Kapitel 17 - Proben

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Tini

Der erste Tag begann und uns wurden alle Tänze gezeigt. Zum Glück war ich heute nicht allzu lange mit Jorge zusammen, sonst würde ich es nicht schaffen, ihm nicht um den Hals zu fallen und ihn so heftig zu küssen, wie schon lange nicht mehr. Estefania, alias Sol beobachtete mich, wie ich Jorge sehnsüchtig hierherblickte und runzelte fragend die Stirn. Sie war mir so ähnlich, weshalb sie auch meine Freundin wurde. Oder besser gesagt meine kleine Schwester, denn bei ihr hatte ich sofort den Beschützerinstinkt entwickelt.

„Was ist, Tini?“ fragte sie mich und ich drehte mich ruckartig um. „Was?“ „Du hast Jorge ziemlich lange hinterhergestarrt. Läuft da was zwischen euch?“ Ich schüttelte traurig den Kopf. „Leider?“ fragte sie mich und ich nickte. „Dann hol ihn dir doch. Du bist schön, du bist witzig, du bist selbstbewusst und hilfsbereit. Außerdem bist du doch ungefähr in seinem Alter. Er wird dich lieben müssen.“ Ich lachte kopfschüttelnd und setzte mich neben sie. „Wieso lachst du?“ „Naja, es ist kompliziert. Er ist nämlich mein Ex.“ Sie kicherte. „Oh Mann! Aber wieso habt ihr euch getrennt?“

„wir waren fast fünf Jahre zusammen und wir waren beide ziemlich beschäftigt. Ich war dauernd auf Tournee, weil ich schon lange mit dem Schauspielern aufgehört hatte und er drehte eine Serie in Amerika. Wir konnten uns fast nie sehen. Aber dann wurde ich schwanger und ab da fing alles an, auseinanderzubrechen.“ „Aber wieso? Ich finde Babys süß.“ Ich lächelte. „Natürlich! Aber Damals war ich mit mir selbst überfordert. Ich habe erst nach fast zwei Monaten herausgefunden, dass ich schwanger bin. Wie sollte ich da ein Kind großziehen? Aber trotz allem wollte ich es behalten. Dann würde ich Jorge nämlich immer näher sein. Nur wollte ich es ihm nicht übers Telefon sagen, sondern wollte ihm persönlich die gute Nachricht überbringen.“ Estefania nickte verständnisvoll.

„Nur war die Presse schneller als ich und Jorge hat das mitbekommen. Dummerweise hat die Presse spekuliert, wer der Vater ist, da keiner wusste, dass ich einmal abgehauen und zu ihm geflogen bin. Jorge fliegt nach Madrid, wo ich bei einem alten Kumpel gewohnt habe - der übrigens frisch verliebt war - in der Annahme, dass sein bester Freund mich geschwängert hat. Ich war sauer auf ihn, weil er mir nicht vertraut hat, aber trotzdem haben wir uns für das Kind zusammengerauft. Doch ich habe das Kind bei einem Unfall verloren und deswegen dachten wir, es wäre besser, wenn jeder seinen eigenen Weg geht." Estefanias Mund stand weit offen. „So, jetzt kennst du meine ganze Lebensgeschichte." sagte ich grinsend, aber sie schüttelte den Kopf. „Ich kenne das, was davor war noch nicht." „Das erzähle ich dir vielleicht mal später. Aber los, wir müssen noch unseren Text üben."

Jorge

Ich fing schon mal an, meinen Text zu lernen, konnte mich aber nicht wirklich darauf konzentrieren, weil ich währenddessen an Tini denken musste. Trotzdem bekam ich es schließlich hin, meinen Part auswendig zu können. Dennoch fühlte ich mich unwohl dabei, dass ich ihr nicht meine Gefühle für sie offenbart hatte. Ich fühlte mich als Feigling. Wieso konnte ich es ihr nicht einfach sagen, dass ich sie noch immer liebte und sie mir bitte vergeben sollte. Durch meine Dummheit habe ich alles komplizierter gemacht, als es sowieso schon war. Zudem habe ich die Chance, wieder zusammen zu kommen verzögert und verringert.

