Kapitel 10: Verrat

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Sergio's Sicht:
Mit trüben Blick schaute ich auf die wilden Wellen des türkisen Wassers, die sich wie meine Gedanken überschlugen und nicht unter Kontrolle gebracht werden konnten. Lustlos stocherte ich in meinem mickrigen Abendessen herum, zu welchem ich mich auf die große Terrasse gesetzt hatte und mich nun leichte Windböen umfingen, während ich versuchte meine Gedanken und Gefühle zu ordnen. Ich hatte Angst vor dem was mir heute noch bevorstand. Etwas was ich nicht berechnen und kontrollieren konnte, rückte mit jeder Minute die verstrich näher. Ich wusste, dass ich zu dem nicht bereit war und das machte es umso schlimmer. Das Treffen mit Tatjana stand mir in wenigen Minuten bevor.

Wie sollte ich ihr nun das was passiert ist erklären? Wie sollte sie verstehen, dass Andrés nicht wie geplant in der Karibik war, sondern tot?
Frustriert schob ich den Teller zurück, legte die Gabel beiseite und fürchtete mit jeder Sekunde die verstrich, meine Fassung zu verlieren. Ich legte den Kopf in den Nacken und atmete tief ein und aus. Ich musste einen kühlen Kopf bewahren, sonst stehe ich die nächsten Stunden nicht durch. Steif erhob ich mich von meinem Stuhl, stellte mein Geschirr in die chaotische Küche und rückte meine Krawatte zurecht. Ich brauchte echt neue Kleidung. An meinen alten Kleidungsstücken hangen einfach zu viele Erinnerungen. Gesprächsfetzen kamen mir in den Sinn, in denen mich mein Bruder, dank meiners Anzugs, als Tourist bezeichnet hatte und ein Schmunzeln schlich sich auf meine Lippen.
Plötzlich tauchten Raquels vor Verlangen strahlende Augen vor meinem inneren Auge auf und ich musste mich daran erinnern, wie sie mit liebevollen Blick mein Hemd aufknöpfte und mich leidenschaftlich küsste. Wie ihre Hände meinen Rücken hinunter glitten, während ich sie hochhob und ihre weichen Lippen auf meinen spürte. Ihr leidenschaftlicher Blick, welcher allein mir galt, als wir und liebten und unsere Zungen in einem liebevollen Kampf ineinander gefangen waren. Ihre sanften Finger fuhren meinen Rücken entlang. Jede Berührung, jeder Kuss löste Stromstöße aus, welche durch meinen Körper jagten und mich süchtig nach ihr werden ließen. Sie war wie eine Droge und ich werde es niemals schaffen von ihr loszukommen. Werde niemals  aufstehen ohne an ihr Lächeln zu denken und ihr Lachen zuhören. Ich werde niemals ohne sie leben können.
Ein gequältes Keuchen verließ meinen Mund und ich ließ den Schlüssel fallen, welchen in ein paar Sekunden zuvor von der Kommode genommen hatte. Fluchend hob ich diesen wieder auf und während ich durch die engen Gassen zum vereinbarten Treffpunkt lief, versuchte ich ihre haselnussbraunen Augen aus meinem Gedächtnis zu verbannen. Ich versuchte mir ein paar Sätze zurecht zulegen, um Tatjana beizubringen, dass ich der Grund war, warum ihr Ehemann tot war. Doch mein Kontrollzwang konnte mich nicht im geringsten von meinen Gefühlen befreien. Wieso auch? Ich hatte das nicht  verdient.

Unruhig stand ich auf einem kleinen, belebten Platz und hoffte das Andrés Frau bald auftauchte. Endlich konnte ich ihren roten Haarschopf in dem regen Treiben der Menschen ausmachen und rief sie zu mir. Strahlend kam sie auf mich zu und umarmte mich fest. Unfähig ihre Umarmung zu erwidern, stand ich da und hoffte das sie nächsten Minuten wie in Lichtgeschwindigkeit vergehen werden. „Sergio, wie geht es dir? Hast du dich gut eingelebt?" fragte sie mich fröhlich und schob ihre Sonnenbrille auf die Stirn, sodass ich in ihre fröhlichen  Augen blicken konnte. Ich konnte ihre fröhliche Stimmung nicht ertragen, weil ich wusste, dass ich sie gleich in tausend Stücke zerbrechen werde. Ich riss mich zusammen um einen ordentlichen Satz zu formulieren: „Tatjana, es, es tut mir leid", brachte ich nur heraus und sie blickte mich an. Ihre Fröhlichkeit entglitt ihr und sie schaute mich nun mit besorgen Augen an. „Was ist los Sergio?!" rief sie, doch ihre Stimme war nur ein entsetztes Flüstern. „Andrés, er hat" weiter kam ich nicht. Mit verschwommener Blick lief ich hin und her, versuchte die Fassung zu bewahren und mich zusammenzureißen. Als ich nach ein paar Minuten nicht weiter sprach, stellte sich Tatjana mir in den Weg und brachte mich, mit ihrer zierlichen Hand auf meiner Schulter, zum stehen. „Was hat er getan Sergio?" fragte sie noch einmal mit Nachdruck. „Tatjana, Andrés ist nicht in der Karibik so wie geplant" antwortete ich und senkte den Blick, um ihr nicht in die Augen sehen zu müssen. „Wo ist er dann? Ich kann überall hingehen, Hauptsache ich bekomme ihn wieder zur Vernunft". Ihre Stimme klang so hoffnungsvoll das es mich innerlich zerriss. „Andrés ist tot, er starb für uns" flüsterte ich und blickte sie nun doch wieder an. Ein Fehler, denn ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie mich von sich stieß und mit den Fäusten auf meine Brust schlug. Unfähig irgendetwas gegen ihre, immer kräftigeren Schläge zu unternehmen, stand ich da und sah wie Tatjana nach und nach in sich zusammen sackte und ihre Schläge verebbten. Auch über meine Wagen flossen nun Tränen, ich zitterte am ganzen Körper.
Wut erfüllt stand Andrés Frau plötzlich wieder vor mir. „Wieso er? War das so geplant von euch? Hat er sich deshalb vor den Überfall von mir getrennt? Damit ich ihn nicht begleite oder er mich nicht verletzt? Ich verstehe es nicht. Wir beide hatten und hinter seinem Rücken ausgemacht, dass ich zu ihm auf die Karibik kommen kann, nachdem sie Sache vorbei ist." die letzten Worte waren nur noch ein Flüstern. Plötzlich konnte ich mich nicht mehr zusammenreißen und die Worte sprudelten so aus mir hervor: „Es war nie geplant das er stirbt! Wie kannst du mir das vorwerfen? Du kannst dir nicht vorstellen wie sehr ich unter seinem Tod leide. Ich wollte so sehr, dass du zu ihm gehst, sonst hätte ich dir seinen späteren Aufenthaltsort nie verraten. Er hätte dich gebraucht, Tatjana". Ich suchte mit trüben Augen ihren Blick und erschrak. Ihre eiskalten Augen lagen auf mir und ich schauderte. „Sag das nie wieder!" schrie sie mich plötzlich an und ihre Hand schnellte auf meine Wange zu. Mit einer schnellen Bewegung umschloss ich ihr zierliches Handgelenk mit meinen Fingern, bevor sie mir die Ohrfeige verpassen konnte. Sie entriss mir ihre Hand und der Hass den sie ausstrahlte, schlug mir wie eine Welle entgegen. „Ich hasse dich" flüsterte sie und trat einen Schritt von mir zurück. „Du verdammter Mistkerl! Ich werde dich verraten das kannst du mir glauben! Ich werde dafür sorgen, dass die Polizei dich kriegt!" Dieses Mal konnte ich eine Ohrfeige nicht verhindern. Ihre Worte erinnerten mich so sehr an jemand anderen, das ich unfähig war, auf ihre Drohung und den darauf folgenden Gewaltausbruch zu reagieren. Meine Brust schmerzte, als mir klar wurde, dass Tatjana meinen Bruder tatsächlich geliebt hatte. Wie konnte ich das jemals in Frage stellen. Raquel. Sie hatte ebenfalls so reagiert und mich geschlagen. Liebte sie mich auch so, wie die rothaarige Frau vor mir, meinen Bruder geliebt hatte?
Warum fragte ich mich das überhaupt?
„Tatjana, ich habe versucht ihn abzuhalten, sich für uns zu opfern". Meine Worte passten nicht zu den Gefühlen die in mir tobtenund ich streute immer mehr Salz in die Wunde. Ihre Wut verebbte und wandelte sich wieder zu Schmerz. Ein Gefühl was ich so gut nachvollziehen konnte.
„Lass, hör auf!" die Stimme der sonst aufgedrehten Spanierin war brüchig. „Du hättest es verdient, dass ich dich verrate, das weißt du oder?" fragte sie mich leise und innerlich konnte ich ihr nur zustimmen. „Doch ich habe Andrés versprochen, niemanden von eurem verdammten Plan zu verraten". Verachtend schaute sie mich an. Doch ich konnte mal wieder nichts antworten.
Ich wurde verschont. Schon wieder. Warum? Warum verrät sich mich nicht einfach? Ich zerstörte Leben anderer in Bruchteilen von Sekunden. Immer wieder und bekam keine Strafe.
Jedoch wusste ich, dass ich meine Strafe längst erhalten hatte. Sehnsucht und Verzweiflung war das schlimmste, die beste Strafe um einen Menschen zu zerstören. Das man in dem Gewissen leben muss, einen Menschen den man so sehr liebt, nie wieder zusehen, kann einen in den Wahnsinn treiben. In diesen Gefühlen stimmten wir überein. „Tu es, verrate mich. Ich kann sowieso nicht mehr leben" sprach ich ungewollt meine Gedanken aus und sie schaue mich entsetzt an. „Mierda, am besten sollte ich es tun, aber ich will einfach weg, ich will dich nie wieder sehen". Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging, verschwand in der fröhlichen Menge. Ich war wieder am Boden zerstört und konnte kaum atmen. Hoffte einfach das es irgendwann aufhören würde wehzutun.

Jetzt sind wir einfach schon bei Kapitel 10 und diese Story hat einfach 500 Reads

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Jetzt sind wir einfach schon bei Kapitel 10 und diese Story hat einfach 500 Reads. Ich hätte nie damit gerechnet uwu. Vielen Dank an euch alle! Wenn ihr Kritik oder so habt, dann schreibt doch gern einen Kommi. Ich würde mich sehr darüber freuen.
~L💙

La Vida es un juego - Haus des GeldesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt