Kapitel 1 - Sehnsucht

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Tini

Ich hielt es nicht mehr aus ohne Jorge. Ohne ihn machte einfach alles keinen Sinn. Weder die Tour noch mein Leben. Also beschloss ich, das einzig richtige zu tun und Jorge zu besuchen. Fast 5 Stunden dauerte es, nach Buenos Aires zu fliegen und nochmal eine halbe Stunde, um vor unserer Wohnung zu stehen. Aber das war es wert, für nur zwei Tage soweit zu reisen. ER war es wert. Jorge hatte mir geschrieben, dass er Zuhause sei, aber ich hatte ihm nichts von meinem Besuch verraten. Schließlich sollte es eine Überraschung werden.

Aus meiner Handtasche holte ich den Wohnungsschlüssel und sperrte die Tür auf. Schon im Flur konnte ich den Fernseher hören. Jorge lag auf der Couch im Wohnzimmer und schlief. Also schaltete ich den Fernseher aus und streichelte ihm liebevoll übers Gesicht, woraufhin er aufwachte und sich umdrehte. Er blinzelte überrascht, als könnte er nicht glauben, wen er da vor sich hatte. „Tini?“ rief er freudig überrascht, wenn auch etwas müde. Ich nickte lächelnd und er setzte sich auf. „Wie lange hast du frei?“ fragte er. „Nur noch morgen. In der Nacht zum Montag fliege ich zurück.“ „Okay, dann haben wir ja genug Zeit!“ grinste er, stand auf und küsste mich. Ich hatte schon fast vergessen, wie sich das anfühlte.

Jorge

Die ganze Nacht und den ganzen Tag machten wir durch, lachten, redeten und schliefen miteinander. Es gab sehr viel, nachzuholen und vor allem viel zu erzählen. „Ich bin die ganze Zeit unterwegs. An einem Tag in London, am nächsten in New York. Ich komme nicht mal dazu, mir die Städte anzusehen. Zwar war ich jetzt schon in Paris, London, Dublin, Berlin, München, Madrid, Barcelona, Moskau, Rom, Mailand, Wien, Bern, Oslo, Warschau, New York, L.A., Washington, Mexico City, …klar, Buenos Aires - und noch drei oder vier andere Städte, deren Namen mir jetzt spontan nicht mehr einfallen – und konnte nur Washington und Berlin ansehen, für die anderen hatte ich nämlich keine Zeit. Ständig Interviews oder Talkshows. Ich konnte nicht einmal den Eiffelturm sehen, stell dir das mal vor!“ klagte sie.

„Echt? Naja, sei froh, dass du wenigstens etwas von der Welt siehst. Ich sitze grad in Buenos Aires fest, wegen meinem Job. Zum Glück wird das in einem Monat besser.“ Meinte ich. „Wieso, was ist in einem Monat?“ „Hab ich dir das nicht gesagt? Ich spiele die Hauptrolle in Twisted, und der wird an verschiedenen Orten in Amerika gedreht. L.A., Texas, Kanada, New York, Miami und in Seattle.” Triumphierte ich. „Was? Dann bist du ja nie zuhause!“ meinte Tini entsetzt. „Ich weiß, aber da kann man nichts dagegen machen.“

Tini

Der Abschied war das schwerste. Gefühlt hundertmal küssten wir uns, verabschiedeten uns und umarmten uns, bevor mein Flug aufgerufen wurde. (Eigentlich hätte ich auch einen Privatjet nehmen können, aber das Flugzeug war eh so leer und bei Nacht erkennt man mich sowieso keiner.) Schließlich wussten wir nicht, wann wir uns das nächste Mal wiedersahen. „Ruf mich an, wenn du angekommen bist, ja?“ rief mir Jorge noch hinterher und ich nickte. „Mach ich. Und wir schreiben uns, okay?“ rief ich zurück. „Ich lieb dich! Bis bald.“ Waren meine letzten Worte, bevor unsere Wege uns trennten.

Sobald ich im Flugzeug saß, kullerten Tränen meine Wange herunter. Der letzte Tag war so schön gewesen. Und jetzt war alles vorbei. Bestimmt würden wir uns die nächsten Wochen nicht mehr sehen und diese Tatsache ließ meine Tränen noch schneller fließen. „Taschentuch?“ bot mir eine etwas ältere Frau, die neben mir saß, an. „Danke!“ schniefte ich und nahm das Taschentuch an. „Wie kommt es, dass so ein hübsches, junges Mädchen so traurig ist?“ „Mein Freund und ich, wir sehen uns total selten. Wegen unseren Jobs. Aber ich habe ihn für einen Tag besucht und jetzt fliege ich wieder zurück.“ Schaffte ich zu sagen und klang dabei verbittert.

„Ach ja, der liebe Job. Das Problem kannte ich früher auch. Aber man muss Prioritäten setzten und für das kämpfen, was einem wichtig ist.“ Sagte sie weise. Vom Prinzip her keine schlechte Idee, aber praktisch in meinem Fall nicht ausführbar. „Das geht leider nicht. So gesehen würde ich mich sofort für Jorge, meinen Freund entscheiden, aber leider ist es etwas komplizierter. Denn da hat die Öffentlichkeit nämlich mitzusprechen und ich kann meinem Traum nicht einfach so abbrechen und somit aufgeben.“ Erklärte ich traurig.

„Ach stimmt! Sind sie nicht diese berühmte Sängerin?“ fragte sie und ich nickte leicht. „Sie haben Recht, es ist komplizierter, aber es gibt immer eine Möglichkeit. Wenn man fest an etwas glaubt dann schafft man es. Denken sie an meine Worte!“ riet sie mir und gähnte. „Ich glaube, ich schlafe jetzt ein wenig. Und für sie wäre es auch besser. Gute Nacht.“ Sagte sie und ich tat es ihr nach und setzte meine Schlafbrille auf. Gott, war ich müde! Das letzte, an was ich dachte, waren die Worte der Frau, dann schlief ich ein.

Just Another Jortini Story - Life goes on ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt