An diesem Morgen wachte David alleine auf. Jemand hatte die Rolläden geöffnet und es roch nach Kaffee. Der Hunger trieb ihn schnell aus dem Bett. Auf dem Boden fand er eine Jogginghose von Victor, die ihm zwar ein wenig zu lang und zu weit war, aber die er mit Bändeln enger um seine Hüften ziehen konnte. Er nahm das Handy aus der Tasche und sah, dass Maya ihm irgendwas über irgendeine Vorlesung gefragt hatte. Aber der Akku war beinahe leer, also kramte er auch das Ladekabel heraus und suchte eine Steckdose. Hinter dem Nachttisch, hinter dem er außerdem ein paar Kondompackungen und ein unbenutztes Taschentuch fand, steckte er die Nachttischlampe aus und sein Handy ein.
Dann krempelte er die Beine der Jogginghose ein Stück hoch und fühlte sich plötzlich sehr klein. Das zu große T-Shirt, die zu lange Hose. In dem Spiegel an der gegenüberliegenden Wand konnte er sich mustern. Sein Gesicht war überall ein bisschen rot und geschwollen, vor allem sein linkes Auge war blau unterlaufen, aber ansonsten sah er ganz normal aus. Eine verwuschelte Frisur, ein halbes Lächeln. Er sah sich selbst entgegen. Und das, obwohl die ganze Welt Kopf stand. Fast hatte er erwartet, wieder in Victors Körper gelandet zu sein, nur um das Chaos zu vollenden.Als er auf den Flur trat, waren alle Türen verschlossen. Es war kühl, als hätte jemand gelüftet, und es roch nach Regen. Zuerst steuerte er das Wohnzimmer an und fand den Grund dafür: Beide Fenster waren sperrangelweit geöffnet, und draußen schüttete es in Strömen. Jemand hatte Handtücher vor den Fenstern auf den Boden gelegt, um ihn vor dem Wasser zu schützen, aber es ging kein Wind, weshalb kaum ein Tropfen sich nach innen verirrte.
Ansonsten war der Raum leer. Selbst die Suppenschüsseln und Gläser vom Vortag waren von dem Wohnzimmertisch verschwunden, und die Kissen waren sauber auf der Couch drapiert.Verwirrt steuerte David die Küche an. Er hörte Stimmen von innen und klopfte vorsichtig. Die Tür öffnete sich schnell und Alice stand vor ihm. "Hey! Du bist wach!" Sie lächelte breit und machte einen Schritt rückwärts, um David den Zutritt zu gewähren. Hinter ihr stand Victor am Herd, mit seiner üblichen neutralen Miene und einer geblümten Schürze um seinen Hals. David grinste. "Bevor du was sagst: Alice hat mich gezwungen.", murrte Victor und sah dann erst zu David. Er blickte ein wenig gequält drein und heiterte Davids Stimmung damit grundsätzlich auf.
Alice setzte sich auf den Küchentisch und kickte die Türe mit ihrem Fuß zu. "Sonst geht der Dampf in die Wohnung.", kommentierte sie. David ging zu Victor, der ihm sein Gesicht entgegenstreckte, um einen Morgen-Kuss einzufordern. Der Jüngere aber legte seine Hand über Victors Gesicht und grinste: "Deine Schwester ist hier." Victor verdrehte die Augen und wandte sich wieder seinen Spiegeleiern zu.
David lehnte sich müde gegen Victors Schulter. "Habt ihr geputzt oder so?", fragte er dann und erinnerte sich an das saubere Wohnzimmer. Alice antwortete: "Geil, also fällt es doch auf! Ich hab mir Mühe gegeben. Heute ist Putztag!"
"Der erste in drei Jahren.", fügte Victor hinzu. Alice runzelte die Stirn.
"Red' keinen Scheiß. Wir machen immer wieder sauber."
"Ja, aber das ist das erste Mal, dass du es 'Putztag' nennst."
Alice schlürfte mürrisch an ihrem Kaffee."Hat das was mit mir zu tun?", fragte David. Victor zuckte mit den Schultern. "Schätze schon. Wir hatten noch nie einen Mitbewohner." Aber dann verbesserte er sich: "Ich hatte noch nie einen Freund, der bei mir gewohnt hat." David lächelte, obwohl ihm bei diesem ganzen 'hier wohnen' noch nicht ganz wohl war.
"Vorsicht." Victor nahm zwei Teller aus dem Schrank über David und platzierte die Spiegeleier darauf. "Nur zwei Teller?", fragte David und erwartete fast, dass sie ihn schlicht vergessen hatten, aber Victor antwortete mit einem Blick auf Alice: "Sie kriegt kein Spiegelei wenn sie ihr Brot nicht gegessen hat." David fiel ein Teller mit zwei Brotscheiben auf dem Küchentisch auf, auf dem Alice saß (dem Tisch, nicht dem Teller). Sie hatte ihre Beine angezogen und sah zu ihrem Bruder, als wüsste sie nicht recht, ob es ihr gefiel, wie leichtfertig er davon erzählt hatte. Dann fiel ihr Davids Blick auf.
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The ME inside of YOU (boyxboy)
Teen FictionVictor war stur und kühl, David war warm und belebt. Der Stripper und der Kunststudent. Der Ruhige und der Offene. Als sie auf einmal ihre Körper tauschten, war plötzlich nichts mehr wie vorher. Zum ersten Mal überlegte David, ob er schwul sein könn...