aber überall, nur nicht hier am Tisch anwesend.
Beim Abräumen half ich jetzt ebenfalls, war aber immer noch in meiner eigenen Welt versunken, weshalb ich nicht mitbekam, wie Jackson mich ansprach.
"Namjoon! Ich frage dich etwas!", meinte er und fuchtelte dabei wild mit den Armen vor meinem Gesicht herum. "'Tschuldige", murmelte ich und schenkte ihm endlich meine Aufmerksamkeit. "Was ist denn?" "Willst du mit Jungkook und mir zocken?" Eigentlich hatte ich so gar keine Lust darauf, aber ich stimmte doch zu. Alleine wollte ich nämlich auch nicht sein, weshalb ich mich lieber still zu den beiden setzen würde, als wieder in meinen grässlichen Gedanken alleine in Jacksons Zimmer.
Zu dritt rannten wir dann die Treppen hoch, auf den Weg in Jungkooks Zimmer. Ich glaubte, das beste wäre es, wenn die beiden wieder spielen würden und ich nur wieder zuschauen würde. Das reichte mir ja schon.
"Willst du spielen, Namjoon?", fragte mich Jungkook sofort und ich verneinte. "Mir reicht es, euch beiden zuzuschauen. Spielt ihr ruhig, ich lege mich hinter euch ins Bett." Und damit schmiss ich mich breit über Jungkooks Bett und erntete deshalb ein Lachen von Jackson und Jungkook.
"Okay, dann spielen nur wir beide", kam es ebenfalls lachend von Jungkook, ehe er sich zu mir auf das Bett setzte, Jackson setzte sich neben ihn hin und schnappte sich einen Controller zum zocken. Jungkook schnappte sich den anderen und kurz darauf hörte man auch schon das Schießen von imaginären Waffen.
Da ich immer noch extrem müde war, legte ich mich ein wenig gemütlicher auf eines von Jungkooks Kissen hin. Lange lauschte ich den Geräuschen auf dem Fernseher nicht mehr, da meine Augen sich wie von selber schlossen und irgendwann nicht mehr öffneten.
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Exchange Student [{NamJin}]
Fanfic"Seokjin, du bekommst einen Austauschschüler." Dieser Satz brachte den 18-jährigen Schüler Kim Seokjin komplett aus der Bahn. Er war der harte, gefühllose und beliebte Schüler der Schule, vor dem sich jeder fürchtete. Und ausgerechnet er sollte jet...