Kapitel 5

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Kapitel 5:

Der König ließ Dalia und mich bald darauf in Ruhe. Er meinte, dass wir vermutlich erschöpft waren von der langen Reise und uns ausruhen müssten.

Miss Evada würde er neue Diener zur Seite stellen, wenn sie das wirklich nötig hatte.

Er verbarg schlecht seine negative Meinung zu unserer Herrin oder er wollte, dass wir wussten, wie er zu ihr stand.

So oder so veränderte sich binnen weniger Minuten mein ganzes Bild von dem König von Adarlan.

Vermutlich würde ich ihn sympathisch finden, wenn er nicht mit Aelin Galathynius befreundet wäre.

Nach dem Gast fragte ich ihn nicht.

Ich sprach sowieso während unseres kurzen Gespräches nur, wenn seine Fragen eine wirkliche Antwort verlangten.

Dalia hielt sich die ganze Zeit im Hintergrund auf und machte gar keine Anstalten auch nur den Kopf zu schütteln oder ihre Hände zu benutzen.

Nachdem König Dorian gegangen war, ließ ich mir eine Badewanne ein und tauchte in die angenehme Wärme des Wassers ab.

In all den Jahren meiner Existenz war ich nur ein paar Mal baden. Und diese Male waren alle vor Miss Evada.

Sie verschwendete keine wertvollen Ressourcen, dass wir uns saubermachen konnten.

Es gab Eimer mit Wasser und schmutzige Lappen. Die mussten ausreichen.

Kein Wunder, dass Dalia so ein seliges Lächeln auf den Lippen hatte, seit sie aus dem Badezimmer gekommen war.

Im Bad standen kleine Fläschchen mit verschiedenen Ölen, Flüssigkeiten und sogar ein wenig Schminke wurde für uns bereitgestellt.

Dalia hatte sich offenbar ebenfalls darüber hergemacht, denn ein paar Fläschchen waren nur noch halbvoll.

Im Stillen verfluchte ich das Mädchen, dass sie so unvorsichtig damit umgegangen ist, denn wer weiß, ob wir nochmal sowas bekommen, wenn die Flaschen leer sind.

Doch für einen kurzen Moment warf ich meine antrainierten Prinzipien nichts zu verschwenden über Bord und schüttete die restliche Flasche in mein Badewasser.

Sofort erfüllte ein angenehmer Geruch von Lavendel den Raum.

Meine müden Knochen und Muskeln entspannten sich augenblicklich und ich stöhnte leise auf.

Ich weiß nicht, wie lange ich in der Badewanne lag, aber irgendwann klopfte es zaghaft an der Tür und ein blonder Kopf erschien im Türrahmen.

„Was möchtest du?" fragte ich Dalia, die nun komplett in den Raum kam.

Ich hatte kein Problem mit meinem nackten Körper, denn wir mussten uns nun mal voreinander waschen und Miss Evada führte einmal im Monat, zu mindestens bei den Kurtisanen, eine körperliche Musterung durch. Ich musste nicht ganz so oft ran.

Dennoch fand ich es etwas merkwürdig, dass Dalia nun im Badezimmer stand, auf mich runterschaute und lächelnd einen Bündel Klamotten festhielt.

„Für mich?" Ich musterte das Bündel und Dalia nickte.

Sie ging zu der Stelle, an der ich meine Kleidung hingelegt hatte und tauschte das Bündel aus.

„Von wem?" Im selben Moment fiel mir ein, dass Dalia solche komplexen Fragen gar nicht beantworten konnte aber sie malte mit einem Finger einen Art Heiligenschein über ihren Kopf. „Von dem König?" Ein Nicken.

Wieso sollte der König sich die Mühe machen und uns neue Kleidung geben?

Erst jetzt fiel mir auf, dass Dalia ebenfalls ein neues Kleid trug.

Sie hatte das braune Kleid gegen ein wunderschönes Kleid in einem zarten rosa Ton ausgetauscht.

Sie sah darin wirklich umwerfend schön aus.

Ihre langen blonden Haaren waren vielleicht das erste Mal in ihrem Leben richtig gewaschen und gekämmt worden, denn sie glänzten viel mehr, als sonst.

„Du siehst wunderschön aus," hauchte ich andachtsvoll.

Dalia legte sich eine Hand auf ihre Brust, ihre Art danke zu sagen und neigte den Kopf etwas.

Sie raffte das bodenlange Kleid und präsentierte mir neue Lederstiefel.

Sie passten nicht ganz zu dem mädchenhaften Kleid aber sie sahen unfassbar bequem aus und endlich besaß sie richtige Schuhe.

In den drei Wochen, in denen ich mit ihr unterwegs war, hatte sie unheimliche Schmerzen beim Laufen, da ihre Schuhe zu klein und ziemlich kaputt waren.

„Würdest du...eventuell kurz rausgehen, damit ich mich fertigmachen kann?" Es war mir etwas unangenehm diese Frage zu stellen aber Dalia nickte bloß und verschwand wieder aus dem Bad.

Ich stieg aus der Badewanne und wickelte mich in ein großes Handtuch und betrachtete die neue Kleidung.

Es lag sogar neue Unterwäsche dabei, die dringend überfällig war.

Ich achtete eigentlich genau auf meine Hygiene, soweit es möglich war aber neue Unterwäsche klang wie der Himmel auf Erden.

Sofort schlüpfte ich in diese und genoss das Gefühl so richtig sauber zu sein.

Unter dem Schmutz, der sich in der letzten Zeit angesammelt hatte, war ich recht braun gebrannt.

Die vielen Stunden auf dem heißen Wochenmarkt hatten sich wenigstens in einer Hinsicht gelohnt.

Mir gefielen die viel zu hellen Adeligen meistens nicht. Da konnte man fast jede Ader sehen, so blass waren sie teilweise.

Als nächstes betrachtete ich das Kleid, welches mir der König zur Verfügung gestellt hatte.

Es war in bordeauxrot und ging, wie Dalias Kleid bis zum Boden.

Das Kleid war recht einfach gehalten, sodass ich es ohne fremde Hilfe anbekam. Es hatte kleine, versteckte Taschen und beim genaueren Hinsehen konnte man kleine Blumenapplikationen auf dem Rock erkennen.

Ich fühlte mich augenblicklich wie eine Prinzessin.

Und ich hasste das Gefühl.

Ich war hier um an die Königin von Terrasen heranzukommen und nicht, um mich wie eine dämliche Adelige zu fühlen.

Dennoch konnte ich nichts gegen das warme Gefühl machen, was sich in meiner Brust breitmachte. Solche Kleider hatte ich bisher nur für meine Kunden genäht aber niemals selbst getragen.

Wie jedes Mädchen hatte auch ich eine Zeit, in der ich eine Prinzessin sein wollte. In der ich auf einen Ball gehen wollte, tanzen und vielleicht meinen Traumprinzen treffen wollte.

Nichts ist davon bisher eingetroffen und ich habe gelernt, dass die Wirklichkeit nicht so war, wie in einem Märchen oder wie in den Erzählungen

Das ich keine Assassinen war, die von einem Prinzen aus der Sklaverei befreit wurde und sich später herausstellte, dass ich die verloren geglaubte Prinzessin eines Reiches war, welches ebenfalls als längst aufgegeben gegolten hatte.

Ich war lediglich die Tochter zweier Schneider, die wegen eben dieser Assassine nun tot sind.


Throne of Glass- Dienerin des LichtsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt