Kapitel 7

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Die Morgensonne fängt gerade erst an den Raum zu erleuchten, aber ich sitze hier bereits seit einigen Stunden, weil ich ständig aufgewacht war. Gegen vier gab ich dann auf und löste mein Versprechen ein, mir ein Buch aus der Bibliothek zu holen. Ich sah jedes Regal durch, von unten bis oben und trotzdem fand ich nur Biologie- und Botanik Bücher, die zwar anschauliche Bildchen von diversen Organismen hatten, aber nicht mein Interesse wecken konnten. Ein Lachen entgeht mir, bei der Vorstellung Bill sei eine Art Pflanzenarzt und gehe mit dem Stethoskop an die Blumen rann. Einige von den Büchern haben einen hochwertigen Einband und eine Titelseite mit goldenem Rand auf dunkelgrünem Papier. Bei ihnen bin ich dann doch kurz stehen geblieben, einfach der Ästhetik wegen. Ist Bill durchgeknallt, oder hat er einfach keine Hobbys? Ich glaube eher letzteres, schließlich ist hier nicht ein Roman oder eine unterhaltende Geschichte irgendeiner Art.

Ich sehe enttäuscht, nichts gefunden zu haben durch den Raum und bleibe beim Bildrahmen stehen. Ein Schritt nach dem anderen nähere ich mich der Tür, mein Blick starr auf das Papier hinter dem Glas gerichtet, als ob es gleich explodieren könnte. Es steht drauf in großen schwarzen Druckbuchstaben, auf schön verziertem Papier: "Urkunde in Bereich Biologie". Was? Eine Urkunde für Bio? Mit kleineren Buchstaben drunter: "Bill Crimson verhalf durch die Entdeckung von "Sylglobin"- Teilchen ein Heilmittel für Krebs zu finden.". Ach, du Scheiße! Bill hat das Heilmittel für Krebs gefunden?! Warum hat er mir das nicht gesagt?! Das hätte ich auf der Autofahrt lieber gehört als, dass er Nudeln mit Bolognese Soße mag. Ich muss ihn fragen, wie er das angestellt hat und ob er vielleicht, wegen gestern immer noch sauer auf mich ist.

"Phillipp?", hörte ich Bill die Treppe hochkommend nach mir rufen. Wenn man vom Teufel spricht.

"Hey, was machst du hier?", lässt er sein Blick durch den Raum schweifen, "Und warum hast du so ein Chaos angerichtet? Sieh dich doch mal um! Jedes Buch hatte sein Platz, und jetzt? Einfach auf zwei große Berge geworfen, als wären sie Müll. Du machst das wieder wie es war, verstanden!", befehlt er mir am Ende hin wütend, während er sich dem Chaos fernhält, als wäre es eine Seuche.

"Ja, mach ich. Tut mir leid.", gab ich sofort brav zurück, um ihn nicht noch mehr zu verärgern.

Er seufzt mit einem Blick, der verrät, dass es ihm leidtut, mich schon am frühen Morgen ausschimpfen zu müssen. Er wechselt zu einem sanfteren Ton: "Und dann kommst du runter mit frühstücken, ja?"

"Ja, klar", gebe ich munter zurück.

Er hatte recht. Es waren abgesehen von wenige zerstreute Exemplare nur zwei große Haufen an Büchern, einer in der linken und einer in der rechten Ecke des Zimmers. Ich wäre wohl auch sauer, wenn jemand einfach so mein Zimmer verwüsten würde. Bill hat es ja praktisch gesagt, aber meine Waisenmutter hatte mich auch so erzogen: erst die Arbeit und dann das Vergnügen. Vor dem Frühstück heißt es also hier Ordnung schaffen, was bei der wundervollen Morgensonne und die frische Luft eine ziemlich angenehme Erfahrung werden sollte, hoffentlich. 

Blutig Blaues MaiglöckchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt