Kapitel 4 - Beim Arzt

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Tini

Als ich im Wartezimmer saß, nahm ich mir eine Zeitschrift zum Ablenken, aber das war keine gute Idee. Überall war Jorge. Wieder half mir eine Sonnenbrille, dass mich niemand erkannte und so konnte ich wenigstens ungestört bleiben. Sonst nahm ich mir alle Zeit der Welt für meine Fans, aber die würden mir im Augenblick gerade noch fehlen. „Estefania López!“ rief die Krankenschwester und ich stand langsam auf. Schlauerweise hatte ich einen falschen Namen angegeben, sonst wäre meine Sonnenbrille umsonst gewesen. Die Sprechstundenhilfe hatte verstanden, als sie meine Krankenversicherungskarte gesehen hatte und mit mir einen „Decknamen“ ausgemacht. Estefania wollte ich schon immer einmal heißen und endlich hatte ich die Gelegenheit dazu.

Also folgte ich der Schwester in das Behandlungszimmer und setzte mich auf den Stuhl. Kurz darauf kam der Arzt. Ein ziemlich junger, gut aussehender Mann im weißen Kittel. „So, Guten Tag, Señora López. Was fehlt ihnen denn?“ fragte er und setzte sich auf den Stuhl an seinem Schreibtisch. „Ich habe seit fast zwei Wochen die Magen-Darm-Grippe, aber irgendwie bessert sich nichts.“ Erklärte ich. „Aha! Und woher wissen sie, dass sie die Magen-Darm-Grippe haben?“ fragte er weiter. „Erst hatte sie eine Freundin von mir, die zum Arzt gegangen ist und bestätigt bekommen hat, dass sie sie hat. Dann hatte sie ihr Freund und kurz darauf ich. Aber bei ihnen ist sie schon seit langem weg.“ „Okay. Haben sie Bauchweh?“ Ich nickte. „Übelkeit?“ Wieder nickte ich. „Durchfall?“ Ich schüttelte den Kopf. „Kopfschmerzen?“ Erneut ein Kopfschütteln. „Gliederschmerzen?“ „Ich habe Rückenschmerzen.“ Er nickte. „Und ich habe so ein Ziehen.“ Fügte ich hinzu, woraufhin der Arzt von seinem Blatt aufsah. „Was? Wo?“ „Na, hier und hier.“ Meinte ich und zeigte auf meine Brüste und unter meinen Bauch. Dann legte er amüsiert seinen Stift weg. „Was ist?“ fragte ich beunruhigt. „Haben sie oft Stimmungsschwankungen?“ „Ja, aber die habe ich schon länger.“ „Wie lange denn genau?“ hakte er nach und ich zuckte mit den Schultern. „So etwa zwei Monate schon.“ Wieder nickte er. Was hatte denn das damit zu tun? Pablo und Loretta hatten das schließlich auch nicht. „Wie lange sind sie überfällig?“ fragte er jetzt ernster und ich stockte. Und schwieg. Und rechnete. „Der wievielte ist heute?“ „Der 16.“ Ich rechnete weiter. Ich war schon über einen Monat überfällig. „Ach du Scheiße!“ fluchte ich. „Nana, dass das nicht das Kind hört!“ rügte er mich und ich schlug die Hand vor den Mund. „Das kann nicht sein. Das kann nicht stimmen. Da muss irgendwas schief gelaufen sein.“ Schon wieder war ich den Tränen nahe. Ich konnte all das noch gar nicht richtig glauben. „Naja, das können sie sehen, wie sie wollen und ich kann sie auch gerne untersuchen, aber bei ihnen bin ich mir schon sehr sicher. Allerdings sollte sie sowieso eine Frauenärztin untersuchen. Ich kann ihnen sofort einen Termin geben, wenn sie wollen.“ „Okay?“ Ich ließ es wie eine Frage klingen.

