Rey betrat sein Büro und fühlte diesen schweren, belastenden Druck, der sie fast zu erdrücken schien, auf ihren Schultern. Als sie über die Türschwelle trat, überraschte sie das Verhalten ihres Boss ein wenig.
"Schließen Sie die Türe hinter sich."
Seine Stimme klang rau, irgendwie anders als sonst. Rey sah ihn an und bemerkte etwas untypisches. Ben Solo rieb sich mit seinem Daumen und Zeigefinger über seine Schläfen, seine Augen waren geschlossen. Er sah müde aus.
Zögernd tat sie was ihr befohlen worden war. Bevor sie realisierte was sie gerade tat, brach ihre Stimme die bedrückende Stille in dem Büro. "Alles in Ordnung, Sir?"
Er sah zu ihr hoch während er tief ausatmete, die Verwunderung war ihm förmlich in das Gesicht geschrieben. "Warum fragen Sie?", konterte er schnell. Fast schon zu schnell.
Jetzt bereute sie es bereits wieder Mitgefühl gezeigt zu haben. "Vergessen Sie es."
War das etwa ein Anflug von Enttäuschung, die sich in seinen Gesichtszügen wiederspiegelte? Nein, das konnte nicht sein. Dieser Mann hatte keine anderen Emotionen als Zorn, Missgunst und Verbitterung.
"Leiten Sie mich durch meinen heutigen Zeitplan." Er blickte schon wieder nach unten auf seine Unterlagen, die vor ihm auf seinem Schreibtisch platziert waren, und wirkte sichtlich desinteressiert. Doch Rey wusste genau, dass er ihr dennoch zuhörte.
"In fünfzehn Minuten findet das Meeting mit dem Marketing Berater statt, direkt danach der Conference Call mit den Vertretern aus Brüssel, der bis circa zwei Uhr dauern wird. Anschließend dann noch das Treffen mit dem Leiter der HR Abteilung, wegen der neuen Versicherungsrichtlinie, die ab Dezember eingeführt wird."
"Gut. Sonst noch etwas?"
"Eigentlich, ja. Da ist noch etwas.", begann sie vorsichtig. "Ich habe mich dazu entschlossen, die Dienststunden von Rose zu übernehmen, damit sie Thanksgiving mit ihrer Familie verbringen kann."
Er hob seinen Kopf langsam zu ihr hoch, als könnte er es fast nicht glauben was er gerade hörte. "Wie bitte?"
Reys Mund wuchs zu einer schmalen Linie und sie streckte ihr Kinn entschlossen höher. "Ich werde ihre Stunden übernehmen."
Er starrte sie weiterhin ungläubig an und sie hielt seinem Blick stand ohne den Augenkontakt zu brechen. "Warum sollten Sie das tun?"
"Weil ihre Schwester nach Monaten im Ausland, endlich wieder in New York ist. Und ich dachte das wäre einfach wichtiger als meine Pläne."
"Haben Sie etwa nichts vor?" Sein Gesicht war wie erstarrt.
"Eigentlich habe ich sogar mehrere Einladungen erhalten, aber wie ich es auch schon Rose erklärt habe: Ich bin aus London. In Europa wird Thanksgiving nicht gefeiert, also ist es keine große Sache." Sie gab ihr bestes um den Anflug von Bedauern zu verstecken. Als eine Frau die ohne Familie, ohne Zuneigung oder Wärme aufgewachsen war, die nun Freunde zu hatte welche sie als Familie anerkannten, war es wirklich eine große Sache. Aber das würde sie niemals vor dieser Person zugeben.
"Sind Sie immer so selbstlos?", fragte er während er seinen Kopf ein wenig zur Seite lehnte, was bewirkte das seine vollen, verdammt gut aussehenden Haare, über seine Stirn fielen. Sie spürte den unergründlichen Drang in sich aufsteigen, ihre Finger durch diese dunklen, glänzenden Locken fließen zu lassen.
Rey war nun wütend. Einerseits wegen seiner unfreundlichen Haltung und andererseits wegen ihrer unangemessenen Gedanken, weshalb sie ein wenig zu scharfzüngig antwortete. "Ich versuche es zumindest. Die Welt könnte ein wenig mehr Freundlichkeit und Rücksicht von anderen vertragen, denken Sie nicht?"
