Kapitel 54

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Sie hatten mich wirlich nicht verlassen. Meine Brüder waren bei mir geblieben. Solange Johannes noch weg war, kümmerte Conrad sich um alles. Er war zum Clansherrscher geworden. Während David mit den Zwillingen Jacob und Kasper (26) wieder zurück nach Deutschland war, um das Schönheitsimperium weiterzuführen. Die drei riefen, aber trotzdem täglich an. Johannes schrieb mi weiterhin die Briefe. Und solangsam glaubte ich sogar daran, dass er mir meinen Sohn zurück bringen würde, wahrscheinlich tot, aber er würde ihn mir wieder bringen.

"Anna!", rief Conrad gerade. Manchmal würde ich wirklich gerne einfach ein "Hier!" zurück rufen, aber das konnte ich nicht. Schon gar nicht als Mensch. Also hiefte ich mich aus meinem bequemen Sessel hoch. Ich war Anfang des neunten Monats. Eigentlich hätten die Drillinge schon kommen müssen. Aber die drei ließen sich Zeit. Ich stand jetzt in der Küche vor Conrad. Er hielt einen Brief in der Hand.

"Der hier wurde eben gebracht. Er ist von Johannes."

Sofort riss ich meinem Bruder den Brief aus der Hand und lief wieder zurück ins Wohnzimmer.

Mein geliebter Engel,

endlich gibt es einen Grund zum Feiern! Ich werder zurück kommen. Wir haben sie gefunden oder zumindest wissen wir jetzt wo sie sind und wir wissen jetzt das ein Vampir der Drahtzieher ist. Wir werden ihm eine Falle stellen und ihn ein für alle Mal vernichten, genau wie die Werwölfe. Ich kann dir nicht versprechen das Daniel und Emil noch leben, aber ich werde sie dir zurück bringen, mein Engel! Ich liebe dich und unsere Kinder. In spätestens einer Woche werde ich dich wieder in die Arme schließen können und dann ist alles vorbei.

Ich liebe dich! Dein Johannes

Vor Freude liefen mir Tränen über meine Wangen. Ich würde ihn wieder sehen. Unsere Kinder würden ihren Vater kennenlernen und ich könnte meinen Sohn beerdigen. Ich fing an zu schluchtzen. Ich weiß nicht was überwog die Freude darüber meinen Mann wieder bei mir zu haben oder die Trauer bald meinen Sohn beerdigen zu müssen. Ich hatte vor fast 270 Jahren einem kleinen Jungen das Leben geschenkt. Bevor ich in Lothars Keller gesperrt wurde und Emil mir weggenommen wurde, hatten wir eine wundervolle Zeit. Es vielen mir gerade so viele kleine Momente ein. Wie er mich das erste Mal anlächelte. Mich das erste Mal "Mama" nannte. Oder die ersten Schritte die er gemacht hatte. Damals gab es noch eine Fotoapparate. Ich konnte also keinen dieser Momente auf einem Foto oder einem Video festhalten. Aber da ich ein Vampir war, konnte ich mich zum Glück noch an alles erinnern. Wie mein kleiner Emil früher mal aussah. Ich hatte ihn elf Jahre nicht gesehen. Als ich aus dem Keller wieder herauskam, führte mich mein erster Weg in Emils Kinderzimmer. Aber mein kleiner Schatz war nicht da. Das Zimmer hatte sich nicht verändert. Kein Spielzeug hatte seinen Platz verlassen und über allem lag eine dicke Staubschicht. Es hatte fast ein halbes Jahr gedauert bis ich meinen Sohn wieder gefunden hatte! Lothar hatte ihn eine reiche deutsch-englische Familie gesteckt, die kurz nachdem sie Emil bekommen hatten nach Frankreich gezogen waren. Wie er an so eine Familie im Jahr 1750 gekommen war, wusste ich bis heute nicht. Sie hatten meinen Sohn unterrichten lassen und sich einigermaßen gut um ihn gekümmert. Es war wirklich ein Kampf Emil zu erklären wer ich war, was ich war und was alles passiert war. Ich wollte Emil nicht einfach hypnotisiern, damit er mich mag. Ich kämpfte darum das mein Sohn mich als seine Mutter akzeptierte und zwar aus freien Stücken. Es hatte lange gebraucht, aber ich hatte meinen kleinen Jungen zurück bekommen. Und jetzt - Jetzt würde ich ihn beerdigen.

"Anna?! Was ist denn los?", fragte Markus führsorglich. Er saß vor mir auf dem Boden und hielt meine Hand fest.

Johannes kommt zurück und er will Emil und Daniel mitbringen!, schrieb ich schnell auf einen Zettel. Ich hatte meinen Brüdern mittlerweile alles erzählt. Wie ich mit Emil vor Johannes geflohen war. Wie wir beide in Barcelona gelandet waren und Johannes Daniel und mich nach Italien zurück geholt hat. Auch wie wir beide noch einmal heirateten. Wie ich schwanger wurde und wie wir dann vor den Werwölfen fliehen mussten.

"Das ist doch wundervoll!", flüsterte Vincent, der auch dazu gekommen war.

Ich werde meinen Sohn beerdigen müssen.

"Das weißt du doch gar nicht! Johannes schreibt doch überhaupt nicht das die beiden tot sind! Er sagt nur, das er dir nicht versprechen kann das die zwei noch leben. Vielleicht leben sie noch", versucht Vincent mich aufzumuntern nachdem er Johannes Brief gelesen hatte.

"Denk doch nicht so pessimistisch, Süße. Er bringt dir deinen Sohn zurück und das bestimmt lebendig!", redete Markus jetzt auf mich ein.

"Komm es ist schon spät du solltest schlafen gehen", sagte Vincent und hob mih hoch. Er trug mich hoch ins Schlafzimmer, aber schon bevor er mich ins Bett legte, war ich eingeschlafen. Mein Bruder hatte mich anscheinend hypnotisiert ansonsten wäre ich doch niemals eingeschlafen!

Schweißgebadet wachte ich aus meinem Traum aus. Ich wusste nicht mehr worum es ging, aber das war auch egal. Irgendwie fühlte ich mich komisch. Ich hievte mich aus dem Bett und lief runter in die Küche, um mir etwas zu trinken zu holen. Plötzlich spührte ich einen Schmerz. Es fühlte sich nicht schlimm an, aber angenehm .

Hinter mir trat jemand in die Küche.

"Anna Maria! Wieso bist du schon wach?", hörte ich Conrad hinter mir sagen. Ich drehte mich um und sah meine drei Brüder vor mir stehen. Ich legte meine Hand auf meinen Bauch.

"Geht es dir gut?", fragte Markus. Ich nickte nur.

"Dann ist ja gut. Und gut das du wach bist. Wir haben nämlich eine Überraschung für dich!", sagte Conrad lächelnd.

Meine Brüder traten zur Seite und ich konnte nur nach Luft schnappen. Denn hinter ihnen stand mein Mann!

Du bist wieder da!, jetzt musste ich nichts mehr aufschreiben. Johannes konnte ja einfach meine Gedanken lesen!

"Ich hab es dir doch versprochen!", lächelnd kam Johannes auf mich zu und küsste mich zärtlich, "Wie geht es dir? Hast du mich sehr vermisst? Ich hab soviel zu erzäheln, aber jetzt erzähl du erst mal. Wie ist es dir ergangen? Wie geht es unseren Kindern? Wieso sagst du denn nichts?"

Weil unsere Kinder jetzt gerne auf die Welt kommen würden!, flüsterte ich.

268 Jahre 16Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt