31. Wahrheit

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~04.März~

Als Tarek gestern wiederkam, war ich so unruhig und aufgeregt wie noch nie. Jedoch hat er mich nicht auf mein Verhalten der letzten Tage und Wochen angesprochen. Vielleicht hat er es vergessen oder ihm ist es egal gewesen.

Wir sind nun gerade mit Twix spazieren.
"Wie war die Tour eigentlich?", frage ich ihn gerade, als wir im Hundepark angekommen und er ein Stöckchen für Twix wirft.
"Mega geil. Die Leute hatten alle mega Bock und wir hatten total viel Spaß. Aber ich hab dich natürlich vermisst.", sagt er und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. Mich macht es total glücklich, dass er so viel Spaß hatte. Aber irgendwie macht es mich auch traurig, weil es mir in dieser Zeit so schlecht geht. Und ich weiß ganz genau, dass diese schwierige Zeit noch nicht vorbei ist.

Die Babys werden eine sehr große Herausforderung für mich. Und ich weiß auch noch garnicht, ob ich überhaupt von meiner Familie und von Tarek unterstützt werde. Was ist, wenn Tarek mich verlässt, wenn er erfährt, dass ich schwanger bin. Und dann sind es auch noch Zwillinge. Das würde ich unmöglich alleine schaffen.

"Malia? Hörst du mir zu? Was ist denn im Moment los bei dir?", reißt er mich aus meinen Gedanken.
Ich sehe ihn erschrocken an. "Ähh sorry. Was hast du gesagt?"
"Ist alles okay bei dir? Du wirkst, als würdest du mir etwas verheimlichen. Als ich weg war hast du mich auch immer weggedrückt, als ich versucht habe, dich anzurufen. Und geschrieben hast du mir auch nicht. Hab ich etwas falsch gemacht? Bitte rede doch mit mir.", er sieht mich verletzt und traurig an.

Ich hole tief Luft. "Okay. Es ist garnichts okay. Mir gehts momentan überhaupt nicht gut und ich weiß nicht, wie ich dir sagen soll, was los ist. Aber du musst es wissen. Aber ich kann es dir nicht sagen. Aber du hast nichts falsch gemacht, wirklich nicht."

Er schluckt merklich, ehe er anfängt brüchig zu reden. "Bist... bist du mir fremdgegangen?"
Diese Frage versetzt mir einen Stich ins Herz. Wie kommt er denn darauf?
"Was?! Nein, natürlich nicht. Wie kommst du denn darauf? Ich liebe dich Schatz, und das weißt du auch ganz genau."

"Gott sei Dank! Ich dachte schon. Schlimmer kanns ja nicht sein. Du weißt, du kannst mir alles sagen. Ich bin für dich da und helfe dir immer. Sags mir einfach, Babe.", versucht er mich zum reden zu bringen.
"Wir gehen jetzt zurück. Das hier ist nicht der richtige Ort zum reden.", sage ich und nehme seine Hand. Er ruft Twix und so machen wir uns auf den Rückweg.

Zuhause angekommen gehen wir hoch in mein Zimmer. Dort setzt er sich auf mein Bett und schaut mich abwartend an.
"Ich weiß nicht, wie ich das dir sagen soll. Ich habe wirklich Angst.", sage ich, während ich unruhig langsam hin und her laufe.
"Wovor hast du Angst?", fragt er und steht auf, nimmt meine Hände in seine und schaut mir in die Augen.
"Ich habe Angst vor dem was kommt. Ich habe Angst, dass du mich verlässt. Und ich habe Angst, dass meine Familie mich abschiebt.", gestehe ich.

"Babe, ich werde dich nicht verlassen. Und egal was kommt, wir schaffen das okay?", sagt er und nimmt seinen Blick nicht von mir.
Ich nicke unsicher und fange an zu erzählen.

"Also... als du weggefahren bist, ging es mir ein paar Tage nicht so gut. Ich war an einem Abend bei Romy und wollte dort übernachten. Dort ist mir dann aufgefallen, dass ich meine Tage schon länger nicht mehr bekommen habe. Dann hat Romy mir einen Schwangerschaftstest gegeben, den ich dann gemacht habe..."

Ich merke, wie auch Tarek langsam unruhig wird und ein paar Schritte zurück geht. Dann erzähle ich weiter.

"Dieser Test war dann positiv. Für mich ist in diesem Moment eine Welt zusammengebrochen. Ab diesem Tag habe ich dir nicht mehr geschrieben oder geantwortet. Am Tag darauf bin ich dann mit Romy zu einem Frauenarzt gegangen, um mir 100%ig sicher zu sein. Dort wurde dann ein Ultraschall gemacht, auf dem eindeutig zu sehen war, dass ich schwanger bin." Am Ende fange ich an zu weinen. Es ist sehr schwer das zu erzählen.

"Nein.", sagt Tarek verzweifelt und fährt sich angespannt mit der Hand übers Gesicht.
"Wie? Ich meine... das geht garnicht. Wir haben immer verhütet. Und wie weit bist du?", fragt er überfordert.
"Ich bin inzwischen in der 11. Woche. Und nein, wir haben nicht immer verhütet. Mir ist aufgefallen, dass wir das in der Nacht vom 31.Dezember zum 1.Januar vergessen haben.", erkläre ich.
"Fuck. Sorry, aber darauf muss ich erstmal klar kommen.", sagt er und geht.

Meine Angst wurde wahr. Ich weiß nicht, wohin er gegangen ist und ob er wiederkommt. Und so kommt es, dass ich weinend auf mein Bett falle und versuche diesen Schmerz in meinem Herzen zu unterdrücken. Wenn er jetzt schon so reagiert will ich nicht wissen wie es ist, wenn er weiß, dass das Zwillinge werden.

3 Stunden später klopft es an meiner Tür.
"Nein!", rufe ich.
Trotzdem öffnet sich meine Tür und Tarek kommt rein. Und mit ihm eine leichte Duftwolke aus Alkohol und Zigaretten.

"Wo warst du?", frage ich mit zitternder Stimme.
"Ist nicht wichtig. Es tut mir leid, dass ich vorhin einfach gegangen bin, damit hätte ich niemals gerechnet. Aber ich halte meine Versprechen und bin für dich da. Und außerdem ist es ja auch meine Schuld, dass du beziehungsweise wir in dieser Situation sind."

"Du verlässt mich nicht?", frage ich unsicher.
"Natürlich nicht. Ich liebe dich, Malia. Und ich lasse dich nicht alleine. Es wird aber auf keinen Fall leicht mit einem Baby, gerade weil wir noch so verdammt jung sind. Aber wir schaffen das schon irgendwie, oder?"

Ich nicke. "Das war aber noch nicht alles."
"Was kommt denn noch? Sag nicht, das ist nicht nur eins...", rät er.
"Wir bekommen Zwillinge."
"Nicht dein Ernst oder?", fragt er.
"Doch. Ein Baby wäre ja auch zu basic für uns.", scherze ich.

"Hast du Ultraschall Bilder?", fragt er.
Ich nicke und hole eins aus meiner Tasche.(siehe Kapitel-bild)
Er schaut es sich genau an. "Wow. Das habe ich gemacht.", stellt er fest.
"Kann man schon etwas am Bauch sehen?", fragt er dann.
"Ja, da ist schon eine richtige Beule.", gebe ich zu. Und damit niemand auf die Idee kommen könnte, trage ich aktuell nur Pullis von Tarek.
Dann hebe ich meinen Pulli hoch und präsentiere ihm meinen Bauch.

"Ui.", sagt er fasziniert und streichelt vorsichtig über meinen Bauch.
"Tarek?"
"Hm? Hab ich dir wehgetan?", fragt er und steht sofort auf.
"Nein", sage ich lachend, "ich wollte dir nur sagen, dass du jetzt eine Verantwortung trägst. Und wenn du mir einen Gefallen tun möchtest... hörst du bitte auf zu Rauchen. Ich fand das noch nie gut und außerdem ist das total gefährlich und so...", bitte ich ihn.

Er schlingt seine Arme um mich. "Ich kann nicht sofort aufhören. Das ist eine Sucht. Ich kann erstmal versuchen weniger zu rauchen, okay?"
Ich nicke und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. "Ich liebe dich."
"Und ich liebe euch.", flüstert er und legt mich ins Bett um zu schlafen.

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Der beste Freund meines Bruders | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt