Kapitel 11

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Kapitel 11:

Die nächsten Tage sahen alle gleich aus. Ich aß und ging dann zum Trainieren auf die Außenanlage, wo mich Njal ziemlich hart rannahm. Äußerlich sah er recht lieb aus mit seiner blonden Strubbelmähne und dem schiefen Grinsen aber innerlich war er ein kleiner Sadist. Er ließ mir kaum eine Pause zu und verlangte von mir immer wieder dieselben Übungen, die ich solange machen musste, bis ich vor Erschöpfung zusammenbrach.

Danach ging es zu Manon und Caeda. Die Königin behandelte mich, wie jeden anderen auch. Ohne großartiges Interesse und recht gelangweilt. Nur wenn ich etwas falsch machte, bekam ich diesen missbilligenden Ausdruck. Laut Caeda war das Manons einziges Gefühl, was sie Menschen zugestand. Das und ihre Wut.

Letzteres habe ich den Göttern sei Dank noch nicht zu spüren bekommen aber Caeda meinte, dass ich das auch niemals möchte.

Die Tage flogen dahin und schon bald waren die ersten drei Wochen rum, als ein neuer Gast sich am Königshof ankündigte.

Ein großes Fest wurde vorbereitet, an dem sogar Dalia und ich teilnehmen durften.

Caeda stattete uns deswegen mit neuen Kleidern aus und an dem großen Abend kam sogar Lia vorbei, um uns zu schminken und zu frisieren.

Lia hatte ich während der letzten drei Wochen nur ab und an bei den Abendessen getroffen, wenn Dalia und ich eingeladen wurden. Ansonsten arbeitete sie fast rund um die Uhr an einer Heilung für Dalia.

Diese verbrachte ihre Zeit entweder mit Yrene und Lia Westfall oder mit Gareth Lochan. Mittlerweile kann sie ganz gut schreiben und lesen und hat deswegen auch immer einen Zettel und Stift dabei, um sich zu verständigen.

Es wurde ein lustiger Abend. Lia und Caeda erzählten Geschichten aus ihrem Leben und Dalia und ich lachten an den passenden Stellen oder gaben unsere Meinung dazu ab. Beide wollten uns aber partout nicht verraten, welcher Gast denn heute Morgen eingetroffen sei.

Fakt ist jedenfalls, dass sich alle Erwachsene, bis auf Manon, gefreut hatten. Besonders Dorian und Chaol waren ganz schön aus dem Häuschen.

Caeda verschwand als erste. Als Kronprinzessin müsse sie ja schließlich an der Seite des Königs stehen, wie sie uns augenrollend zum Abschied sagte.

Lia ging mit uns in den Ballsaal, der wirklich pompös geschmückt war. Egal, wer der Gast war, er musste wirklich extrem wichtig sein.

Wie es schien, waren wir mit einer der letzten, denn der Saal war schon voll von quatschenden Menschen, die alle auf den König und seinen Gast warteten.

Lia ging zu ihrer Familie und wurde dort kurz von ihrer Mutter in den Arm genommen. Ich beobachtete die Szene und ein Stich fuhr mir durch das Herz, so als ob jemand ein Messer dort hindurch gejagt hatte.

Dalia und ich stellten uns etwas abseits und beobachteten die Menschenmenge. Die Frauen waren wirklich in allen möglichen Farben herausgeputzt. Ich trug wieder ein dunkelrotes Kleid mit Spitze am Dekolleté und Dalia trug ein rosafarbenes Prinzessinnenkleid.

Durch den Raum hindurch entdeckte ich Gareth, der die Augen nicht von ihr nehmen konnte. „Was ist das eigentlich zwischen dir und Gareth?" fragte ich Dalia leise, die nur mit den Schultern zuckte und meinem Blick zu Gareth verfolgte. Augenblicklich verfärbten sich ihre Wangen ebenfalls rosa. Ich musste mir ein Lachen unterdrücken und schaute lieber wieder zu dem kleinen Podest, auf dem vier Throne aufgebaut waren. In diesem Moment betrat die Königsfamilie dieses Podest und nahmen auf den Thronen Platz.

König Dorian allerdings blieb noch einen Moment stehen. „Guten Abend. Danke, dass so viele erschienen sind. Ich möchte im Namen meiner Familie und ganz Adarlan meinen lieben Freund Fenrys begrüßen." Die Menge begann zu applaudieren, obwohl ich keine Ahnung hatte wo Fenrys war.

Auch von ihm hatte ich gehört und deswegen stieg meine Neugierde, wo der weiße Wolf steckte.

Da wir allerdings so weit hinten standen, konnte ich nicht entdecken, was weiter vorne sich abspielte. Ich sah lediglich eine braun gebrannte Hand mit einem goldenen Kelch, welche in die Höhe gereckt wurde.

Nachdem König Dorian Platz genommen hatte, begann die Musik zu spielen und die meisten Adelige begannen sich im Takt der Musik zu bewegen.

„Darf ich um diesen tanz bitten?" Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Gareth durch den Saal auf uns zu gekommen war. Nun stand er in der Uniform von Perranth vor Dalia und bot ihr eine Hand an. Dalia wurde noch etwas röter und legte schüchtern eine Hand in Gareths und warf mir einen fragenden Blick zu.

„Tanz ruhig. Ich komme auch alleine zurecht." Vielleicht würde ich Lia finden und mit ihr den Abend verbringen.
Dalia strahlte mich überglücklich an und verschwand mit Gareth auf die Tanzfläche.

Ich blieb noch eine Weile auf der Stelle stehen und ging dann zum Buffet. Es gab kein Abendessen und dementsprechend hungrig war ich auch. Außerdem tat mir jeder einzelne Muskel weh.

Ich hatte gerade das vierte Küchlein verspeist und hatte meine Hand bereits nach dem fünften Stück ausgestreckt, als mich eine Stimme ansprach: „Wenn du so weitermachst, bekommst du noch einen Zuckerschock." Demonstrativ nahm ich mir das Küchlein, ein besonders schokoladenes, und biss herzhaft hinein.

Erst dann drehte ich mich zu dem Sprecher um und hätte mich vor Schreck beinahe an dem Kuchen verschluckt.

Vor mir stand der wohl bestaussehendste Mann, den ich je gesehen habe.

Er war groß...sehr groß...

Ich musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen zu schauen, da er mir sehr nah stand.

Eine goldblonde Strähne hing vor seinen dunklen Augen und es juckte mich in den Fingern, diese wegzustreichen.

Eine Narbe zog sich quer durch sein Gesicht aber es entstellte ihn nicht. Im Gegenteil: dadurch bekam er etwas gefährliches und Mysteriöses.

Langsam kaute ich zu Ende. Ich brauchte dringend mehr Zeit zum Nachdenken. Was sollte ich bloß erwidern?

Dieser Mann war eine Gottheit.

Er legte den Kopf etwas schief und diese verflixte Strähne rutschte noch ein ganzes Stück mehr in sein Gesicht. „Schmeckt's?" Ich nickte nur.

„Verrätst du mir deinen Namen? Ich habe dich noch nie hier gesehen."

Ich antwortete ihm immer noch nicht, denn langsam wanderten meine Augen von seinem Gesicht zu seinen Ohren, seinen spitzen Ohren. Ich stand einem Fae gegenüber.

Er roch vermutlich alle meine Gefühle, weswegen er sehr wahrscheinlich auch so grinste.

„Ayla," brachte ich schließlich mit Mühe heraus. „Und deiner? Euer?" Ich biss mir auf die Zunge. Dieser Mann konnte mich in der Luft zerfetzen, wie ich ein Blatt Papier zerreißen konnte.

Doch er lachte nur und entblößte die spitzen Eckzähne.„Mein Name ist Fenrys. Und bitte, du musst nicht so höflich sein." 

Throne of Glass- Dienerin des LichtsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt