Auf ein neues

82 7 4
                                    

Katharina wich ängstlich nach hinten, warum meinte das Schicksal ihnen unbedingt einen Strich durch die Rechnung machen zu müssen?Warum war dieser verfluchte SS Major da gewesen? Natürlich hatte er sie von den Verhören erkannt und nun hieß es auf ein neues in die SS Verhörungszentrale. Katharina lag zusammengerollt an Karls Brust, jener versuchte sie verzweifelt zu beruhigen. Die beiden hatten nicht mit den Papieren überzeugen können, eine Echtheit Kontrolle sollte vollzogen werden. Die Waffen hatte man ihnen abgenommen und die schwangere Katharina stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch.

Doch dieses Mal brachte man sie in andere Zellen, ohne Gitter sondern aus schweren Eisentüren undurchsichtig und voneinander getrennt. Noch hatte man keinen Beweis, dass sie nicht Maria und Alfred Bauer waren. Die Ärztin schluchzte leise, dass wäre ihr Tod da war sie sich sicher. Einen Verräter und einen Flüchtling würde man nicht mal mehr auf den Weg in ein KZ schicken. Die Knie hatte sie angezogen und den Kopf an die graue Betonwand abgelehnt. Erneute Folterungen? Dann würde das Kind sterben, jetzt wo sie es lieb gewonnen hatte. Stumm strich die Ärztin über den kleinen Bauch. "Alles wird gut,... alles wird gut." Katharina versuchte sich das einfach selbst einzureden, damit sie nicht wahnsinnig werden würde.

Schritte auf dem Flur, ein Drehen im Schloss, schnell richtete sich die junge Frau auf. Ihr Herz blieb beinahe stehen, dort stand er. Rochus. Sein braunes Haar klebte an seinem Gesicht, die braunen Augen waren gezeichnet von Schlaflosigkeit. Von dem einst so eleganten Offizier war nicht ansatzweise etwas zurückgeblieben. "Nun Herr Obergruppenführer können sie die Frau als ihre Ehefrau identifizieren?"

Die schwarzen Stiefel fanden den Weg zu ihr und Rochus hob den Kopf der braunhaarigen an. Seine Finger berührten sie so fremd und leer. Der Blick blieb an ihrem kurzen Haar und dem kleinen Bauch hängen. Er kannte Katharina, es stimmte also doch, seine Vermutungen lagen richtig. Doch war es das seine oder Karls? Die blauen Augen seiner Ehefrau sahen ihn an, Sekunden vergingen die sich so qualvoll wie Stunden dahinzogen.

"Nein, ich kann diese Frau nicht als meine Ehefrau identifizieren." Die Stimme des Obergruppenführers schallte in dem Raum und Katharinas Herz blieb stehen. Hatte sie doch damit gerechnet, dass er sie verpfeifen würde, doch jetzt schützte er sie? "Bei diesen Personen besteht kein Zusammenhang zu den Mitgliedern der weißen Taube, wenn ihre Untersuchungen in den nächsten Tagen nichts ergeben können sie die Mitbürger frei lassen." Mit jenen Worten traten die Männer in der schwarzen und grauen Uniform nach draußen. Das Herz der wertenden Mutter raste und sprang wild herum. "Ja kleines Fröschlein, das war dein Papa."

Stunden später lag die Frau auf der Liege mit geschlossenen Augen, neben ihr stand der leere Messingschall mit den letzten Resten des Essens. Es war wirklich widerlich vom Geschmack, doch das war unwichtig Hauptsache Nahrung für sich und das Kind. Draußen herrschte Düsterheit, die Rufe in dem Gebäudekomplex waren verstummt. Das einzige was man hörte waren schwere Stiefel die vor der Tür patrouillierten. Katharina öffnete die Augen als sie Schritte hörte und eine tiefe allzu bekannte Stimme. "Verhör, wegdrehten!"

Stumm richtete die Ärztin sich auf und sah wie die Tür geöffnet und dann geschlossen wurde, da stand Rochus. Ihr Herz war so schwer, dass alles war passiert und dennoch lag sie wieder unter ihm. Würde er wieder seine Macht ausleben und demonstrieren? Ihre Hände verschränkten sich vor ihrem Bauch, versuchten mit naiver Kindlichkeit ihr Kind zu schützen. Doch Rochus ließ sich nur auf der Pritsche ihr gegenüber nieder und sah seine Ehefrau stumm an.

"Hallo." Seine Stimme war so ruhig, doch der Offizier wirkte wie ein Schatten seiner selbst.

"Hallo." Katharina wagte es nicht einmal ihn anzusehen, vor vielen Jahren waren sie geliebte, doch nun? In seinen Kopf würde sie gerne einen Blick hineinwerfen. Mit seinen Verhörmethoden war jeder Funke in sein Vertrauen und seine Menschlichkeit zerbrochen.

"Wie...wie...wie habt ihr das geschafft? Wo habt ihr euch aufgehalten?" In seinen Kopf ging es nicht rein, aus den sicheren Zügen die Menschen in den unausweichlichen Tod schicken sollte auszubrechen war ein Ding der Unmöglichkeit!"

"Wenn ich es dir sage, weiß es morgen die ganze SS und Himmler persönlich." Doch dann schloss sie die Augen, immerhin hatte er sie nicht verraten. "Erich und Karl haben den Boden ausgehebelt und wir haben uns auf die Gleise geschmissen. " Ein Keuchen erfüllte den Raum. Rochus wusste nicht ob er geschockt oder beeindruckt sein sollte.

"Ihr seid doch Lebensmüde!" Katharina lachte nur freudlos auf. "Rochus wo hätten sie uns denn hingebracht?!Nicht zu fliehen ist Lebensmüde! Lieber sterben wir als Flüchtlinge, als ein Haufen Elend der vor Erschöpfung zusammen bricht!" Ihre Stimme war leise, doch dennoch energisch und voller Rage. Wie naiv war ihr Mann bitte?!

Rochus nickte, irgendwie hatte sie doch Recht. Stumm sah er sie eine Weile an. "Du bist schwanger.....ist es mein Kind oder seines?" Die Antwort auf die Frage lastete an ihm. Wenn das da wirklich sein Fleisch und Blut war, was in ihrem Bauch heranwuchs....

Die junge Frau nickte. "Ich und Karl hatten nach den Verhören, nicht mehr...davor auch nicht....du bist der Vater des Kindes." Ihre Augenlider erhoben sich und die blauen Augen sahen ihn stumm an. Wie seine Reaktion war? Angst machte sich in ihr breit, doch damit hatte die Ärztin nicht gerechnet.

"Oh Gott...Ich werde Vater..." Seine Stimme war voller Freude, doch auch voller Trauer. Nie würde er diesem Kind gerecht werden können. Katharina und Karl mussten mit seinem Fleisch und Blut raus aus diesem Land. Er wollte nicht zulassen, dass sein Kind im Bauche der Mutter starb.

"...Darf...darf ich...?" Als Katharina bejahte strichen seine Finger vorsichtig über den Bauch seiner Ehefrau. Trauriger Stolz machte sich in ihm breit, immer hatte er sich ein Kind gewünscht, doch jetzt würde er es nicht aufwachsen sehen, geschweige denn ihm ein Vater sein, das würde ein anderer übernehmen, ein bitter Gedanke.

Gefangen im FaschismusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt