Kapitel 40: Die Vergangenheit loslassen

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Tag 20: Samstag

Luc (P.O.V.)

Mein ganzer Körper schmerzte von dieser behinderten Injektion und dem Liegen auf dem harten Betonboden, doch trotzdem öffnete ich ganz langsam meinen Augen. Verwirrt und noch nicht ganz wach zog ich die Augenbrauen zusammen, nachdem ich bemerkte, dass ich mich nicht mehr mit Ketten an der Wand, sondern in einem stählernen Käfig befand und sah mich wieder mal erst um. Ich hielt jedoch sofort die Luft an, als ich Rhys nicht weit von mir, immer noch an der Wand hängen, sah und mir stiegen erneut Tränen in die Augen. Er sah gar nicht gut aus und mittlerweile hingen zwei Infusionen an ihm. Das eine sah aus, wie Blut und das andere war eine klare Flüssigkeit, weshalb ich nicht genau sagen konnte, worum es sich dabei genau handelte. Aber es konnte ganz bestimmt nichts Gutes sein und meine, sowie so schon vorhandene Sorge, stieg weiterhin an.

Schmerzhaft keuchend, da mein Körper immer noch gegen mich rebellierte, setzte ich mich auf und lehnte mich so mit dem Rücken an die Gitterstäbe, sodass ich geradewegs zu Rhys sehen konnte. Eine Zeit starrte ich ihn nur an und hing meinen Gedanken nach, doch ein lauter Knall ließ mich erschrocken zusammenzucken. Darauf folgten laute Schritte, die immer näherkamen und kurze Zeit später vor mir zum stehen kamen.

„Du bist echt hartnäckig, Kleine, dass muss man dir lassen. Ich hätte nicht gedacht, dass du je wieder aufstehen würdest, aber na gut, mein Plan lässt sich auch noch umwerfen", drang die nervige Stimme von Rhys' kranken Vater zu mir durch und dieses Mal war ich es, die ihn mit einem finsteren Blick ansah. „Fahr zur Hölle", knurrte ich ihn wütend an und es war mir egal, dass meine Stimme sich rau anhörte, da ich lange nichts mehr getrunken hatte, und ich ihn nicht mehr siezte. „Später vielleicht", war sein belustigtes Kommentar dazu und lief auf Rhys zu, um bei seinen Infusionen zu gucken. „Was ist das Zeug?" fragte ich ihn trotz allem neugierig, wollte aber auch nicht meine Abneigung dagegen verbergen. „Etwas das mir hilft, ihn willenlos zu machen und ganz nach meinen Befehlen handeln lässt", war seine knappe Antwort grinsend und geschockt sah ich ihn an, musste erstmal realisieren, was er da gerade gesagt hatte. „W-wie bitte?" fragte ich sicherheitshalber nochmal nach, hoffte ich hatte ihn einfach nur falsch verstanden. „Du hast mich schon richtig verstanden, Kindchen. Wenn das hier leer ist, dann wird es den Rhys, den du glaubtest zu kennen, nicht mehr geben und ich allein werde die Kontrolle über ihn haben. Dann kannst nicht mal mehr du mit deiner Gefühlsduselei etwas dagegen unternehmen können", erklärte er mir mit einem warnsinnigen Grinsen auf den Lippen und verzweifelt sah ich zu den Infusionen, die nicht mal mehr zur Hälfte gefüllt waren. Das alles konnte nicht sein, Rhys würde das niemals zu lassen? Er würde niemals Befehle von jemand anderes annehmen, dafür war er zu stur und er hasste seinen Vater. Für ihn würde er erst recht nichts unternehmen, daran glaubte ich fest. Ich konnte das nicht glauben, ich wollte es auch gar nicht und vertraute weiterhin auf Rhys, meinen Rhys, dass er das ganze durchstehen würde.

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Trotz, dass ich gesagt hatte, ich würde auf Rhys vertrauen, hatte ich nervös dabei zugesehen, wie die letzten Tropfen durch den Schlauch in seinen Körper geflossen waren. Unbewusst hatte ich doch Angst davor, dass das Gesagte von dem alten Mann wahr sein könnte und knetete deshalb schon eine gefühlte Ewigkeit unruhig meine Hände. Währenddessen saß Rhys' Vater mit einem siegessicheren Grinsen auf einem Stuhl und sah abwartend zu Rhys, da wir beide darauf warteten, dass er die Augen öffnete. Mein Herz raste in meiner Brust vor Aufregung, Angst und Sorge, doch ich besaß immer noch Hoffnung, dass alles gut werden würde. Zwar nicht viel, aber sie war da.

Tja, und dann geschah es, Rhys schlug auf einmal die Augen auf und ich musste nervös schlucken, als ich sah, dass seine Augen, die von Tao waren, dunkelrot. Grinsend stand der alte Mann auf und trat langsam auf seinen Sohn zu, welcher ihn mit einem wachsamen Blick beobachtete. Doch nichts passierte, als er dicht vor Rhys stehen blieb, Rhys bewegte nicht mal einen Muskel und ich wusste nicht, ob mich das beruhigen oder beunruhigen sollte. Ich konnte die Situation gar nicht einschätzen und genau das bereitete mir eine Heidenangst.

A.B.E.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt