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Pov. Simon

Gelangweilt sitze ich in meiner Klasse und höre Frau Müller halbherzig zu. Diese erzählt uns gerade ausschweifend wie die Klassenfahrt aussehen soll, die übernächste Woche beginnt.

Klassenfahrt. Na toll!

Für viele ist so eine Klassenfahrt was richtig tolles, habe ich gehört. 'Endlich mal raus von zu Hause' ; 'Urlaub ohne Eltern. Voll Toll!' ; 'Machen was man möchte, weil uns die Alten ja nicht immer beaufsichtigen kann' , höre ich hier und da. Ich, für meinen Teil, mag Klassenfahrten nicht. Da sind knapp 25, spätpubertäre Kinder in einem Hotel eingepfercht und nur zwei oder drei Erwachsene, die ,aber auch nur eventuell, einige von ihnen im Griff bekommen können. Aber vor allem hat man ja auf so einer Klassenfahrt einen Tagesplan, den es zu erfüllen gibt. Das ist mein größtes Problem. Und dieser Plan, den Frau Müller so energisch zu vermitteln versucht klingt ziemlich anstrengend.

Versteht mich nicht falsch, ich habe ja nichts gegen Sport, aber ich hasse es mich unnötig Stress auszusetzen. Deswegen strenge ich mich auch nur in soweit an, dass ich alles mache was verlangt wird, aber halt auch kein Stück mehr.

Genervt seufze ich auf und lege meine Kopf auf meine Arme, die schlaff auf meinem Pult ruhen. In dieser Woche hätte ich in aller Ruhe meine Bücher lesen können, Videospiele spielen können, oder sonst was. Aber nein! Ich darf mit meinen Mitschülern in den Alpen wandern gehen. Das wird ein Spaß!

Ich schließe meine Augen und höre dem gleichmäßigem Redeschwall nun kaum mehr zu. Meine Gedanken driften immer mehr von der Schule und meiner netten, aber zum großen Teil nervigen Klasse in Richtung Freizeit.

Wahrscheinlich wartet Sandi, meine kleine getigerte Katze schon auf mich. Bei dem Gedanken muss ich schmunzeln. Immer wenn ich aus der Schule heim komme begrüßt sie mich mit einem ernsten Gesicht. Sie wartet immer auf dem gleichen Stein unseres Vorgartens, mauzt mich an und wir gehen dann zusammen in die Küche und es gibt Kaffee. Sandi bekommt eine Schüssel Katzenmilch und ich, nun ja, das was ich finde.

Ich träume noch etwas vor mich hin, bis mich das schrille klingen der Pausenglocke aus meinen Gedanken schreckt. Schnell packe ich meine Sachen in den Ranzen und mache mich auf den Weg aus dem Schulgebäude. Zum Glück war das die letzte Stunde. Auch wenn es nicht so toll ist, dass ich am Freitag in einer solchen Sommerhitze bis zum späten Nachmittag in der Schule rumhocken musste, ist der Tag verhältnismäßig schnell um gewesen.

Ich gehe die Stufen der Schule hinab und schaue auf. Überall sind Kinder, die wild umherlaufen, sich gegenseitig verabschieden, Mitschüler aufhalten und so weiter. Vereinzelt sehe ich auch Eltern, die ihre Kinder einsammeln, oder es wenigstens versuchen. Ich wende meinen Blick wieder ab, stecke mir meine Kopfhörer in die Ohren und gehe meine üblich Route. Ich schaue auf meine Uhr. Bis nach Hause brauche ich ca. 15 Minuten. Das heißt ich habe noch genug Zeit, bis mein Vater nach Hause kommt. Meine Eltern sind geschieden, wohnen aber nicht weit von einander entfernt. Trotzdem sehe ich meine Mutter kaum. Ich würde meinen Vater auch deutlich weniger sehen, wenn ich nicht bei ihn wohnen würde. Ich habe nichts gegen meine Eltern; Ich mag Menschen generell nur wenig. Ich bin lieber allein, oder in Begleitung meiner Sandi.

Wie üblich stehe ich nach knapp 15 Minuten vor dem, mit braunen Holzdielen geschmückten, Einfamilienhaus in dem ich wohne. Und auch Sandi sitzt auf ihren Platz und schaut mich ernst an. Als ich an ihr vorbeigehe hüpft sie vom Stein und schlendert durch meine Beine bis hin zur Tür. Schnell schließe ich auf und gehe mit meinem kleinen Liebling in die Küche. Ich schütte etwas Katzenmilch in Sandis Schale und mache mir selbst Cornflakes.

Danach gehen wir beide in mein Zimmer und ich werfe mich in mein Bett. Nach einigen Sekunden springt Sandi zu mir und legt sich auf meinen Oberkörper. Lächelnd streichele ich sie und suche mit der anderen Hand nach meinem Headset. Als ich es gefunden habe setze ich es mir, unter Protest meines Kätzchens, auf und stecke das Kabel in mein Handy. Einige Minuten klicke ich mich durch die neusten Nachrichten und schau auf Instagram nach dem Rechten. Viel Neues gibt es allerdings nicht. Gelangweilt öffne ich Netflix und schaue mit Sandi einen Film.

Irgendwann schaut mein Vater in mein Zimmer.

"Ich bin wieder da. Und du hast Post.", merkt er an, bevor er mir ein Päckchen in die Hand drückt und wieder verschwindet. Mein Vater ist eigentlich immer mit etwas beschäftigt. Nach der Arbeit geht er meistens Fahrradfahren oder geht zu seiner neuen Freundin. Heute bin ich mir allerdings nicht so sicher, was es wird. Ist mir aber auch eigentlich egal.

Nun widme ich meine Aufmerksamkeit dem kleinen Paket in meiner Hand. Hatte ich etwas bestellt? Eigentlich ja nicht. Was ist da wohl drin? Ich schaue es mir genau an. Es ist, von außen betrachtet, nur ein unscheinbares, kleinen, stinknormales Päckchen. Und es ist auch an mich Adressiert. Komisch ist nur, das es keinen Absender gibt. Das heißt schonmal, das das Päckchen nicht mit der Post verschickt worden sein kann.

Meine, von Natur aus, große Neugier drängt mich dazu das Päckchen zu öffnen. Ich nehme mir also eine Schere und scheide das Klebeband, welches um das Päckchen geklebt ist, vorsichtig auf.

Als ich es öffne sehe ich geknülltes, babyblaues Papier. Als ich genau hinschaue, erkenne ich eine Plastikecke, die aus dem Füllstoff hinausragt. Ich nehme eine kleine, mit goldenen Schnörkeln verzierte Schatulle aus dem Päckchen, die natürlich auch gleich geöffnet wird. Jetzt ist es ja eh zu spät. In der Schatulle befindet sich ein Kuvert, mit meinem Namen in schöner Handschrift darauf. Es sieht aus, als hätte der Absender einen Füller benutz. Hätte es nicht auch einfach eine mit Computer getippte Nachricht sein können? Handschriftlich dauert sowas ja viel länger! Ich beschließe den Inhalt des Kuverts später in Augenschein zu nehmen und lege es deshalb bei Seite. Unter dem Kuvert kommt ein, in das samtige Polster eingebettetes, Armband zum Vorschein. Es ist ein einfaches Armband, dennoch sieht es sehr teuer aus. Es ist aus Leder, oder etwas ähnlichem und ein tiefschwarzer Stein ist darin eingeflochten. Vorsichtig ziehe ich das Armband aus der Halterung und schaue es mir genauer an.

Wer würde mir so ein Geschenk machen?

Schnell binde ich das Armband um mein Handgelenk und wende mich dem Kuvert zu. Jetzt will ich unbedingt wissen, wem ich so etwas Hübsches zu verdanken habe.

You're not my f*cking Daddy!!!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt