6.

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Michele zog die Wohnungstür hinter sich zu und hielt kurz inne. Diese Frau hatte irgendetwas, das ihn so sehr anzog und gleichzeitig, verabscheute er ihre ablehnende Haltung und das freche Mundwerk. Wie gern, hätte er ihr sie geküsst, um sie zum Schweigen zu bringen. Doch Angestellte küsst man nicht!

   Verärgert stieg er die Marmortreppe hinunter und verließ das Haus. Er benötigte erstmal frische Luft und entschloss sich, im Ristorante nebenan, ein verspätetes Mittagessen zu gönnen. Vielleicht könnte er klarer denken, wenn er erstmal etwas im Magen hatte.

   Flavio, der Kellner des kleinen familiengeführten Ristorante stellte ihm gerade ein Glas eiskalten Weißwein auf den Tisch, als er seine neue Reinigungskraft erspähte, die mit schnellen Schritten das Haus verließ. Machte sie etwa jetzt schon Feierabend?

   Michele stand auf und folgte der jungen Schönheit, die in irgendeiner Gasse verschwand. Erst als er ihren Namen rief, drehte sie sich verschreckt um. Sie hielt sich ein Handy ans Ohr und er konnte sehen, dass sie geweint hatte.

   „Ist alles in Ordnung?", fragte er vorsichtig.

   Ariana hob die Hand und sprach ins Telefon: „Ich meld mich später wieder, Giuseppe." Dann senkte sie das Handy und funkelte ihn böse an: „Haben Sie etwa gelauscht?"

   „Nein! Ich wollte nur wissen, ob sie schon Feierabend machen."

   „Ich mache Pause. Die steht mir laut Vertrag zu." Hochmütig hob Ariana das Haupt und wischte sich die Tränen von der Wange, „Noch nie was von Privatsphäre gehört?"

   Da war die freche Klappe wieder. Irgendwie gefiel das Michele. Sie war nicht wie andere Frauen. Ariana ließ sich nicht blenden von seinem Aussehen und seinem Status als Filmstar. Vielleicht erkannte sie ihn auch einfach nicht, schoss es Michele durch den Kopf.

   „Darf ich Sie zum Mittagessen einladen?", fragte er spontan, die aufgelöste junge Frau.

   „Ich kann für mein Essen selbst sorgen."

   „Das bezweifel ich auch gar nicht. Aber vielleicht wäre es gut, wenn wir uns besser kennenlernen würden, wenn wir schon zusammen arbeiten." Michele lächelte sie an und wurde sofort wieder auf den Boden der Tatsache zurückgeholt.

   „Soweit ich weiß, arbeiten wir nicht zusammen, sondern ich arbeite für Sie!" Schnippisch kamen die Worte über Arianas Lippen und sie wollte sich schon umdrehen und gehen, als Michele sie einholte und sich ihr in den Weg stellte.

   „Sehen Sie es als Geschäftsessen. Wir reden über Ihre Arbeit und sie können das ganze als Arbeitszeit deklarieren." Michele beobachtete, wie Ariana in ihrem Kopf das Für und Wieder abwog, bevor sie schließlich die Augen verdrehte und nickte.

   „Na schön. Aber nur, wenn Sie bezahlen!"

   „Ich hab Sie doch eingeladen", grinste Michele sie an.

   „Das heißt bei euch Männer nicht, dass ihr auch bezahlt!" Ariana würdigte ihn keines Blickes mehr und lief den Weg zurück, den sie gekommen war. Sofort erkannte Michele, dass aus ihren Worten die Enttäuschung drang, die sie wohl erlebt hatte. Er wollte gerne mehr davon erfahren, traute sich aber nicht, danach zu fragen. Schließlich ging es ihn nichts an.

   Als sie das Ristorante betraten, eilte Michele voraus zu seinem Tisch und zog den Stuhl ihm gegenüber heraus, um ihn Ariana anzubieten. Die schien total überrumpelt zu sein von einem Gentleman wie ihn und setzte sich schweigsam. Michele hob die Hand, um dem Keller zu signalisieren, dass er bereit war, zu bestellen.

   Flavio, der kleine und untersetzte Italiener, war der Cousin des Besitzers und hatte stets ein freundliches Lächeln auf den Lippen. Lächelnd fragte er nach der Bestellung und Michele bestellte prompt eine Antipasti-Platte und einen weiteren Weißwein für Ariana. Als der Kellner gerade wieder verschwunden war, verging Michele aber das Lachen, als er in das Gesicht von Ariana blickte, die ihn böse anfunkelte.

Mess me up, Mr. MorroneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt