12. Welcome back

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Mai 2004, London

Ich saß mit Alex und Jona zusammen auf dem Teppich im Wohnzimmer unseres Apartments im Kensington Palast. Harry und ich waren für eine ganze Woche nach London gekommen um an der Chelsea Flower Show und verschiedenen Veranstaltungen rund um die Feierlichkeiten teilzunehmen, außerdem würde am Donnerstag der erste Fundraiser für Marshalls WHAM-Foundation in London stattfinden. Marshalls Team hatte eine Gala mit Sängern und Schauspielern organisiert, zu der auch ich eingeladen wurde. Marshalls und meine Kommunikation war seit seiner Hochzeit und unserem letzten Telefonat im Januar immer weniger geworden. Dafür hatten Paul Rosenberg, Marshalls Manager, und ich umso mehr Kontakt. Paul kannte sich in London überhaupt nicht aus und hatte fast jeden Tag irgendwelche Fragen zur Veranstaltung, welchen Caterer man nehmen sollte, wo man die besten Leute her bekam und welchen Club man auf keinen Fall für die Afterparty buchen sollte. Manchmal machte ich morgens meinen Laptop auf und hatte 15 neue Mails von Paul mit Fragen. Und dann gab es wieder Tage da schrieb er mir einfach nur in Panik. Über Marshall sagte er nie was. Zweimal hatte er ein paar Bilder von den Mädchen und ihm im Studio angehangen, aber das war es auch schon. Marshall schien glücklich zu sein, mit Kim und seinen Mädchen und das freute mich sehr für die fünf. Ich vermutete ganz stark, dass Kim ihn den Kontakt zu mir untersagte, wobei ich mir sehr gut vorstellen konnte, dass sie ihm nicht den Kontakt zu mir expliziert untersagte, sondern einfach zu allen Frauen. Mit Marshalls Vergangenheit konnte ich sie sogar ein bisschen verstehen. Umso überraschte war ich gewesen, als Marshall mir letzte Woche aus dem Nichts eine Email geschrieben und gefragt hatte, ob er und die Mädchen uns vor der Gala besuchen kommen konnten. Natürlich hatte ich ja gesagt und mich tief im Innersten total gefreut. Jetzt saßen wir also im Wohnzimmer und warteten auf die vier. Marshall hatte nicht gefragt, ob auch Kim kommen konnte und Harry war den gesamten Tag bei einem Truppen-Manöver und anschließendem Garde-Empfang. Ich hatte vorgeschlagen, dass wir abends zusammen mit Marshall und den Mädchen etwas essen könnten, aber dafür hatte mein Mann nicht wirklich etwas übrig gehabt. Das Klingeln der Haustür riss mich aus meinen Gedanken, ich stand auf und war nur einen Augenblick schneller als Alex, der unbedingt die Tür öffnen wollte, während Jona ganz entspannt weiter auf seiner Spieldecke im Wohnzimmer rum rollte. Seine Haare waren in den letzten Monaten immer dunkler geworden, aber seine wunderschönen blauen Augen waren nach wie vor strahlend klar und tief. „Ich mach auf!", verkündete Alex und drückte sich an mir vorbei zur Tür. Ich lächelte und nickte zu stimmend. Als er die Tür auf zog stand Marshall mit Whitney auf dem Arm und Hailie an seiner Hand vor uns. Er trug dunkle Jeans und einen viel zu großen Kapuzenpullover. Alaina stand vor ihm und schaute zwischen ihm und mir hin und her. Die Mädchen trugen Jeans und pinke Pullover, die ähnlich aussahen wie Marshalls eigener Pullover. Hinter Marshall stand Jason in seinem schwarzen Anzug und räusperte sich, „Herzogin, Mr. Mathers mit Miss Alaina, Miss Hailie und Miss Whitney Mathers sind eingetroffen." Ich biss mir auf die Wangen um nicht laut zu lachen. Ein bisschen tat Jason mir leid, eigentlich kündigte das Personal alle Besucher an, aber Marshall und seine Mädchen schienen schneller gewesen zu sein. „Danke Jason!", sagte ich und entließ ihn damit. Ich richtete meine gesamte Aufmerksamkeit auf Hailie und Alaina, die bereits im Flur standen und ihre Schuhe auszogen. „Mädchen!", ermahnte Marshall die beiden, aber ich winkte nur ab. „Hallo ihr beiden, was habt ihr denn für coole Pullover an?", ich ging auf die Knie damit ich die beiden umarmen konnte. Auch nach all diesen Monaten schien ich ihnen nicht fremd zu sein und die beiden sprangen kreischend in meine Arme. „Kat, wir haben sogar Glitzer!", erklärte Hailie und ließ ihre Finger über das glitzernde Pferd auf ihrer Brust streifen. „Dein Pferd glitzert aber nicht so. Können wir deine Pferde wiedersehen. Ich kann auch Möhren mitnehmen!", fragte Alaina und drehte sich zu mir um. Mittlerweile hatte Marshall die Tür hinter sich zugedrückt und gab Alex ein High-Five. „Können wir nachher machen!", sagte ich zu Alaina und drehte mich zu Marshall um. „Hi!", sagte leise ich und stand auf. Hailie hielt weiterhin meine Hand fest. Zum ersten Mal erlaubte ich es mir selbst meinen Blick über Marshall fliegen zu lassen. Er sah müde aus, müde und abgekämpft. Seine Haare hatten wieder ihre natürliche dunkle Farbe, die ich eigentlich nur aus 8 Mile kannte. Er trug eine kleine Brille anstatt seiner Kontaktlinsen und wirkte schmaler als auf den Bildern, die ich von ihm in letzter Zeit gesehen hatte. „Hi!", erwiderte Marshall und streckte seinen Arm nach mir aus. Ich ließ es geschehen und spürte wie er mich an sich drückte und seine Arme um mich legte. Ich erwiderte seine Umarmung und schlang meine Arme um seinen Hals. Ich vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge und atmete seinen Duft ein. Er roch herb, aber auch warm und leicht nach Zigarettenqualm. „Wie geht es dir?", nuschelte ich an seinem Hals und löste mich langsam wieder von ihm. Ich streckte meine Arme nach Whitney aus und er ließ mich sie halten. Alex stürmte voraus ins Wohnzimmer und ich folgte ihm mit Whitney auf dem Arm und Hailie an meiner Hand. Ich warf einen Blick auf Marshall und fragte, „Kommt ihr?" Er schob Alaina vor sich her und folgte uns ins Wohnzimmer. Ich deutete auf die Couch und Marshall ließ sich darauf fallen. Die Mädchen knieten mittlerweile um Jona herum auf seiner Decke und spielten mit seinen Spielsachen. Whitney saß noch immer auf meinem Schoß und schaute sich das ganze Schauspiel lieber aus sicherer Entfernung an. Wieder schaute ich Marshall an. Er sah so fehl am Platz in unserem historischen Sitting Room aus. Die Jeans und der Hoodie standen im starken Kontrast zu den geschwungenen Beinen des alten Sofas mit den Blumenkissen und den Art Deco Lampen. Marshall schien erst jetzt seine Umgebung genau zu registrieren. „Schön habt ihr's hier!", sagte er sarkastisch, während sein Blick an dem prunkvollen Kamin hängen blieb. „Ich hab mir die Einrichtung nicht ausgesucht!", erklärte ich kurz ab und war ein bisschen verletzten. Nach fast sechs Monaten ohne Kontakt war das sein erster Gedanke. Marshall atmete tief durch und schaute mich dann direkt an, „Es ist schön dich zu sehen! Ich hab dich vermisst!" Meine angespannten Muskeln entspannten sich langsam und ich schenkte ihm ein warmes Lächeln. „Ich dich auch! Wie geht es dir?", wiederholte ich meine Frage von vorhin. Marshall atmete erneut tief durch und ließ sich noch weiter in die Kissen fallen. „Ging mir schon mal besser!", sagte er und legte den Kopf zurück. Ich schaute ihn aufmerksam an und biss mir auf die Lippen. Sollte ich vielleicht nicht nachfragen was genau los war und vielleicht besser warten bis er etwas sagte. Ich merkte, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. „Was ist los Marshall?", fragte ich ihn, ich konnte nicht warten. Ich ungeduldige Kuh. Marshall schien überall hin zu schauen, nur nicht zu mir. Die Kinder hatten mittlerweile Alex Duplo Kiste entdeckt und waren gut beschäftigt. Marshall fuhr sich mit der flachen Hand durch die Haare und übers Gesicht. „Kim und ich haben uns getrennt. Die Scheidung läuft schon!", sagte er zerknirscht. Ich schluckte schwer. „Oh Marshall, was ist denn passiert?", wollte ich wissen und setzte mich aufrecht hin. Ich ließ Whitney von meinem Schoß rutschen, damit sie zu den anderen rüber tapsen und mitspielen konnte. Marshall schien sich seine nächsten Worte ganz genau zu überlegen wollen. Er schaute zu den Mädchen rüber und senkte seine Stimme, „Sie hatte einen anderen. In unserem Bett!" Wut flackerte in seinen Augen auf. „Während die Mädchen im Haus waren. Ich war im Studio und als ich wieder kam saßen die Kinder auf der Couch und sie war oben mit dem Arsch zugange!", seine Stimme triefte geradezu vor Verachtung und wurde mit jedem Wort ein bisschen leiser, nur um sicher zu gehen, dass die Mädchen nichts mit bekamen. Ich schlug die Hand vors Gesicht und schüttelte den Kopf, „Oh nein Marshall, das kann doch nicht wahr sein. Wieso macht sie sowas. Ich hab gedacht ihr wärt glücklich und würdet an eurer Beziehung arbeiten! Auch für die Mädchen!" Marshall zuckte mit den Achseln, „Das habe ich eigentlich auch gedacht! Aber so war es wohl nicht so!" Ich seufzte, „Und wie geht es jetzt weiter? Wissen die Mädchen es schon?" Marshall schüttelte den Kopf, „Nein, die Mädchen wissen es noch nicht. Wir sind erstmal hier hingekommen. Aber ich hab schon die Scheidung und einen Antrag auf alleiniges Sorgerecht einreichen lassen." Mein Herz rutschte mir in die Hose. So wenig wie ich Kim leiden konnte, so sehr hatten die Mädchen es nicht verdient schon wieder durch eine Scheidungsschlammschlacht geprügelt zu werden. Die dieses Mal wahrscheinlich auch um einiges öffentlicher sein würde als die Letzte. „Ach Marshall!", stöhnte ich und stand auf um mich neben ihn zu setzen. Er saß zusammen gefallen auf der Couch und sah so hilflos aus. „Ich hab wirklich gedacht, dass es dieses Mal anders wird. Besser für die Mädchen. Sie werden größer und bekommen alles mit. Sie ist clean und hätte alles haben können. Aber sie schmeißt alles wieder weg!", er klang so traurig. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, also legte ich einfach meine Arme um ihn und drückte ihn ganz fest. Er legte die Hände auf meinen Arm und lehnte sich in mich rein.

Ich drückte ihn fest an mich. Ich wollte ihn trösten, wollte das es ihm nicht schlecht ging. Er hatte was Besseres verdient. Alaina, Hailie und Whitney hatten etwas Besseres verdient. „Du bekommst das wieder hin. Du bist ein toller Dad und die Mädchen können froh sein dich zu haben!", nuschelte ich in sein Sweatshirt. Ich spürte Marshalls Tränen an meinem Hals und ließ meine Daumen über seine kurzen braunen Haare gleiten. „Es wird alles wieder gut!", flüsterte ich und beobachtete die Kinder über seine Schulter hinweg. Es schien sie gar nicht zu interessieren was sich gerade auf der Couch abspielte, viel mehr waren sie damit beschäftigt eine Mauer aus Decken und Kissen rund um Jonas Krabbeldecke zu bauen. Alaina und Hailie stapelten Decken und Kissen übereinander und schlossen Whitney, Alex und Jona darin ein. Marshalls Atem beruhigte sich langsam, sein Brustkorb hob und senkte sich langsam. Plötzlich spürte ich wie seine Hand zwischen meine Oberschenkel glitt und er mich ein Stück von sich weg schob, um mich an zu schauen. Marshall sah mich aus klaren blauen Augen an, während seine andere Hand mir eine Strähne Haare hinters Ohr strich, er zog mich näher an sich heran. Ich konnte seinen wunderbaren Duft in meiner Nase riechen und spürte seinen warmen Atem auf meinem Gesicht als seine Lippen meinen immer näher kamen. Mein Herz begann schneller zu schlagen und ich spürte wie mein Hals trocken wurde. Kurz bevor sich unsere Lippen berührten zog ich mein Gesicht weg. „Marshall wir können nicht!", sagte ich atemlos und warf einen hektischen Blick auf die Kinder, die noch immer in ihr Spiel vertieft waren. Marshall sagte nichts bewegte sich, aber auch nicht. „Du bist verletzt und brauchst Nähe.", versuchte ich sein Verhalten ihm und auch mir selbst zu erklären, „Ich bin mit Harry verheiratet, glücklich!" Meine Stimme versagte fast, als er seine Hand immer weiter meinen Oberschenkel hinauf schob. „Du hast gesagt, du vermisst mich!", sagte er mit ruhiger Stimme und ließ den Blick nicht von mir ab. Ich griff nach seiner Hand und legte sie behutsam zurück in seinen eigenen Schoß. „Ja, das bedeutet, aber noch nicht, dass ich so etwas mit dir machen will! Ich habe Harry!", sagte ich und versuchte uns beide von meinen Worten zu überzeugen. Marshall sagte nichts und schaute mich einfach nur weiter an. Erst Hailies Stimme riss uns aus unserer kleinen Blase und gerettete vielleicht meine Ehe. „Was Baby?", fragte Marshall und stand auf. Er ging zu den Kindern rüber und kniete sich mit ihnen auf die Decke. Ich atmete tief aus und schaute ihm dabei zu, wie er Whitney und Jona zu gedeckte. Ich beobachtete ihn und fragte mich was hier gerade passiert war? Hätte ich ihn wirklich geküsst? Sollte ich Harry heute Abend davon erzählen? Diesen Gedanken verwarf ich genauso schnell wie er mir gekommen war. Was machte Marshall nur mit mir?

Second Chances (Eminem Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt