Raquels Sicht:
Die Trostlosigkeit hatte sich wie ein Tuch über mich gelegt. Die letzten Tage waren wie eine Schnecke an mir vorbei gekrochen und der Schmerz in meinem Inneren hatte sich nur langsam von mir gelöst und ist kurzzeitig in Wut umgeschlagen. Wut auf mich selbst und auf ihn, weil er mir nichts von sich gelassen hatte als er geflohen ist und ich ihn nicht aufhalten wollte, er mir nicht sagen konnte wo er sich befand. Heute, eine Woche nachdem ich ihn zum letzten Mal sah und meine Kariere über Bord geworfen hatte, spürte ich nichts, keinen Schmerz, keine Wut nur eine einfache Leere in der ich versuchte, alle schmerzhaften Erinnerungen und Gefühle im Keim zu ersticken. Ich hatte mich in den letzten Tagen damit beschäftigt, mich um Paula zu kümmern, sie jeden Tag zur Schule zufahren und mit ihr was schönes zu unternehmen. Mir tat diese Ablenkung gut und je länger meine Kleine bei mir war, merkte ich wie sie immer weiter aufblühte und sich mir öffnete. Sie brauchte diese Aufmerksamkeit von mir, die ihr fehlte, seit mein Ex-Mann ausgezogen war. Ich merkte ebenfalls, dass sie meine einzige Rettung war, ich klammerte mich an ihr wie an einen Rettungsring. Einen Rettungsring, der mir half ans sichere Ufer zu gelangen und dort mein Leben wieder aufzubauen. Immer wieder stellte ich mir die Frage, ob ich den Reset-Knopf drücken würde, wenn es einen gab. Würde ich die letzten Wochen rückgängig machen wollen? Würde ich an diesen Punkt zurückwollen an dem ich noch glücklich verheiratet war? Oder an den Punkt als ich ihm zum ersten Mal traf? Zu dem Mann der es geschafft hatte mich innerhalb einer Woche gleichzeitig zu zerstören und aufzubauen? Vor weniger als vier Tagen hätte ich diesen Knopf gedrückt. Ich wollte zurück an den Punkt an dem ich es geschafft hatte ohne meinen Ex-Mann und ohne ihn zu leben. Als ich wütend mit der Hacke auf das wilde Beet im Garten einschlug, aus dem ich eigentlich das Unkraut zupfen sollte. Ich wollte, das sie beide zur Hölle fahren, dafür das sie mich gebrochen hatten. Sie sollten für immer verschwinden, aus meinem Kopf und er aus meinem Herzen. Doch die jetzige Trostlosigkeit in mir verhinderte das ich passende Antworten auf meine Fragen finden konnte. Ich saß hier, auf dem Stuhl vor meinem Schreibtisch und blickte an die strahlende, weiße Wand an welcher an manchen Stellen einzelne Farbflecken der Filzstiftfarbe zu erkennen waren. Die Videos der Überwachungskameras hatte ich zusammen mit dem Stadtplan, der mich zu ihm geführt hatte, in einen Mülleimer gestopft um den Erinnerungen endgültig zu entfliehen. Vor mir, auf dem Computerbildschirm geöffnet war meine offizielle Kündigung, welche ich mir tauben und schmerzenden Fingern getippt hatte. Mit diesem Brief werde ich die letzten 20 Jahre meines Lebens entgültig zerstören. Das wurde mir bewusst als ich den Zettel druckte und in einen Briefumschlag mit Briefmarke schob, aufstand und mir eine Jacke und Schuhe anzog. Ich hätte es auch per E-Mail schicken können, das wusste ich, aber ich wollte nicht. Ich wollte, dass sie diesen verdammten Brief sehen. Ich wollte ihnen zeigen, dass sie mich nicht klein gemacht und unter ihren Beleidigungen erdrückt haben. Prieto, Sanchés und alle anderen haben versucht mich zu erniedrigen,doch ich bin immer wieder aufgestanden und habe mich gegen sie gestellt, steckte alle Schläge ein und konnte mich nur noch kaum auf meinen Beinen halten. Doch die letzten Tage führten mir das wahre ich dieser Menschen vor Augen und ich werde nicht wieder zulassen das man so mit mir umgeht, das verdiente ich nicht. Ich nahm die Schlüssel meiner Mutter von der Kommode im Flur und versuchte die Erinnerungen abzublocken die mit diesen Schlüsseln verbunden waren. Schnell stopfte ich den Brief in meine Jackentasche und öffnete die Haustür. Die strahlende Sonne umgab mich, als ich zügig zu dem Wagen meiner Mutter ging, den ich vorgestern vom Krankenhaus in dem Angel lag, wieder nachhause gefahren habe. Die blauen Flecken, welche ich bekam als man mich über dem Bett in Angels Krankenzimmer grob nach Waffen durchsucht hatte, waren noch immer grün-bläulich auf meiner hellen Haut zu erkennen. Die Wut die ich zu diesem Zeitpunkt in mir wütete, entfachte wieder und meine Erinnerungen waren der Brandbeschleuniger, sie brachten mich dazu wütend auf das Lenkrad einzuschlagen während ich losfuhr und an einer roten Ampel zum stehen kam. Ziellos fuhr ich durch die Stadt, obwohl ich mir eigentlich einen Plan zurecht gelegt hatte, wo ich hinwollte. Meine Selbstkontrolle war genau wie ich ein einfaches Wrack. Autos und Häuser zogen an mir vorbei, überall sah ich glückliche Gesichter von Menschen, sah wie sich lachten und das brachte mich dazu sie zu hassen. Einfach so. Ich hasste sie, weil sie nicht den selben Schmerz wie ich empfanden, ich hasste sie einfach dafür das sie glücklich waren. Als ich an der nächsten Ampel hielt, wurde mir bewusst, dass ich mich nur einen Block von dem Hangar befand, in dem er seine Kommandozentrale hatte. Der Masochist in mir verlangte, dass ich in die Straße einbog und dahin fuhr, nur um mir selbst den Rest zugeben, um mich selbst endgültig fertig zumachen. Die Ampel sprang auf grün und ich fuhr weiter. Plötzlich tauchte in meinem Augenwinkel ein mir sehr bekanntes Auto auf. Ich bremste ab und glücklicherweise fuhr hinter mir niemand, sodass ich mitten auf der Straße stehen bleiben konnte und mich nach dem Auto umdrehte. "Mein Auto?!" rief ich ungläubig und trat wieder auf das Gaspedal, wendete und stellte das Auto meiner Mutter zwischen zwei weitere Wagen, welche am Rand der Straße parkten und sich gegenüber von meinem Auto befanden. Kopfschüttelnd stieg ich aus und lief über die Straße ohne zu schauen. Als ich vor dem Wagen stand starrte ich auf das Kennzeichen und mir entfuhr ein verbittertes Lachen. Er hatte tatsächlich meinen Wagen hierher gestellt. Die Sonne spiegelte sich in dem kirschroten Lack und blendete mich, als ich um das Auto herum ging und durch das Fenster der Fahrerseite hineinschaute. Ich hoffte das mein Schlüssel im Zündschloss steckte aber da war nichts. So dumm ist er nicht, er lässt kein offenes Auto auf einer unbewachten Straße stehen, natürlich nicht. Auf dem Beifahrerseite lag meine Tasche, in der sich Geldbeutel, Handy, ein kleines Halstuch und normalerweise mein Schlüssel befanden. Ich zog an dem Griff der Fahrertür, doch diese öffnete sich nicht. Wie sollte ich in mein Auto kommen, wenn es verschlossen war und innen die Schlüssel waren, mit denen ich es öffnen konnte. Man konnte dieses Auto nicht von innen abschließen oder? Fragte ich mich und fuhr mir durch die Haare. Er war nicht mehr hier und trotzdem war ich gefangen in einer Reihe seiner Taten. Ich konnte seine Anwesenheit spüren, trotzdem Er nicht hier an meiner Seite war. Wo zum Teufel bin ich hier gelandet? Zerstreut ging ich zurück zu dem silbernem Wagen meiner Mutter und setzte mich wieder hinein. Verzweifelt rieb ich meine Nasenwurzel und atmete gequält aus. Hatte er die Schlüssel mitgenommen, in seinem Hager gelassen oder waren sie tatsächlich im Wagen? Mir blieben zwei Möglichkeiten. Ich konnte mein Auto aufbrechen und nachschauen ob sich die Schlüssel in meiner Tasche befanden, oder ich gehe zu diesem verdammten Hangar und suche sie. Beide widersprachen meinen Vorstellungen, doch ich stieg aus. Mein Verstand schrie ich solle über die Straße gehen und den verdammten Wagen aufbrechen, doch meine Beine gehorchten ihm nicht und so lief ich die Straße hinunter, immer weiter in mein Verderben. Der Masochist hatte gewonnen.Sergios Sicht:
Langsam lief Ich am Strand entlang. Das hellblaue Wasser umspielte meine nackten Füße und Sonne spiegelte sich in den Wassertropfen. Eine Woche war seit dem Überfall vergangen und vor 2 Tagen bin ich hier angekommen, nachdem wir auf das andere Boot umgestiegen sind und Denver zusammen mit Monika abgesetzt hatten. Nun war ich wieder allein, die Tasche mit meinem wenigen Hab und Gut und über 20 Millionen Euro befand sich in einem großen Haus, das ich am Tag meiner Ankunft von einem einheimischen Makler gekauft hatte. Dieses Haus lag direkt am Meer und ich wusste es würde ihr gefallen, wenn sie hier wäre. Ich habe mit ihr Häuser angesehen, nachdem ich ihr vorgeschlagen hatte auszuwandern. Natürlich wusste sie zu diesem Zeitpunkt nicht, dass ich dies tun musste um nicht in die Fänge der Polizisten zu geraten. Jedoch konnte ich mich an das Leben hier nicht gewöhnen, hatte keine Ahnung was ich jetzt tun wollte. Alles zog wie ein Film an mir vorbei und ich drehte mich im Kreis. In einer endlosen Dauerschleife. Ohne sie wusste ich nichts mit mir anzufangen. Was tat ich hier eigentlich? Ich habe mir ein viel zu großes Haus gekauft weil ich dachte sie kommt zu mir? Ich stellte mir Situationen vor die es nie geben wird? Was war ich für ein naives Kind. Ein kleines, verzweifeltes, naives Kind und das würde ich immer bleiben.
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La Vida es un juego - Haus des Geldes
Fanfiction»Sein Blick wurde weich als er mich sah, Tränen schimmerten in seinen braun-goldenen Augen. Ich konnte nicht anders als zu ihm zu laufen und ihn in meine Arme zu schließen, ihn zu küssen« Was passiert wenn dein Leben plötzlich aus allen Angeln gehob...