Kapitel 11 - Der Bund

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„Jack, Jack. Beruhige dich bitte."
„Wie soll ich mich denn beruhigen?!", schrie mein Freund durch das Telefon. Ich war so lange gelaufen, bis ich Mystic Falls wieder erreicht hatte. Dort hatte ich als erstes einen jungen Mann manipuliert, um ihm sein Handy abnehmen zu können. Menschen waren doch so manches Mal wirklich erbärmlich. Besonders die männlichen. Obwohl sich das meist nicht auf die menschliche Gattung zu beschränken schien.
„Wie kann er dich nur zu diesem Ort zurückbringen? Gerade zu diesem? Dort hat doch alles angefangen!" Jacks Stimme wurde immer bedrohlicher. Es war lange her, dass ich mit ihm richtig gesprochen hatte, und doch war er der einzige, dem ich mich in dieser Situation anvertrauen konnte.
„Ich weiß. Aber es sind nur diese paar Tage, die ich noch mit ihm durchstehen muss und dann komme ich zurück."
„Obwohl du das nicht willst." Ich schwieg. Es war die Wahrheit. Vielleicht sollte ich wirklich verschwinden, wenn diese Woche vergangen war. Irgendwohin, wo ich niemanden kannte und wo ich endlich frei sein konnte. Frei von allem und jedem.
„Ich rufe dich dann wieder an", erklärte ich monoton, ehe ich auflegte und das Handy weit von mir warf. Vielleicht würde es irgendjemand finden und seinem Besitzer zurückbringen.
In Vampirgeschwindigkeit rannte ich in Jeremys Haus. Klaus' Auto stand nicht vor eben diesem und auch ansonsten nahm ich seine Anwesenheit nicht wahr. Innerlich hoffte ich, dass der Urvampir mir nun etwas Zeit für mich lassen würde.
„Du bist zurück." Jeremy und Elena standen in der Küche und blickten mir entgegen.
„Wie war es?" Ich antwortete meinem besten Freund nicht, sondern wendete mich seiner Schwester zu.
„Ich gehe mich nur schnell duschen und dann fahren wir los."
„Wohin?", fragte die Brünette mich.
„Ich habe etwas versprochen." Mit diesen Worten rannte ich die Treppe hinauf.
„Warum so eilig?", rief Jeremy mir hinterher.
„Vielleicht lief das mit Klaus nicht ganz so gut", entgegnete ich, ehe ich die Badetür hinter mir zuwarf und mich dem wärmenden Wasser ergab, das über meine verspannten Muskeln lief.

Mitten im Wald stoppte ich das Auto und stieg aus. Elena folgte mir. Während der ganzen Fahrt hatten wir geschwiegen und ich war froh, dass sie mich nicht wegen meines Ausfluges mit Klaus ausfragte. Ich konnte und wollte ihm seine Frage nicht beantworten.
„Also, was machen wir jetzt?" Elena war aufgeregt. Das merkte man ihr an.
„Erstmal reden wir."
„Reden? Wie soll reden mir denn helfen?"
„Reden hilft immer." Ich versuchte, Elena ein Lächeln zu schenken, was mir jedoch kläglich misslang.
„Also gut. Worüber willst du reden?"
„Über Damon. Über Stefan. Über alles. Jeremy hat mir erzählt, was passiert ist. Dass du mit Stefan sehr glücklich warst, weil er dich aus diesem Tief nach dem Tod deiner Eltern geholt hat."
„Aber nun liebe ich Damon." Elenas Stimme war fest.
„Bist du dir da sicher?"
„Natürlich! Warum fragen mich das alle?! Ich mag zwar an Damon gebunden sein, doch ich würde ihn auch ohne dieses Ding lieben. Stefan ist Vergangenheit, auch wenn ich mir wünschen würde, ihn nicht so verletzt zu haben." Ich musste lachen, was Elenas Wut nur noch mehr steigerte.
„So wie du habe ich mich wohl auch mal angehört."
„Als du an Klaus gebunden warst?" Ein Seufzer entrann mir, während ich nickte.
„Du bindest dich an jemanden nur, wenn du vorher in deinem menschlichen Leben auch Gefühle für diese Person hattest. Ich will also gar nicht abstreiten, dass du Damon vielleicht wirklich geliebt hast, aber findest du es denn nicht auch seltsam, dass du Stefan auf einmal völlig vergessen hast? Und das nach allen, was er wohl für dich getan hat?"
„Liebe kommt und geht."
„Natürlich tut sie das, aber willst du denn nicht für dich selbst wissen, ob du Damon wirklich liebst oder ob dich sein Blut nur manipuliert?"
„Ist das der Grund, warum du dich damals von Klaus getrennt hast? Hast du ihn nicht mehr geliebt, als du den Bund gelöst hattest?" Ich konnte nicht verhindern, dass ich zusammenzuckte.
„Es hatte viele Gründe, warum ich damals gegangen bin. Klaus war es selbst, der den Bund lösen wollte", flüsterte ich.
„Wie bitte?!", schrie Elena auf. Das hatte sie dem Urvampir wohl nicht zugetraut.
„Klaus wollte wissen, ob ich ihn wirklich liebte."
„Na das bereut er jetzt sicher", murmelte die Brünette neben mir nachdenklich.
„Wie meinst du das?"
„Nun ja. Unser lieber Urvampir scheint dich sehr zu mögen und wenn er den Bund nicht gelöst hätte, wärst du jetzt noch bei ihm." Erschrocken vergaß ich, Luft zu holen. Ich bemühte mich, meine Fassung wieder zu gewinnen. Wenn Elena nur gewusst hätte, wovon sie da sprach. Nicht einmal, wenn mein Bund zu Klaus geblieben wäre, hätte ich damals bei ihm bleiben können. Dann schon gar nicht.
„Aber es wäre eine Lüge", erklärte ich Elena, „Und Liebe sollte keine Lüge sein." Die Brünette wirkte nachdenklich, während sie neben mir durch die Baumreihen schritt. Solch ein Gespräch hatte ich schon einmal geführt, nur dass ich damals an Elenas Stelle gewesen war.
„Was wäre, wenn Damon dir befehlen würde, Jeremy zu töten?"
„Das würde ich niemals tun!"
„Doch. Der Bund würde dich dazu bringen. Damon würde es dir begreiflich machen. Egal auf welche Weise. Du würdest deinen Bruder töten ohne mit der Wimper zu zucken."
„Das könnte ich nicht", hauchte Elena leise. Ich schien zu ihr durchzudringen.
„Du würdest. Glaube mir, dass du alles tun würdest, was Damon von dir verlangt."
„SO ETWAS WÜRDE ER NIEMALS VERLANGEN!", schrie Elena mir entgegen, ehe sie los rannte. Seufzend folgte ich ihr. Ich war älter und schneller und so fiel es mir nicht schwer, sie zu fassen und gegen den nächste Baum zu drücken.
„Verstehst du denn nicht, dass du nur eine Marionette bist. Willst du denn nicht frei sein? Niemand sagt, dass du Damon danach nicht mehr lieben wirst, aber dann kannst du dir sicher sein, dass er der eine ist. Die Ewigkeit kann ziemlich lang werden, wenn derjenige nicht bei dir ist, den du wirklich liebst." Elena wurde wieder ruhiger und die blauen Adern, die unter ihren Augen hervorgetreten waren, verschwanden wieder. Traurig sah sie mich an.
„Sprichst du da aus Erfahrung?" Wieso meinte hier eigentlich jeder, mein Therapeut sein zu wollen? Ich war hier, um Elena zu helfen und nicht anders herum.
„Hier geht es nicht um mich", antwortete ich der Brünetten barsch und ließ sie wieder los. Mit einem schmerzverzerrten Gesicht rieb sie sich ihre Handgelenke.
„Vielleicht ja doch", erwiderte sie, „Irgendetwas scheint doch zwischen dir und Klaus vorgefallen zu sein und auch wenn ich diesen Urvampir überhaupt nicht leiden kann, sieht er dich mit einem Blick an, den ich kenne. Das ist der Blick, den Damon mir auch zuwirft. Ich habe Klaus noch nie so gesehen. Sonst ist er einfach nur ein krankes Machoarschloch, das jeden tötet, der sich ihm in den Weg stellt."
„Es ist vieles passiert, Elena. Dinge, über die ich nicht reden will und kann. Dinge, die ich weder Klaus noch meinen Brüdern verzeihen werde. Ich weiß, dass ihr das alle nicht versteht. Eigentlich war ich nur hier, um Jer einen Gefallen zu tun und nun werde ich in euer Chaos mit reingezogen."
„Ich mag dich, Sam. Und für meinen Bruder scheinst du auch sehr wichtig zu sein."
„Das ist auch wirklich nett von euch allen, aber trotzdem werde ich nicht über meine Vergangenheit sprechen. Akzeptiere das bitte, wenn du vorhast, meine Freundin zu werden."
„Beantwortest du mir nur eine Frage?" Stumm nickte ich.
„Hast du Klaus immer noch geliebt, nachdem sich euer Bund gelöst hat." Kurz blieb ich stumm.
„Ja", erklärte ich fest. „Ja, das habe ich."
„Dann will ich es auch versuchen. Ich will diesen Bund lösen und herausfinden, wie stark meine Gefühle wirklich sind." Lächelnd umarmte ich Elena. Dieses Mädchen hatte wirklich das Potential eine gute Freundin für mich zu werden.
„Dann brauchen wir Bonnie."
„Bonnie?"
„Ja, es gibt einen Zauber, der dir helfen wird, in dein Innerstes vorzudringen und den Bund zu lösen."
„Es gibt einen Zauber?", fragte Elena verwirrt, „Aber wieso dann der Waldspaziergang?"
„Du musst es wollen. Verstehen, dass du eine Wahl hast. Erst dann kann der Zauber wirken." Jeremys Schwester nickte, ehe sie mit ihrem Handy im Wald verschwand, um Bonnie zu rufen. Seufzend sah ich ihr nach und hoffte inständig, dass es bei ihr besser laufen würde als bei mir damals.

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