Daraufhin tippte er auf das Telefon ein und rief die Frauenärztin an, der er mitteilte, dass er mich gleich zu ihr rüberschicken würde. „Na, dann folgen sie mir, bitte.“ Meinte er und öffnete die Tür. Über zwei Stockwerke folgte ich ihm, bis er mir die Tür öffnete und mich eine Frau begrüßte. Auch sie war sehr nett und ich setzte mich wieder auf den Stuhl in der Mitte des Zimmers. „Wollen sie das Kind behalten? Oder wollen sie abtreiben?“ „Zuerst würde sie gerne wissen, ob sie überhaupt schwanger ist.“ Kam mir der Arzt zuvor und ich nickte dankbar. „Raus! Das ist Frauensache!“ rief die Ärztin lachend und der Arzt verschwand grinsend.

Nachdem sie mich untersucht hat, war sie sich sicher, dass ich schwanger war und stellte mir noch einmal die gleiche Frage. Zuerst musste ich ihre Worte verdauen, dann antwortete ich bestimmt: „Ich will es behalten. Was wird es denn?“ Sie lachte. „Das kann ich leider noch nicht sehen! Dazu brauchen sie noch etwas Geduld.“ Ich schwieg. Mir war egal, was es wurde. Hauptsache, es sah so aus wie Jorge. Mist, was sollte ich ihm nur sagen? Und vor allem wie? Per Telefon ging das doch nicht. Und über SMS erst recht nicht. „Darf ich sie etwas fragen?“ Ich nickte. „Gibt es einen Vater dazu oder wie sieht es aus?“ Ich schluckte. „Also rein theoretisch würde es einen geben. Ich bin nur auf seine Reaktion gespannt.“ Sie kicherte. „Aber vergessen sie nicht: Er darf sie nicht zwingen, das Kind abzutreiben.“ Ich schüttelte den Kopf. Das war zu abwegig. „Erstens würde er das nicht tun, und selbst wenn, dann würde ich ihn eher verlassen, als abzutreiben.“ Aber davor würde ich ihm eine Menge Wörter an den Kopf werfen, die er mit Sicherheit noch nie gehört hat!

Ich konnte es immer noch nicht fassen. Ich war schwanger! Wie sollte ich es nur Jorge sagen? Das war die Frage, die mich auf dem Weg zu Pablo quälte. Die beiden warteten schon bei sich in der Wohnung auf mich und empfingen mich schon erwartungsvoll und gespannt. Sie wollten unbedingt wissen, was der Doktor gesagt hat. „Du bist ja ganz blass! Was hat er gesagt? Was hast du?“ Ich senkte den Blick, damit sie meine verheulten Augen nicht sahen. „Ist es was Schlimmes?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, das nicht.“ „Dann ist es doch gut.“ Schluchzend fiel ich Pablo um den Hals. „Ich bin Schwanger.“

„Ach du Scheiße!“ meinte jetzt auch Pablo und fühlte mit mir. Ich nickte. „Wieso, das ist doch schön.“ Fand Loretta und ich sah zu ihr auf. „Natürlich ist das schön. Aber das Kind wird entweder seinen Vater oder seine Mutter kaum sehen. Oder höchstwahrscheinlich sogar beide nicht. Und ich will nicht so eine Wochenendmutter sein, sondern eine Gute.“ „Dann musst du dein Leben erst recht umstellen.“ Sagte Pablo und ich musste ihm zweifelsohne Recht geben. „Ich weiß. Aber wie soll ich es Jorge nur sagen?“ „Du musst es ihm auf jeden Fall persönlich sagen. Per SMS ist schrecklich und auch mit Videochat würde ich’s nicht machen.“ Meinte Loretta. Klar, das wäre mir auch gar nicht in den Sinn gekommen. „Das ist aber frühestens in einem Monat möglich.“ „Dann musst du eben abwarten.“

Just Another Jortini Story - Life goes on ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt