Kapitel 10 - Annäherungen?

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„Wieso hast du mich damals verlassen?" Mit einem tiefen Seufzer schloss ich die Augen. Ich wollte Klaus nicht antworten, denn ich wusste nicht einmal, was ich ihm sagen sollte.
Plötzlich wurde ich in übermenschlicher Geschwindigkeit herum gerissen und landete rücklings im Wasser. Klaus war über mir. Sein Gesicht kaum ein paar Zentimeter über meinem, sodass man das Knistern, das in der Luft lag, praktisch hören konnte.
„Warum bist du damals fortgegangen?" Die Frage war zwar eine andere, doch der Sinn war der gleiche. Der Vampir wollte etwas von mir wissen, was ich ihm nicht verraten konnte.
„Das ist nicht wichtig", entgegnete ich so kalt wie möglich, während ich versuchte, mich wieder aufzurichten, doch Klaus ließ das nicht zu.
„Natürlich ist es das. Du sagtest, dass du auch bei mir bleiben würdest, wenn wir diesen verdammten Bund gebrochen haben und doch bist du bei der ersten Möglichkeit mit diesem Jack verschwunden." Klaus wurde wütend. Das spürte ich vor allem daran, dass er meine Arme beinahe zerquetschte und seine Augen einen gefährlichen, schwarzen Ton annahmen.
„Dann habe ich eben gelogen", flüsterte ich ernst. Klaus erstarrte. Diesen Moment nutzte ich, um mich aus seinem Griff zu befreien und davon zu rennen. Ich hatte doch gewusst, dass es eine schlechte Idee gewesen war, in Mystic Falls zu bleiben.

>Als ich meine Augen öffnete, fuhr ich ruckartig in die Höhe. Tausende von Bildern strömten durch meinen Kopf. Ich war im Wald gewesen. Ich war gerannt und dann war da etwas gewesen. Kurz dachte ich, Niklaus würde sich mal wieder einen Spaß mit mir erlauben. Seit ich wusste, was er war, hatte er mir so vieles von seiner Welt berichtet. Sie war so unberechenbar und die Freiheit, die er genoss, konnte ich mir nicht einmal erträumen.
'Niklaus, du jagst mir keine Angst ein. Du weißt doch, ich fürchte dich nicht.' Das hatte ich in die Dunkelheit gebrüllt, doch es war nicht Niklaus gewesen, der aus dem Geäst getreten war.
Nun war ich in einem fremden Zimmer und fühlte mich... seltsam. Im Türrahmen gelehnt stand Niklaus, aber in seinem Gesicht lag diesmal nicht dieses fiese Grinsen, das ich so sehr mochte. Ohne ein Wort zu verlieren, wendete sich der Vampir ab und verließ den Raum. Ich war verwirrt und enttäuscht, dass er mich so ignorierte. So enttäuscht, dass ich schreien wollte, dass ich rennen und Wände einschlagen wollte. Knurrend warf ich die Decke zur Seite und stand auf. Was war nur passiert? Als ob auf meiner Haut eine Antwort stehen würde, suchte ich danach. Nichts. Kein Kratzer, keine Wunde.
Langsam schlich ich durch das fremde Haus. Niklaus war verschwunden und ich würde ihn sicherlich auch nicht suchen. Wenn er so plötzlich meinte, mir keine Aufmerksamkeit mehr zu schenken, war er selbst schuld. Ich wurde wütend. So wütend, dass ich auf ihn einschlagen wollte. So wütend, dass ich auf alles und jeden einprügeln wollte. So wütend,dass ich schreien musste. In diesem Moment sah ich das riesige Fenster und durch den kleinen Spalt, den die dunklen Vorhänge freiließen, sah ich das Salvatore-Anwesen. Mit einem Grinsen stürmte ich die große Treppe hinunter, riss die Tür auf und fuhr mit einem lauten Aufschrei zurück. Es ging alles zu schnell. Ich wurde ins Dunkel geschleudert, die Tür wieder zugeworfen und das nächste, das ich sah, war Niklaus' sorgenvolles Gesicht.
„Ich bin ein Vampir, oder?", murmelte ich leise, „Wie konnte das passieren?" Niklaus seufzte.
„Du wurdest von einem Werwolf angegriffen, Liebste. Und er hat dir das Genick gebrochen."
„Und das eben...?"
„Die Sonne." Ich seufzte. Deshalb also diese starken Gefühle. Niklaus hatte mir davon erzählt, doch sie jetzt zu spüren...
„Komm, steh auf." Sofort war ich auf den Beinen und stand so direkt vor dem Vampir. Dieser sah mich etwas verwundert an.
„Keine Widerworte? Keine frechen Antworten?"
„Nur wenn du es willst", entgegnete ich lächelnd. Das war wohl der Moment, in dem Niklaus mich zum ersten Mal so ansah, als wäre ich nicht mehr das Mädchen, das er einmal kennengelernt hatte.<

Rennen. Egal ob Mensch oder Vampir, darin war ich schon immer gut gewesen und nun musste ich es mir zu nutzen machen, dass der Urvampir einen Moment abgelenkt war. Ich musste fort von hier. Egal, was Eric mir befahl und egal, was die anderen von mir dachten. Das hier war zu viel. Eigentlich wollte ich Klaus niemals wiedersehen und nun brachte er mich hierher. Wo wir so viele Stunden gemeinsam verbracht hatte. Hier wo ich glücklicher gewesen war, als jemals zuvor. Urplötzlich wurde ich gepackt und landete unsanft am nächsten Baum. So schnell ich konnte, richtete ich mich wieder auf und wollte wieder rennen, doch dieses Mal wurde ich gegen einen der Bäume gedrückt. Klaus hatte seine Hand an meine Kehle gelegt und hob mich nun so in die Höhe. Röchelnd versuchte ich, seinem Griff zu entkommen, doch wieder einmal merkte ich das hohe Alter des Urvampirs. Niemals konnte ich ihm entkommen, wenn er es nicht zulassen wollte.
„Klaus ... bitte..."
„Ich glaube dir nicht, dass das alles gelogen war." In den Augen des Vampirs lag keinerlei Gefühl. Keine Regung. So kalt kannte ich Klaus gar nicht. In all den Jahren hatte ich so viele Geschichten über den kaltblütigen Vampir Niklaus gehört, der jeden tötete, der ihm im Weg stand und der alles tun würde – jeden töten würde – der sich ihm in den Weg stellte. Er hatte seine Geschwister erdolcht und hatte ohne zu zögern Elena ermordet, um seine Hybriden zu erschaffen. Und trotz all dieser Geschichten hatte ich immer gewusst, dass all das nur Fassade war. Irgendwo steckte der Niklaus, der nachts mit einem jungen Menschenmädchen durch den Wald gelaufen war und das nur, um sie vor allem und jedem zu beschützen.
„Wenn dem ... so ist... warum bist du ... dann so ... wütend?" Klaus Griff wurde lockerer. Kurz dachte ich, dass es an meinen Worten liegen würde, aber etwas anderes hatte die Aufmerksamkeit des Urvampirs auf sich gezogen. Eine kurze, silberne Kette, die ich so sorgsam unter meinem Shirt versteckt hatte, war aus ihrem Versteck an die Freiheit entwichen. An ihr hin ein ebenso silberner Ring, der mit schwarzen Ranken verziert war. In seiner Mitte befand sich ein tiefblauer Stein. So tief wie das Meer. Mit einem Mal wurde Klaus' Blick wieder sanfter, als meine Beine wieder den Boden berühren durften und sich seine Finger um den Ring legten.
„Weil du jetzt gelogen hast", antwortete der Urvampir auf meine vergangene Frage und dieses fiese Lächeln legte sich auf seine Lippen, das ich früher einmal so geliebt hatte.
„Was willst du von mir hören, Nik?!", fuhr ich Klaus vor mir an, „Damals ist vorbei! Versteh das doch endlich!"
„Aber warum?!", schrie nun auch Klaus, „Warum trägst du nach all der Zeit noch den Ring, mit dem ich dir versprochen habe, die Ewigkeit mit dir zu verbringen?!"
„Vampire vertragen keine Sonne und deshalb brauche ich den Ring!"
„Du hättest dir schon längst einen neuen besorgen können. Sag nicht, dass du in all den Jahren keine Hexe kennengelernt hast!" Darauf wusste ich nichts zu antworten. Klaus schien das als Triumph zu bewerten, denn ehe ich regieren konnte, zog er mich an seinen starken Körper und legte seine Lippen auf meine. Ich konnte nichts dagegen tun, dass ich es genoss, seine Nähe nach so vielen Jahren wieder zu spüren. Nach so vielen qualvollen Jahren. Genießerisch schloss ich die Augen und verschränkte meine Arme hinter Klaus' Hals. Dieser lächelte in unseren Kuss hinein, als er mich gegen den Baum presste, sodass nicht einmal mehr ein Lufthauch zwischen uns passte.
Erst als mein Handy klingelte, realisierte ich wieder, was ich da eigentlich tat. In Vampirgeschwindigkeit entfernte ich mich einige Meter von Klaus und nahm das Gespräch entgegen, ohne meinen Blick von dem grinsenden Gesicht des Urvampirs abzuwenden.
„Ja?"
„Sam, ist bei dir alles gut? Ich habe seit gestern nichts mehr von dir gehört und selbst Kira wollte mir nicht erzählen, was gestern passiert ist." Als Jacks Stimme erklang, verhärtete sich Klaus' Miene sofort.
„Mir geht es gut, keine Sorge. Eine Woche muss ich hier bleiben und dann bin ich wieder da. Mach dir keine Sorgen, ich komme schon klar."
„Und was ist mit Niklaus? Hat er..." Mehr hörte ich nicht, denn Klaus hatte mir das Handy aus der Hand gerissen. Für ihn war Jack der Böse und dessen waren wir uns alle bewusst.
„Er hat", erklärte der Urvampir kühl, „Verschwinde aus Sams Leben. Sie gehört zu mir. Und bete, dass ich dich niemals zwischen meine Finger bekomme, denn wenn dem so sein sollte, werde ich dir sofort dein armseliges Herz aus der Brust reißen!" Ich wusste nicht, was zuerst geschah. Entweder dass Jack auflegte oder dass Klaus mein Handy mit all seiner Kraft gegen den nächsten Baum warf. Dort zerschellte es in tausende kleine Einzelteile.
„Was soll das?!", fuhr ich Klaus an, „Du schuldest mir ein neues Handy!"
„Und du mir immer noch eine Erklärung? Warum ruft er dich an?!"
„Weil er mein Freund ist?"
„Freund?" Klaus wurde immer wütender, doch das war mir egal. Ich hatte noch nie Angst vor ihm gehabt.
„Ein guter Freund. Nicht mehr und nicht weniger. Aber das habe ich dir auch schon tausendmal gesagt."
„Und doch bist du damals mit ihm verschwunden."
„Das bin ich wohl", murmelte ich, während ich mich abwendete.
„Aber wieso?!", schrie Klaus mich nun an. Wütend fuhr ich herum. Tränen liefen meine Wangen hinunter.
„Weil ich einfach keine andere Wahl hatte!" Mit diesen Worten rannte ich davon. Ja, rennen konnte ich gut. Zu gut.

Never forget the past... (VampireDiaries - FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt