Kapitel 4

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Kapitel 4


Taddls Sicht:


„Manu…“, ich sprach es beinahe lautlos aus, aber ich bin mir sicher, dass er es gehört hat. Zitternd nahm ich sogleich ein wenig Abstand von ihm. Ich wollte ihn auf keinen Fall bedrängen. Außerdem brauchte ich jetzt ein wenig Raum.
Wieder inhalierte ich die kalte Nachtluft ein, bildete mir ein, sie würde mir ein wenig Mut zukommen lassen.
„Manu, bitte… bitte tu mir nichts... Unüberlegtes an“, meine Stimme zitterte stark, „Ich… mag dich. Aber, nein, ich mag dich sehr. Ich mag dich zu viel… ich… bitte hass‘ mich jetzt nicht. Ich möchte nur, dass du es weißt!“
Dann herrschte Stille.
Weder die Blätter, die zuvor noch ein angenehmes Rascheln von sich gaben, noch die Winde machten sich bemerkbar. Als stände die Zeit still. Genau wie mein Herz.
Plötzlich zuckte ich zusammen.
Manu hatte angefangen mir sanft an der Schulter zu rütteln, als mir unbemerkt eine Träne die Wange hinablief. Hatte er eben etwas gesagt?


„Taddl…“
Ich sah auf in seine wunderschönen grünen Augen. Ich hatte wirklich nur Pech. Nicht nur dass der Charakter, die Eigenschaften und die Macken Manuels perfekt waren… Nein, das Aussehen machte mich auch noch schwächer. Er war zwar kein Adonis, aber er war auf keinen Fall hässlich.
Von seinen Augen trennte ich mich erst, als er wieder zum Sprechen ansetzte.
„Taddl, ich… weiß nicht genau was ich sagen soll…“
Seine intensiven, grasgrünen Augen schauten an mir vorbei. War er angewidert? War er schockiert? Ich konnte es nicht sehen. Ich konnte einfach keine Gefühle mehr unterscheiden.

„Manuel?“, fragte ich vorsichtig.
Jedoch reagierte er nicht. Immer noch schaute er auf einen Punkt hinter mir.
„Manu?“, rief ich jetzt etwas dezenter. Wieder nichts.


Ich kann mich nur noch daran erinnern wie er aufstand und einfach ging. Ohne ein Wort lief er an mir vorbei und machte nicht den Anschein umzudrehen. Ich blickte ihm noch lange nach, solange bis ich nicht einmal mehr seine Umrisse erkennen konnte und selbst dann starrte ich immer noch auf diesen Punkt. Auf diesen nicht vorhandenen Punkt, welcher gerade eben noch Manuel gewesen ist.

Ich frage mich bis heute was an diesem Abend noch geschehen ist. Wahrscheinlich saß ich einfach nur auf dieser Bank in der Dunkelheit. Irgendwann muss ich aber aufgestanden sein, um mich auf den Weg zu Manuel nach Hause zu machen. Eine andere Wahl hatte ich schließlich nicht. Meine Tasche befand sich noch bei ihm im Zimmer und mein Geld hatte ich auch nicht dabei. Außerdem wäre es nicht gerade sinnvoll dem Gespräch aus dem Weg zu gehen.
Jedenfalls wachte ich auf dem Sofa der Büttinger auf. Ich weiß nicht wie ich hierher kam und warum ich hier eingeschlafen war, aber das war und ist mir egal. Das einzige was ich wissen muss… ist hoffentlich im Zimmer nebenan. 

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