20) the truth untold 🕊

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"Du weißt hoffentlich, dass du den unschönen Teil der letzten zehn Jahre noch nicht kennst?"

Danny saß vor mir auf dem Sofa und wir sahen uns an. Ich hatte ihn tausendfach um Vergebung angefleht und mehrfach versucht, ihm zu erklären, wieso ich so gehandelt hatte, wie ich gehandelt hatte. Ich hatte ihm erklärt, dass dies alles hier so ungewohnt für mich sei und berühmt sein auch nicht wirklich leicht wäre. Das ich überfordert sei und das an ihm rausgelassen hätte.

Zum Glück ist Danny so verständnisvoll, denn er hatte es akzeptiert wie immer.
"Es bringt jetzt auch nichts, wenn wir nicht zusammenhalten, denn letztendlich haben wir nur einander.", hatte er gesagt. Und ja, er hatte Recht.
Ich hatte sonst keinen.
Darum brauchte ich ihn.

Mittlerweile war die Konversation also in eine gemütliche Atmosphäre übergegangen, nachdem wir uns gegenseitig verziehen hatten.

"Bitte sag mir die ganze Wahrheit, Danny. Ich muss rausfinden, was ich in meiner Zeit ändern muss, bevor ich nicht mehr zurück in diese kann.", meinte ich und schaute stirnrunzelnd zu Boden.

"Ja klar, werd ich. Allerdings würde ich dir gerne zuerst etwas zeigen."

Er stand auf und lief zu dem Esszimmertisch, welcher sich auch in diesem riesigen Wohnzimmer befand. Das ganze Gebäude war sehr offen und es gefiel mir. Ich mochte, wie das Licht schräg auf die Couch fiel, der Regen schien sich wohl verzogen zu haben.
Es war später Nachmittag und ich nahm an, dass es die letzten heutigen Sonnenstrahlen waren.

"Hier. Lies das." Er stand wieder vor mir und hielt mir eine Zeitung hin.

Zögernd sah ich sie an, bevor ich sie schließlich in meine Hände nahm und das Titelblatt betrachtete. Erstaunt bemerkte ich, dass darauf ein Bild von mir prangte.
Es war von meinem ersten Auftritt hier gewesen und das Bild zeigte mich, ohnmächtig, nachdem ich den Anfall gehabt hatte.

"Was ist mit Star Dalira los?", zeigte die große Überschrift und ich fing an zu zittern. Besorgt betrachtete ich die ganze Seite und die vielen Buchstaben. Ich brachte so unglaublich viel Chaos in diese Zukunft, weshalb ich mich so schuldig fühlte..

"Die Menschen dieser Zeit machen sich große Sorgen um dich. Ich will dir ja keinen Stress machen... aber.. die Hochzeit ist...sehr bald..", stammelte Danny. " Und.. die Leute merken, das etwas los ist...Ich will dich ja nicht zwangsverheiraten, aber wenn wir die Hochzeit absagen oder verschieben, wird es sehr viel öffentliches Getratsche geben... Wir müssen das so schnell wie möglich auf die Reihe kriegen, Dali. Du musst rausfinden, wieso du hier bist. Was du ändern musst."

"Wie soll das gehen?"
Ich zitterte noch mehr und starrte stur geradeaus. Die Zeit verging so schnell und ich hatte das Gefühl, immernoch so sehr am Anfang zu stehen... Es war zum Verzweifeln.

Auch Danny sah gestresst aus und ich spürte, das er genauso Panik hatte wie ich. Klar wollte er mich unter diesen Umständen nicht heiraten. Dennoch regelte er all die Missverständnis und meine äußere Erscheinung gegenüber der Öffentlichkeit. Ich wollte nicht wissen, wie oft dieser Typ mir schon den Arsch gerettet hatte.

Er schien nachzudenken, trotzdem ging er nicht auf meine Frage ein.
Er hatte keine Antwort.
Wir beide hatten sie nicht.

"Wir schaffen das schon...", brachte ich heraus, auch wenn nicht gerade überzeugend. Meine Stimme zitterte, ebenso wie mein Körper. Was wenn ich hier heiraten würde? Würde diese andere körperliche Präsenz dann wirklich bleiben?? Würde ich dann mit meinem neuen Ich "überschrieben" werden??

"Hey, keine Angst..", meinte Danny beruhigend. Aber ein Blick in seine Augen verriet mir, dass er auch nicht ruhig war.

Doch plötzlich weiteten sich seine Augen und irgendwie leuchteten sie begeistert auf. Er setzte sich auf und sah alles andere als panisch aus.

"Das ist es!! Ich hab ne Idee wie wir dahinter kommen können, Dali!!"

"Welche denn?", sein plötzlicher Sinneswandel überraschte mich, allerdings gab er mir auch einen neuen Schwung an Zuversicht.

Plötzlich fing er breit an zu grinsen. "Du schreibst Tagebuch seit du.. Mmh. Fünf bist?! Ich habe immer gedacht, das ganze Geschreibe ist abgesehen von den vielen Schwärmereien für mich total unnötig."

Ich verdrehte die Augen, konnte ein leichtes Rotwerden allerdings nicht verhindern und versteckte mein Gesicht hinter meinem Ärmel, um die Tatsache zu verdecken, das ich fast laut losgelacht hätte.
Das hier war eine ernste Konversation, aber die Tatsache, dass Danny die Stimmung immer auflockern konnte, hatte mir meine Seriösität schon das ein oder andere Mal gestohlen.

Trotzdem war ich nicht ganz sicher inwiefern mein Tagebuch nun zur Problemlösung beitragen sollte.
"Und wie hilft uns das jetzt weiter?", fragte ich, während ich meine Gesichtsmiene wieder in den Griff bekam und halbwegs ernst in seine Richtung starrte.

"Ganz einfach! Du schaust da rein. Da steht jeder Ameisenfurz der letzten fünf Minuten. Ich bin sicher, du findest deine Antworten dort."

☆☆☆☆

Gemütlich eingekuschelt lag ich nun also hier, mit einer Kakaotasse in der Hand und meinem Tagebuch auf dem Schoß.
Danny hatte nicht gelogen, als er meinte, hier stünden "Ameisenfürze" und sonst nur Schwärmereien. Das meiste hier war wirklich unnötig und zwischendurch kam die ein oder andere zu ausführliche Beschreibung über Danny.

Es war ja peinlich, was hier stand. Ich hatte schon früher viel geschrieben, aber deutlich wichtigere Dinge und vor allem keine Schwärm-texte. Das zu lesen ließ mich alle zwei Sekunden rot werden, auch da ich teilweise ZU sehr ins Detail ging. Über sehr private Dinge die niemals jemand lesen sollte...
Ich hoffte inbrünstig, Danny hatte niemals einen Blick in diese abartigen Texte und Fantasien geworfen.. ups.

Nach etwa einer halben Stunde des dauernden Rotwerdens kam ich endlich auf einen etwas anderen Eintrag.
Es war ein trauriger Eintrag.. Plötzlich nahm ich Schmerz wahr.. Sehr tiefen Schmerz.
Es fühlte sich an wie Stiche in meinem Herz und wie etwas, das ich längst verdrängt hatte.
Obwohl ich nicht wusste, worum es ging.

"Hallo Zukunfts-Ich.", dachte ich stumm, als ich wieder diese Präsenz wahrnahm. Sie war stärker als je zuvor, wie es eigentlich jedes Mal der Fall war.. Allerdings nahm ich jetzt auch ihre Gefühle war und konnte einzelne Gedankenfetzen vernehmen. Sie waren jedoch so wirr, das ich nichts verstand.

Meine derzeitige Präsenz war schwächer als die Ihre und ich spürte wie sie plötzlich die Überhand übernahm.. Panik kam in mir hoch, allerdings wurde sie von meinem zukünftigen Schmerz übertrumpft. Plötzlich spürte ich diesen Schmerz. Diesen Schmerz, den ich in zehn Jahren spüren sollte. Fühlte es sich so an, überschrieben zu werden?
Und wieso Schmerz?

In den Gedankenfetzen sah ich meinen Vater. Verdrängungsschmerzen. Danny. Eine Frau, die weinte. Eine Beerdigung, ohne mich.

Es machte mir Angst, nicht mehr zu wissen, wer ich gerade war. Ich fühlte mich hin und hergerissen und dennoch wie beides zugleich. Das hier war beides ich und fühlte sich vertraut an. Wie zwei Seelen in einem Körper.

Doch von einem Schlag auf den anderen war der ganze Schmerz weg und ich war wieder ganz ich selbst.
Mir war schwindelig, denn das war ein gruseliges Erlebnis gewesen... Ich sollte mich wirklich beeilen, denn sonst würde ich es nicht mehr rechtzeitig vor der Hochzeit hier rausschaffen.

So lange wie eben war diese Präsenz noch nie da gewesen und etwas sagte mir, das sie auch das nächste Mal nicht unbedingt kürzer bleiben wird..

☆☆☆

Was wird Dali noch Wichtiges in ihrem Tagebuch finden?
Und was ist die ganze Wahrheit über ihre Vergangenheit?

Bis nächstes Mal ;)

on stage. [A time travel story]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt