James' Schritte knarrten auf dem Dielenboden, als er durch das Zimmer auf das Fenster zu ging. Er warf einen Blick durch die Scheibe, die zwar leicht verdreckt war, ihm aber einen Blick nach draußen und damit auch auf sein Pferd erlaubte.
Der Rappe stand zwischen einigen anderen Pferden in einem hölzernen Unterstand und war gerade dabei Heu aus einem Ballen zu rupfen. Der Mann seufzte leicht und sah ein paar Sekunden länger zu. Sein Pferd war schon seit er mit dem Jagen von Monstern begonnen hatte, sein treuster Wegbegleiter und hatte ihn nie enttäuscht. Das war wohl einer der Vorteile davon ein Tier als besten Freund zu haben.
Nach einigen Sekunden richtete er seinen Blick dann allerdings in die Ferne, in der, nicht weit von diesem Ort entfernt, ein Schloss aufragte. Es handelte sich nicht um irgendeine Festung, sondern um die wohl Bekannteste im ganzen Königreich. Und genau an diesem Ort würde in drei Tagen ein Fest stattfinden, zu dem sein alter Freund Aldrich ihn heute Abend eingeladen hatte. Doch es war nicht einfach irgendeine Einladung gewesen. Ihm war auch ein Auftrag angeboten worden, von dem er bisher jedoch noch gar nichts wusste. Abgesehen davon, dass er ihm vermutlich viel Geld bringen würde. Die Königsfamilie von Dorn war unter den Leuten nämlich nicht gerade dafür bekannt die Menschen, die für sie arbeiteten, für ihre Dienste schlecht zu entlohnen.
Er wandte sich mit einem leichten Seufzen wieder vom Fenster ab und ging auf die Tür zu, hinter der sich der Waschraum verbarg. Mit einer Hand stieß er die Tür auf und zog sich dann sein weißes Leinenoberteil über den Kopf. In die hölzerne Wanne war von einem Angestellten der Gaststätte bereits heißes Wasser eingelassen worden, als er nach einem Zimmer gefragt und sogleich auch für die eine Nacht bezahlt hatte.
Seine Hose ließ er zugleich auch folgen und hängte sie zusammen mit seinem Oberteil über die Lehne eines Stuhles. Dann ging er auf die Wanne zu und ließ sich wenige Sekunden später langsam in das heiße Wasser hinein gleiten. Es war ein angenehmes Gefühl zu spüren, wie es ihn umspülte und seinen Körper angenehm wärmte, nachdem er so lange draußen unterwegs gewesen war. Er tat es nicht oft, doch in diesem Moment war er dazu bereit sich zumindest für diesen Abend ein wenig Ruhe zu gönnen. Sein Körper würde ihm das ebenfalls danken, nachdem sich darauf in den letzten Tagen ein paar neue Wunden angesammelt hatten.
Er legte seinen Kopf leicht in den Nacken und ein wohliges Seufzen lief über seine Lippen. Erneut schlich sich das Gespräch mit Aldrich in seine Gedanken. Er hatte sich noch immer nicht entschieden, wie er jetzt fortfahren wollte. Insgesamt blieben ihm zwei offensichtliche Möglichkeiten. Entweder ignorierte er einfach, worüber der Magier mit ihm gesprochen hatte und den Job, der ihn vielleicht erwartete, und führte sein Leben normal so weiter oder er ging tatsächlich zu diesem Fest und traf den möglichen Auftraggeber, von dem er vermutete, dass es sich um ein Mitglied der königlichen Familie handelte. Warum sonst sollte Aldrich daraus so ein Geheimnis machen?
Seine Erfahrung mit Aufträgen der königlichen Familie weckte in ihm einige Vermutungen. Das, was für ihn am naheliegendsten war, war, dass es ein Problem mit irgendwelchen Monstern geben könnte, die die Umgebung terrorisierten. Zumindest war das meistens der Grund, weshalb man ihn um Hilfe bat. Etwas anderes konnte er sich nur schwer vorstellen.
Und das, obwohl die drei Königreiche momentan Krieg gegeneinander führten. Oder zumindest zwei von ihnen. Dorn zeigte sich seit Beginn der Streitereien neutral, wurde aufgrund seiner geografischen Lage aber schon von Anfang an mit in alles hinein gezogen. Das Königreich lag nämlich genau zwischen Altera, dem Reich im Norden, und Karthagos, welches an der Küste und damit im Süden zu finden war.
Allein bei dem Gedanken an Politik stellten sich seine Nackenhaare auf. Am liebsten hielt er sich einfach aus diesen Dingen heraus und ließ die Leute die Könige ihre Sachen selbst klären. Zumindest so lange es ihm kein Geld brachte. Aldrich kannte James' Einstellung eigentlich, weshalb es ihn auch verwunderte, dass er trotzdem wollte, dass er einen Job übernahm, der vermutlich direkt von der Königsfamilie kam.
Vielleicht war es ja einen Versuch wert. Ein Fest ließ er sich, wie er es zu seinem Freund bereits gesagt hatte, nur ungern entgehen, denn auch ein Monsterjäger hatte nichts gegen kostenlosen Alkohol einzuwenden. Anhören konnte man sich das Angebot ja zumindest mal. Was hatte er auch schon zu verlieren? Und wenn es tatsächlich ein annehmbarer Auftrag war, würde es sicher etwas sein, was er leicht und dazu auch noch schnell erledigen konnte.
DU LIEST GERADE
Kingdom of Despair
Fantasy| 2022 & 2021 WATTY'S SHORTLIST | James lebt als Monsterjäger in einer Welt, in der es nicht angesehen ist, anders zu sein, und fühlt sich nichts verschrieben außer sich selbst. Von dem aufkommenden Krieg zwischen zweien der drei Königreiche will er...