Ihre Bemerkung ging nicht spurlos an ihm vorbei und Rey könnte schwören das sie den Ansatz eines verschmitzten Lächelns auf seinen Lippen gesehen hatte. Doch so schnell wie es aufgetaucht war, war es auch schon wieder verschwunden, weshalb sie nun ein wenig an ihren Sinnen zu zweifeln begann.
Ben Solo lachte nie.
"Wenn das Ihre Entscheidung ist, dann werde ich Sie nicht aufhalten können, nehme ich mal an."
Er deutete in Richtung Tür, als Zeichen, dass er ihre Dienste momentan nicht länger benötigte. Rey nickte und drehte sich halb um, doch zögerte einen Moment.
Ich sollte ihn fragen...
Sie biss sich auf die Lippe und wägte ab ob sie es ansprechen sollte. Dabei war sie so vertieft, dass sie nicht bemerkte wie ihr Boss sie er sie von seinem Platz aus anstarrte. Erst als er schwer schluckte wurde sie wieder zurück in die Realität befördert.
Rey erschrak und erwiderte seinen Blick. Er schluckte erneut und seine Stimme nahm plötzlich wieder diesen rauen, bedachten Ausdruck an. "Gibt-" Er räusperte sich und fuhr in dem gewohnt sterilen, eiskalten Ton fort. "Gibt es noch etwas, Miss Ridley?"
Sie atmete tief ein. Sie musste einfach...
"Ich-"
Ihre Stimme erstarb, genau so wie ihr Mut.
"Sie was?" Rey wollte gerade fortfahren, doch er unterbrach sie erneut. "Miss Ridley. Offensichtlicherweise beschäftigt Sie etwas. Ich schlage vor das Sie sich entweder setzten und mir erzählen was los ist, oder endlich gehen damit ich meiner Arbeit nachgehen kann. Ihr Zögern vergeudet unser Beider Zeit, meine sowohl als auch Ihre. Und das kann ich nicht erlauben."
Da war etwas in seinen Augen, dass sie irgendwie zu ihm hinüber zu seinem Schreibtisch zog. Sie setzte sich ihm gegenüber und verschränkte die Arme.
"Also." Ihr Boss lehnte sich in seinem Stuhl zurück und sah sie durchdringen an. "Raus damit."
Rey biss sich auf die Lippe und platzte heraus: "Mein Visa läuft bald aus."
Ben Solo zog hob seine Augenbraue. "Tatsächlich?", murmelte er leise.
"Ja, wirklich. Und sollte mein Arbeitgeber nicht einwilligen, meinen Arbeitsvertrag zu verlängern und meine Papiere zu unterschreiben, werde ich Ende des Jahres abgeschoben."
Ohne ein Wort starrte er sie an und schien ihre Aussage langsam zu verarbeiten. Mit dem Zeigefinger fuhr er sich unbewusst über seine Oberlippe. Rey erstarrte und könnte nicht anders als sich diese rosigen, verlockenden Lippen auch bei anderen Aktivitäten vorzustellen. Ohne Vorwarnung tauchten diese Bilder plötzlich in ihren Gedanken auf und sie sah verlegen auf den Boden. Sie mochte diesen Mann gegenüber nicht mal, aber das war das zweite Mal innerhalb von ein paar Minuten, dass sie unangemessene Gedanken über ihn hegte.
"Und warum sollte ich dem zustimmen?"
"Wie bitte?", fragte sie, deutlich von Unglauben gezeichnet.
"Sie haben mich schon richtig verstanden. Sie sagten, dass Ihr Vorgesetzter - der ich in diesem Fall bin - zustimmen muss um den Vertrag zu verlängern und den Antrag zu unterschreiben. Meine Frage lautet: Warum sollte ich das tun?"
—————————————————————
Danke fürs weiterlesen lmao. xD
DU LIEST GERADE
Yes I do, Boss
FanfikceRey Ridleys befristetes Arbeitsvisum ist kurz vor dem auslaufen. Sie benötigt dringend die Unterschrift von ihrem Boss um den Antrag zu erneuern und ihren Aufenthalt zu verlängern. Das Problem dabei ist nur das ihr Boss, der berüchtigte Ben Solo, ei...