17) let it rain 🌧️

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Wir liefen die hübsche Allee entlang, die ich besser kannte als meine eigene Jackentasche. Endlich mal ein Ort, der mir das Gefühl von Zuhause vermittelte.. Auch wenn ich das nicht war. Und es ganz genau wusste.

Es waren die Straßen in meinem Heimatsdorf. Jeden Tag gelaufen und dennoch wirkten sie jetzt so fremd. Man merkte, das viel Zeit vergangen war, dennoch machte sich ein heimisches Gefühl breit.

Wie oft hatte ich nur hier auf diesen Straßen gespielt und mit Kreide bunte Straßen, Blumen und Einhörner gemalt?
Es war so lange her und doch wusste ich noch genau wie ich all das hier getan hatte.

Danny lief neben mir her, niemand sagte etwas.
Den Park, in dem ich Frau Winter nach meinem Wutausbruch getroffen hatte, hatten wir schon lange hinter uns gelassen.

Es war schon Richtung Abend geworden, der sonst so blaue Himmel hatte bereits eher eine dunkelblaue Farbe angenommen, außerdem hatte es begonnen, leicht zu regnen.
Nicht so stark, das man zwingend einen Regenschirm gebraucht hätte... Aber auf jeden Fall genug, um ein regelmäßiges Plätschern warnehmen zu können.
Die Atmosphäre war so angenehm...
Ich wusste nicht so richtig, wieso Regen mich so faszinierte.
Vielleicht lag es an der Ruhe, die er mir vermittelte.

"Du hast Regen schon immer geliebt nicht wahr?" Er sah mich an, nachdem er mich mit seinen Worten schließlich aus meinen Gedanken gerissen hatte.
"Ich erinnere mich noch genau daran.. Unser erster Kuss war an einem verregneten Tag, weißt du?"

Ich wurde hellhörig und hoffte er würde weiterreden. Da war nur so wenig, das ich über meine Geschichte mit Danny wusste..
Und ich meine.. Wer hatte sich denn noch nie gefragt, wie sein erster Kuss verlaufen würde?
Zu meinem Glück fuhr Danny gerade in diesem Moment seine Erzählung fort.

"Eigentlich war es damals kein richtiges Date gewesen.. Ich hatte dich gefragt, ob du mir helfen könntest eine Lieferung für meine Mutter abzuholen. Es waren zwei Kartons, die wir für sie hatten holen müssen.
Ich wollte keine zwei Mal laufen, darum habe ich mir noch eine gute Begleitung, aka dich, gesucht und wir sind losgezogen. Als wir die Kartons dann gerade auf halber Strecke hatten, hat es so unglaublich stark angefangen zu regnen, das wir in den nächstbesten Vorgarten mit halber Überdachung geflüchtet sind.
Die Hausbesitzerin war ja nicht gerade begeistert, vor allem nicht, als wir den Steinrand des vom Regen durchmatschten Blumenbeets übersehen haben und du volle Kanne in das Beet gestolpert bist. Ich hab so lachen müssen, das ich dachte mein Bauch würde platzen. Und dann naja.. ich hab dich hochgezogen und du warst so nah...", er stoppte seine Erzählung, da man sich den Rest ja denken konnte.

Ich errötete leicht, wie sollte ich jetzt mit dem Wissen umgehen, wie mein erster Kuss verlaufen würde?
Zugegeben, was er mir erzählt hatte, klang dem perfekten Kdrama entsprungen. Trotzdem.. Ich war irgendwie nervös geworden und konnte es nicht abwarten, diesen Kuss dann bald in echt erleben zu dürfen..?

"Ups, Spoiler.", grinste er und zwinkerte mir zu.
Ehrlich, dieser Typ.

Die Straße hatte schon fast ihr Ende erreicht, bevor dann die Abzweigung kam. Das letzte Haus dieser Straße... Oder in anderen Worten; mein Zuhause.
Wir waren fast da und es machte mich nervös.. Da würde etwas auf mich warten, das wohl schwer war in Worte zu fassen.. Danny hatte es mir nicht sagen können, er wollte es mir zeigen. Das war ein schlechtes Zeichen, oder?
Was würde dort auf mich warten?

Aber bevor wir die nächste Kurve einschlugen und man nun endgültig mein Zuhause gesehen hätte, drehte ich mich zu Danny und brachte ihn zum Anhalten.

Zittrig schluckte ich meine Angst hinunter und blickte zu ihm auf. Auch er schien nervös zu sein.

"Dali ich weiß nicht ob du-"
"Danny, bevor wir das tun wollte ich noch kurz etwas sagen.. Wegen dem Interview vorher..."

Die Straße war menschenleer und irgendwie passte es in die Atmosphäre, Ästhetik und erfüllte auf eine schön-seltsame Weise die Stimmung.

"Ja..?", meinte er und fokussierte mich aufmerksam mit seinem hellgrünen Augenpaar.
"Ich glaube.. Das klingt jetzt vielleicht komisch aber... Es gibt so Momente, da spüre ich die Präsenz eines anderen, der sich aber trotzdem sehr bekannt anfühlt. In meinem eigenen Körper.. Zum allerersten Mal ist es mir auf der Bühne passiert, dann beim Kuss und schließlich heute wieder.. Auf der Bühne war es so schwach, das ich es nicht wirklich gespürt hatte, beim Kuss ebenso. Aber heute bei dem Interview? Da war deutlich jemand da gewesen." Ich machte kurz eine Pause und sammelte die Worte, die als nächstes meine Lippen verlassen sollten.
"Das waren Momente, in denen ich nicht wirklich Kontrolle hatte über was ich sagte oder fühlte. Ich glaube.."

"Das war die 2030-Dali.", vervollständigte er meinen Satz. "Dali, ich hab das gemerkt. So wie du geredet hast... Das kam nicht von dir, sondern von dir. Okay das war schlecht ausgedrückt." Ich grinste, dankbar darüber, dass er es immer schaffte, die Stimmung aufzulockern. "Ich kenn dich so gut Dali... Besser als du dich selbst wahrscheinlich. Daran mache ich fest, das du die Dali der Vergangenheit bist! Du verhälst dich kein Stück wie deine 2030-Version. Du bist schüchtern und niedlich, die Person die du damals warst und in die ich mich verliebt habe. Es ist schön, dich mal wieder zu sehen... Auch wenn ich natürlich deine 2030-Version mit starkem Selbstbewusstsein auch sehr liebe. Du hast einfach eine große Veränderung hinter dir.... Das ist alles und ich unterstütze dich schon seit ich denken kann."

Wow, wo gab es solche Typen und kann ich den versandkostenfrei abholen??
Huchja, fast vergessen das es mein Zukünftiger ist.

"Wow.. Das... Ähm..", ich wusste nicht so recht was ich darauf jetzt antworten sollte... Er hatte mir gerade gesagt das er mich liebte und ich wusste nicht mal was man in solch einer Situation als Antwort gab?
"Danke, das du mir glaubst. Ich würde mir sowas nie ausdenken.. Und ohne dich wäre ich wirklich aufgeschmissen.", ich sah zu ihm hoch und kreuzte seine hübschen, grünen Augen mit meinen.

"Ich weiß.", grinste er wieder so dämlich triumphierend, was einen leichten Rotschimmer über mein Gesicht zauberte und ich verdrehte verlegen die Augen. Verdammt?! Wieso war mein Körper gerade zu nichts anderem in der Lage?!

"Okay, da das ja jetzt geklärt ist können wir ja gehen", lenkte ich schnell vom Thema ab, um meine Verlegenheit zu verstecken. Ich nahm seinen Ärmel und zog ihn daran hinter mir her.
Ich sah fast schon wieder sein Grinsen vor meinem inneren Auge, man konnte er sich das nicht mal verkneifen?!?
Seine grenzenlose Selbstsicherheit machte mich verlegen und er wusste das.

Meine Finger, welche sich an seiner Jacke festgekrallt hatten, um ihn um die Ecke zu ziehen, wurden plötzlich von seiner Hand umschlossen.. Wie konnte sie so warm sein, wenn wir uns doch die ganze Zeit im kühlen Regen befanden?
"Damit du nicht so nervös bist.. Ich bin hier, ok?"

Ich nickte hastig und schluckte ein letztes Mal, dann traten wir um die Ecke.

on stage. [A time travel story]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt