Kapitel 12

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Kapitel 12


Taddls Sicht: 

Einerseits habe ich mich schon gefreut, als Manu sich doch bei mir gemeldet hat. Andererseits klang es eher so, als ob er irgendetwas Negatives besprechen will oder so. Vielleicht hat er sich sogar erinnert. Ach, ich sollte mir nicht allzu viele Hoffnungen machen. Na ja, sind es doch eher Ängste als Hoffnungen.
Bis heute habe ich Niemandem von Manus Gedächtnisverlust erzählt. Auch Ardy weiß nichts von meinem Wochenende. Er denkt, es sei alles gut gelaufen und das sollte auch weiterhin so bleiben. Sollte ich meinem Brudi eigentlich erzählen, dass GermanLetsPlay uns besuchen kommt? Beziehungsweise: Darf ich es ihm erzählen? Oder hatte Manu das alles, als geheimes Treffen geplant?
Zu viele Fragen und zu wenig Zeit, um sich den verwirrten Kopf noch verwirrter zu denken. Wahrscheinlich würde mir ein Gedächtnisverlust gut tun. Das wär‘ doch mal was. Den lieben, langen Tag nicht mehr an seine Probleme denken müssen. Traumdenken. Ich sollte mich auf Wichtigeres konzentrieren.
Na toll. Stichwort: Wichtig und Manu ist der erste der mir in den Sinn kommt. Ich bin echt hoffnungslos verliebt, muss ich, leider Gottes, ganz offen zugeben. Das ist schon ziemlich kitschig.
Wird Manu hier übernachten oder kommt er nur für einen Tag vorbei? Egal, wenn er hier bleibt kann er in Ardys Bett schlafen, denn mein Mitbewohner übernachtet Gott sei Dank bei ApeCrime.
Taddl, beruhige dich doch mal!

Bei diesem Gedanken ballte ich meine Hand zur Faust und ließ mich schwungvoll auf die Couch fallen. Einfach mal die Ruhe genießend  schloss ich die Augen und dachte an Nichts. Wow, ein Wunder, dass dies auch mal klappt.

Ich muss weggeratzt sein, denn das nächste woran ich mich erinnern kann, war die Türklingel die zum wiederholten Male klingelt. Ächzend bewege ich mich zur Tür und öffne sie langsam und lustlos, bis ich die Person, welche mich aufweckte, sah. Denn genau in diesem Moment realisierte ich, wo ich bin, wer ich bin, was gerade passiert und wer da vor mir steht und die Klingel inzwischen gedrückt hielt.

„M-manu?“, dies stotterte ich merkwürdigerweise. Dazu klang ich auch noch verschlafen und total überrascht. Ist ja nicht so, als ob wir abgesprochen hätten, dass er heute kommt. Haha.
„Ja. Dir auch: Hallo, Taddl!“, antwortete er genervt und betrat ohne zu fragen die Wohnung.
„Oh man. Sorry, Manu, ich bin einfach weggeratzt. Kommt nicht noch einmal vor, ich versprech’s!“
„Ist ja auch egal…“, murmelte er, während alle Räume genauestens von ihm beäugt wurden.
„Also? Worüber wolltest du mit mir reden?“, versuchte ich beiläufig zu fragen, was mir, meiner Meinung nach, auch ganz gut geling.
Ich möchte ja keine Vermutungen aufstellen, aber es schien so, als ob Manu sich wieder anspannte. Wie gesagt, ich hafte nicht für Lügen.
„Ja…“
Darauf sagte er nichts mehr. Zuerst dachte ich er überlegt, dann wurde mir aber langsam klar, dass jetzt anscheinend noch nicht der richtige Zeitpunkt gekommen war.
Jetzt, wo er so vor mir stand, wurde mir wieder klar, wie sehr ich ihn in dieser kurzen Zeit vermisst habe. Klar, ich habe ihn vor kurzem das erste Mal getroffen, jedoch habe ich mich an dieses Gefühl – diesen Anblick – schnell gewöhnt. Und so schnell werde ich es mir auch nicht abgewöhnen können. Dafür sind meine Gefühle zu stark geworden. Warum kann er nicht einfach ein richtig langweiliger Dude sein? Ich bin doch nicht schwul… eigentlich.

„Hallo? Erde an Taddl“, hörte ich Manu rufen, während er wild mit den Armen gestikulierte.
„Oh, sorry. Ich war wohl ein wenig in Gedanken…“
„Ja, ich hab schon bemerkt, dass du dich nicht auf der Erde befindest.“

Der Rest des Tages verlief normal. Also normal für mich und wahrscheinlich auch für Manuel. Unsere Hauptbeschäftigung bestand aus zocken, rumalbern und glücklicherweise auch lachen. Es war schön mit Manu einfach mal einen ausgelassenen, gechillten Abend zu machen. Als ob wir uns seit Jahren kennen. Als ob wir es nicht anders kennen.


- -

„Gute Nacht, Manu“, murmelte ich, bevor ich die Tür zu meinem Zimmer schloss. Eine Antwort kam nicht. Zumindest glaube ich keine von ihm gehört zu haben.
Für diese Nacht habe ich ihm mein Bett zur Verfügung gestellt, damit ich in Ardys Bett schlafen kann. Sicher hätte mein Brudi nichts dagegen gehabt, hätte Manu bei ihm geschlafen, aber ich wollte nun mal auf Nummer sicher gehen.
Den ganzen Tag über hat mein Besuch kein Wort von dem, was er angekündigt hatte, gesagt. Ich habe ihn lediglich einmal darauf angesprochen und darauf fiel es mir auch einfach nicht mehr ein. Doch nun, wenn ich so im Bett liege und nachdenke, habe ich wieder diesen Drang, wissen zu wollen, was er mit mir doch bereden wollte. Ob es nun gut oder schlecht war.

Einige Minuten starrte ich noch die dunkle Decke über mir an, bevor ich in einen Halbschlaf fiel. Es war eigentlich normal. In der letzten Zeit hatte ich oft schlecht geschlafen. Doch irgendwie war noch irgendetwas komisch…

Es war eine weiße Gestalt. Dünn und zierlich saß sie neben meinem Bett und starrte auf mich herab. Stechend grüne Augen bohrten sich in meinen Körper. Plötzlich wand sie den Blick ab und mir wurde ganz kalt. Es war, als würde mein Körper gefrieren. Dann durchfuhr ein starker Schmerz meinen Körper. Ich zappelte. Ich schlug um mich. Nichts davon gelang mir. Anschließend öffnete ich den Mund, um zu schreien, zu stöhnen, mich zu wehren….

Plötzlich riss ich meine Augen auf und starrte wieder an diesen Punkt der Decke den ich auch schon zuvor betrachtet hatte. Alles war ruhig. War dies alles nur ein Traum? Erleichtert atmete ich tief aus und fuhr mir durch die Haare. Doch es gelang mir nicht. Ich konnte mich nicht bewegen. Mein Körper lag starr und gerade auf der harten Matratze und rührte sich kein Stück. Sofort machte sich wieder Panik in mir breit. Mein Herz fing an schnell und heftig zu schlagen, was mir einen leichten Schmerz in der Brust bereitete. Der Moment, als ich mich traute meinen Kopf in die Richtung zu drehen, an welcher die Gestalt meiner Träume saß, gefror mein Blut und auch mein Herz hielt kurz inne.

Schließlich hörte ich ein finsteres Kichern.

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Noch 2 Kapitel. ♥

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