Also fasste ich mir mein Herz und ging zu ihr herüber. Das kleine Mädchen, Estefania, war bei ihr und sie unterhielten sich, als wären sie bereits beste Freundinnen. Wenn ich mich nicht täuschte, dann benahmen sie sich wie sich liebende Schwestern. Tini war die ältere, die sich fürsorglich um die jüngere kümmerte und sie beschützte. Seit sie beinahe Mutter geworden wäre mochte sie diese Position.

Langsam kam ich näher. „Hey.“ Meinte ich lächelnd und traf auf zwei erschrockene Mädchen. Beide gafften mich panisch an. Die zwei waren sich echt sehr ähnlich, sie würden mit Sicherheit zwei hervorragende und glaubwürdige Schwestern abgeben.

„Hey!“ Tini schien sich jetzt wieder gefangen zu haben und bedeutete Estefania mit einem Blick, uns kurz alleine zu lassen. Die grinste nur und verschwand. „Was ist?“ fragte sie etwas kühl. „Hör mal, ich habe nachgedacht und ich finde, wir sollten wieder Freunde sein. Also nicht nur solche bekannten, mit denen man mal redet und dann wieder vergisst, sondern richtig gute Freunde. So wie früher.“ Als ich geendet hatte, glaubte ich, ein Zucken in ihrem Mundwinkel zu sehen. „Du meinst, mehr als gute Freunde? So wie früher?“ Ich nickte und sah dabei ein Blitzen in ihren Augen. „Das fände ich sehr schön.“ Entgegnete sie und innerlich jubelte ich.

Mir war klar, dass wir uns entweder hassen konnten oder lieben, etwas dazwischen ging nicht. Wenn wir also „beste Freunde“ werden würden, dann würde sich alles wieder wie damals zu einer Beziehung wenden, die ich diesmal allerdings auf keinem Fall aufhalten werde.

Tini

Lächelnd verließ Jorge den Raum und als er um die Ecke war, schlich sich Estefania hinein. Sie sah mich übers ganze Gesicht lächelnd und war deutlich verwirrt. „Ich verstehe dich nicht. Du liebst ihn abgöttisch und als er dir vorschlägt FREUNDE zu sein, macht dich das glücklich. Jede normale hätte in dieser Situation geheult. Damit habe ich Erfahrung.“ Ich schüttelte den Kopf.

„Das verstehst du deswegen nicht, weil du unsere Beziehung nicht verstehst.“ Sie runzelte die Stirn. Also erklärte ich es ihr. „Bevor wir zusammenkamen waren wir auch sehr gute Freunde, wenn nicht die besten und das über zwei Jahre hinweg. Wir beide waren in einer Beziehung, aber wir waren unzertrennlich. Und wir haben uns schon die ganze Zeit über geliebt, es uns nur noch nicht eingestanden. Das heißt, dieses „Lass uns gute Freunde sein“ könnte eventuell bedeuten, dass das zwischen uns doch noch etwas werden kann.“ frohlockte ich.

„Aha! Ihr geht aber auch gerne den komplizierten Weg, oder?“ fragte sie grinsend. Ich schüttelte den Kopf. „Komm du mal in meine Lage, dass du jeden Tag mit deinem Traumtypen zusammenhängst, ihn küssen und umarmen darfst, ihm sagen darfst, dass du ihn liebst, davon aber nichts wahr ist. Und dass nach dem Tag seine Freundin kommt und du ihnen dabei zusiehst, wie sie sich WIRKLICH küssen. Weil dann wirst du verstehen, dass nicht alles so einfach ist, wie es sich von Erzählungen anhört.“ Meinte ich. „Das liegt ja nur daran, dass du mir nicht erzählst, wie das damals genau war.“ Rechtfertigte sie sich und ich musste ihr zustimmen. Eins zu null für sie.

„Weißt du was? Am Freitag kommst du einfach zu mir und ich erzähle dir alle haargenau, aber nur wenn du auch von deinen Liebschaften erzählst.“ Sagte ich und hielt ihr die Hand hin. Sie schlug ein. „das wird zwar nicht besonders spannend, aber ich bin jetzt schon ganz gespannt auf deine Wohnung.“ Sagte sie grinsend.

Just Another Jortini Story - Life goes on ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt