Kapitel 14 + Epilogue

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Kapitel 14 - Finale

Manus Sicht:

Verdammt! Ein kleiner Moment der Unaufmerksamkeit, hat meinen Plan komplett ruiniert. Schnell sprang ich auf. Stand nun neben dem Bett und distanzierte mich weiter, um genug Sicherheitsabstand zu schaffen. Er wird mich nicht töten. Das kann er nicht!

Und so konnte ich auch zufrieden beobachten wie er sich zitternd mit erhobenen Händen, in einer das Messer, aufrichtete und mich mit feuchten Augen fixierte. Es sieht nicht so aus, als ob er etwas Hektisches vorhat. Er macht eher den Anschein jeden Moment zusammenzubrechen. So zart, schwach und zerbrechlich…
Bei diesen Gedanken kribbelte es erregend in meinem Bauch. Der Anblick eines hilflosen Taddls war aber auch wirklich zu köstlich.
Zu lange verweilte ich in meinen sadistischen Gedanken, sodass ich nicht schnell genug realisierte, dass Taddl auf mich zu gerannt kam. Sofort hob ich die Arme schützend vor mein Gesicht, doch es passierte nichts.
Stille. Lediglich das hektische Atmen und die flackernde Laterne draußen waren gering zu hören.
Ich lebe, aber warum passiert denn nichts? Langsam, fast in Zeitlupe öffnete ich mein Augenlid einen Spalt, um hindurch zu sehen. Meinen Augen bot sich ein echt seltsames Bild. Na ja, ehrlich gesagt konnte man in dieser Dunkelheit kaum mehr als eine Silhouette erkennen. Doch das Merkwürdige an diesem Anblick war wohl, dass mein Gegenüber mit herabgelassenen Armen und Schultern, wackelig wie Pudding und zeitgleich so ruhig und elegant wie eine majestätische Katze, vor mir stand. Ist das vielleicht meine Chance? Doch noch bevor ich meinen Gedanken ausführen und mich überhaupt ein Stückchen bewegen konnte, wurde ich auch schon mit dem Becken an die Fensterbank und den Knöcheln an die Schalosien gepresst. Wie -?
„Wie zur Hölle hast du das geschafft…?“, entkam es krächzend aus meiner Kehle. Zu überrascht war ich, um meinen Schock zu überspielen. Schnell schluckte ich die aufkommende Panik wieder herunter, denn das hier war und ist immer noch mein Spiel. So ein schwächlicher und ängstlicher Betrüger wird hier nicht die Zügel in die Hand nehmen! Nicht mit mir…

„Schon wieder dreckig am Grinsen? Sieh doch ein, dass ich gewonnen habe, Manu—Nein, das ist nicht Manu!“, schrie er mir entgegen und das, obwohl mein Gesicht sich genau vor seinem befindet. Das ist alles die Angst, welche er mit Schreien versucht zu überwinden. Nichts weiter.
„Hast du Angst?“, brummte ich so tief wie ich konnte. Ein Aufzucken meines Freundes machte sich bemerkbar. Dies nahm ich als Bestätigung zu meiner Frage, doch bevor ich einen weiteren Satz herausbringen konnte, verfestigte sich der Griff an meinen Handgelenken.
„Angst?! Ja, die habe ich. Jedoch um dich, Manu. Wo ist der Manu den ich kenne? Wo ist mein allerbester Freund mit dem ich so viel Spaß hatte? Wo ist der Mann in den ich mich verliebt habe?!“

Wie…bitte? Lügen konnte er ja allgemein nicht sehr gut, doch das, was er mir gerade auftischte war so skurril, dass es… ich es… glaube. Doch wieso sollte er dies verheimlichen? Und wieso sollte er dann mein Gedächtnis manipulieren?
Verdammt, ich lasse mich durch so einen simplen Satz vollkommen aus der Fassung bringen.
Nun sammelte ich all‘ die Kraft die ich aufbringen konnte, um meine Arme und somit auch Taddl ein wenig von mir drücken zu können, doch ich erreichte nur, dass er mehr Druck ausübte und meine Hände weiter nach hinten drückte. Doch dort, wo ich nun hätte gegen Fensterglas stoßen sollen, befand sich nichts. Seit wann ist das Fenster offen? Das ist meine letzte Chance!

Siegessicher lächelte ich mein Gegenüber nun ein letztes Mal an, bevor ich mich nach hinten beugte und leise „Lebe wohl!“, hauchte. Doch ich konnte nicht springen. Nicht weil ich seelisch nicht im Stande dazu war, sondern weil ich gehalten wurde. Diesmal jedoch nicht brutal und gefährlich, sondern sanft und… liebevoll.
„Manu…“, flüsterte der Größere mir entgegen. Dies führte dazu, dass ich mich wieder umdrehte, die nervenden Schalosien ein wenig bei Seite schob und ihm wie hypnotisiert in die Augen starrte. Was ist das? Warum habe ich keine Kontrolle über mich selbst?
Nun… dies war auch das letzte Mal, dass ich sein wunderschönes Gesicht betrachten konnte. Es war ein… merkwürdiger und dennoch schöner & fesselnder Moment.

Seine strubbeligen Haare standen in alle Richtungen ab, was ihn noch harmloser erscheinen ließ. Sein markantes, blasses Gesicht umrahmte seine atemberaubenden Augen, welche mich unglaublich melancholisch musterten, feucht von der Angst, der Panik und der Trauer, wie ein makelloses Gemälde. Seine knubbelige Nase, welche stark herausstach, gab dem Gemälde noch einen Akzent. Und dann seine unheimlich unwiderstehlich-aussehenden, geschwungenen, schmalen Lippen. Sie gaben dem ganzen Bild den Rest, welcher es perfekt wirken ließ. Und auch bis heute weiß ich nicht warum ich Folgendes tat, doch ich tat es und ich bereue es nicht. Entspannt lockerte ich meine Muskeln, schloss meine Augen und beugte mich schnell nach vorn.
Es war mein erster Kuss mit einem Mann und es war atemberaubend. Es fühlte sich alles schwerelos an und meine Lippen wurden sanft von den seinen verwöhnt. Doch so schnell ich mich auch nach vorne beugte, beugte ich mich auch wieder zurück und sprang. Es war ein schneller, flüchtiger Kuss. Es mag vielleicht eine Ablenkung zur Flucht gewesen sein, doch die Gefühle, die diesen Kuss erfüllten, waren echt. Ich hörte noch Taddl laut nach meinem Namen rufen. Doch ich war schon gesprungen. Auch wenn sich die Wohnung im zweiten Stock befand, landete ich mehr oder weniger auf meinen Füßen. So rannte ich auch nach kurzer Zeit los. Rannte. Spürte nicht den Schmerz, der meine Knie zu zerstören drohte. Spürte nichts. Sah nichts. Das einzige was ich wahrnahm, war die tiefe, verzweifelte Stimme Taddls, welche die Worte „Ich liebe dich“ in die Nacht verbannten. Dies war das letzte Mal, dass ich Taddl sah. Das letzte Mal, dass ich ihn gehört, gespürt und mit ihm gesprochen habe.

Doch ich dachte an ihn. Tag für Tag an den unbekannten Mann, welcher sich als mein bester Freund ausgab. Mich zu lieben schien. Den unbekannten Mann, der mir doch so bekannt war. Den Mann, den ich liebe.

Epilogue



Dies war die Geschichte von Taddl und mir, die doch hätte anders enden können. Nach diesem Ereignis hat meine Mutter es geschafft mich doch in ein Krankenhaus einzuweisen. Meine Erinnerungen konnten sie nicht vollständig herstellen, doch sie konnten zumindest meine ‚verrückte Seite‘, wie ich sie lieblich nenne, einsperren. Dort – tief drin in meinem Kopf – haust das Ungetüm vor sich hin und wartet auf einen Moment wieder meinen Kopf zu übernehmen. Doch so schwach werde ich nicht wieder werden! Niemals…

Es sind nun fast 3 Jahre vergangen, seitdem ich damals aus Taddls Wohnung geflüchtet bin.
YouTube Videos habe ich keine produziert. Generell habe ich meinen PC seitdem nicht einmal mehr hochgefahren. Mein Handy habe ich dort in Köln gelassen. Nichts ist mir geblieben von Taddl. Nichts. Nur das Bild, das Portrait, welches sich in mein Hirn eingebrannt hat. Für immer.

Inzwischen habe ich mir ein richtiges Leben aufgebaut. Mit Reallife-Freunden und all den Dingen. Ich war gerade mit einer Freundin unterwegs. Wir haben uns in das Café gesetzt, in welchem ich auch mit Taddl gesessen hatte. Damals nachdem ich mein Gedächtnis schon verloren hatte.
Erinnerungen sind das einzige was mir geblieben ist…
Wir tranken gerade an unseren Kaffees, als meine bekloppte Freundin plötzlich anfing los zu prusten und dabei fast ihr Getränk wieder zurück in die Tasse wandern ließ.
„Was ist denn mit dir?“, lachte ich auch schon los. Sie mag verrückt sein, doch damit kann ich leben. Schließlich war ich es auch mal.
„Guck doch mal! Da!“, sie deutete mit ihrem Zeigefinger aus dem Fenster auf einen jungen Mann, dem gerade eine Seite aus einer Zeitung ins Gesicht geflogen ist. Es sah wirklich sehr amüsant aus wie er mehrmals vergeblich versuchte sich das Papier vom Gesicht zu ziehen und es nicht schaffte. Nicht lange und auch ich lachte laut los, sodass uns schon genervte Blicke der anderen Café-Besucher zugeworfen wurden. Als ich versuchte meine Lautstärke etwas zu unterdrücken, schaute ich wieder aus dem Fenster auf den Mann. Sofort hielt ich inne und ein Stechen ließ mich zusammenzucken. Meine Kehle schnürte sich zu und ich fing an schwer zu atmen.
„Manu, alles okay bei dir?“, fragte meine Freundin besorgt, während sie mir ihre Hand beruhigend auf die Schulter legte.
Jedoch bekam ich zur Antwort nicht mehr als ein leise gestottertes „Der Mann…“ heraus und deutete zitternd  mit dem Finger auf eben den Mann, den wir zuvor ausgelacht hatten.

Dieser Mann… es war der eine Mann, nach dem ich mich die ganze Zeit gesehnt hatte. Er war es.



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Wie gesagt: Es wird wahrscheinlich ein zweiter Teil kommen, der dann hauptsächlich Romanze beinhalten wird.  Danke, fürs Durchlesen ♥ Man liest sich~

LG & Tüdellü
~Yuu

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