Kapitel 4: Für Immer ?

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Sergios Sicht:
„Nun müssen wir uns trennen", sagte ich leise zu der Runde die sich unter Deck versammelt hatte.
Mein Mund und Hals fühlten sich trocken an, ich fühlte mich noch immer nicht lebendig. Das Schiff schaukelte leicht und ich sah die Menschen an, die mir in der letzten Monaten so unglaublich wichtig geworden waren. Tokio, die temperamentvolle Rebellin, Denver, der grobe und lustige Typ, der sich unverhofft in die schöne und sanfte Monika verliebt hatte.
Helsinki, der härteste und zugleich herzlichste Mensch den ich in meinem ganzen Leben getroffen habe, Rio den aufgedrehten und energiegeladenem Jungen und zu guter letzt die immer optimistische und wundervolle Nairobi.
In meinem Kopf kreisten noch immer die gleichen Gedanken.
Ich hasste mich dafür sie alle in Gefahr gebracht zu haben. Aber noch mehr vermisste ich Andrés. Wie sollte ich mit seinem Tod klarkommen und wie sollte ich es Martín beibringen ?
Oder wusste er es schon ?
Wahrscheinlich.
Er würde mich umbringen wenn ich nochmal unter seine Augen treten würde, jedoch wird das nie passieren.
Das wäre zu gefährlich.
Viel zu gefährlich.

„Professor? PROFESSOR!?", rief Tokio und schaute mich mit einem verwirrten zugleich harten Gesichtsausdruck an.
Ihre Gesichtszüge zeigten aber trotzdem eine gewisse Weichheit.
Alle Blicke waren in diesem kleinen Raum auf mich gerichtet, als ich aus meinem endlosen Monolog erwachte und zwischen den mich betrachteten Gesichtern umblickte. Mein Blick blieb an Denver hängen, in dessen Augen sich Trauer aber auch Liebe spiegelten, als er seinen Kopf wieder zu Monika wand, welche eng umschlungen neben ihm stand.
Da kamen sie wieder.
Die verdammten Schuldgefühle.
„Ich, ich", stammelte ich.
Was ist mir los mit mir ?
Ich habe sonst immer alles geplant und griffbereit.
Ich musste mich zusammenreißen.
„Wir müssen leider zum nächsten Teil übergehen", sagte ich und schob mir die Brille nach oben.
„Und wie lautet der ?", rief Rio.
In seiner Stimme schwang noch immer die Freude mit, die uns gestern mehr oder weniger alle erfasst hatte, als wir auf dieses Boot gestiegen sind um der Freiheit entgegen zufahren.
„Wir müssen uns auf zwei Boote aufteilen, da wir alle in unterschiedlichen Regionen des Kontinents leben werden".
Es trat eine schwere Stille ein als allen bewusst wurde, das dies das Ende unserer Zusammenarbeit als Gruppe war.
Zwar haben alle erfahren, dass wir uns warscheinlich nie wiedersehen werden, als sie in ihre roten Mappen schauten, aber nun war der Zeitpunkt gekommen in dem es Realität wurde.
Das wurde auch mir jetzt erst klar.
Helsinki nickte und Nairobi schaute zu Boden.
„Tokio, Rio, Helsinki und Nairobi ihr fahrt auf diesem Boot weiter und Denver,Monika ich werde mit euch auf einem anderen Boot weiterfahren", sagte ich und mein Blick strich wieder durch den kleinen Raum unter Deck.

Meine Augen blieben an den Ketten hängen, die neben einer kleinen Holztür um einen Balken hingen der an der Decke angebracht war.
Erinnerungen strömten auf mich ein und ich versuchte sie krampfhaft zu verdrängen und die aufsteigenden Gefühle in mir zu überspielen.
Ich konnte mich damit befassen wenn ich allein war.
Dies war kein besonders guter Zeitpunkt. Doch mein Brustkorb zog sich schmerzhaft zusammen, ich musste an die frische Luft. „Ich gehe kurz hinaus und schaue ob das Schiff schon in Sichtweite ist", rief ich den anderen zu, die versuchten in einem wirren Gespräch die Trauer zu verbergen die sie langsam übermannte.

Steif und um Atem ringend, lief ich hinaus und hielt erst an als ich vor der Brüstung stand.
Das Licht des Halbmondes spiegelte sich in dem glitzernden dunklen Wasser und mein offenes Jacket wehte im Wind, während ich mich mit meinen zitternden Händen an das Geländer klammerte.
Ich holte tief Luft, doch mein verkrampfter Brustkorb lockerte sich nicht.
Im Gegenteil, ich spürte den in mir aufsteigenden inneren Schmerz.
Ich vermisste sie.
Ich vermisste das Gefühl ihr nah zusein.
In diesem Moment spürte ich ihre kleinen zarten Lippen auf meinen und sah ihr wunderschönes Gesicht, aus welchem ich ihr jetzt am liebsten, die weichen blonden Haare streichen würde.
Ich löste die Hände von dem Geländer und knallte verzweifelt die rechte Faust darauf, worauf mir ein schmerzhaftes Zischen entfuhr.
Frustriert schlug ich mir der linken Hand ebenfalls auf die Metallstange nur um enttäuscht festzustellen das dies meine Frustration und Sehnsucht eher verschlimmerte, als sie verebben zu lassen.

La Vida es un juego - Haus des GeldesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt