10: Im Laufe der Zeit

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"Bekommt hier gerade jemand ein Kind, oder wird hier gerade ein Kind produziert?", fragt Freya Alenia die ihr gegenüber stand. Es waren in der Ferne laute Schreie zu hören, die Al aber nicht weiter interessierten, da sie wegen Freys Kommentar losprusten musste.

Die letzte Woche war erschreckend schnell verlaufen. Die Unis liefen auf Hochtouren und Alenia versuchte es ihren Studenten so bequem wie nur irgendwie möglich zu machen. Die Kurse in Oxford machten sie etwas melancholisch, da sie sich an die Zeit erinnerte, als sie selbst noch jeden Tag in den Sälen saß. Aber das Unterrichten machte ihr auch großen Spaß und so hatte sie Montag und Dienstag gut gemeistert.

Am Mittwoch war sie vor Müdigkeit bei Daniel im Saal fast eingeschlafen, da sie den ganzen Abend mit Florin gequatscht hatte. Das Date mit ihm war der reine Erfolg gewesen, er hatte sie bis zum Schluss wie ein Gentleman behandelt und war dann (zu Alenias Leidwesen) ohne Abschiedskuss gefahren. Der Sonntag bei ihren Eltern war eine gute Gelegenheit gewesen um sich über ihre Gefühle klar zu werden. Sie schrieb den ganzen langen Tag mit ihm im Chat hin und her und konnte ihre Glückseligkeit weder vor ihren Eltern, noch vor Paula, mit der sie ein langes Gespräch führte, verbergen.

Ihren Eltern erzählte sie schlussendlich von dem Date und ihr Dad hatte auf komisch, lustige Art und Weise reagiert: "Na allzu bald brauchst du uns jetzt aber auch nicht einen Enkel ins Haus holen, wenn wir uns gerade erst dazu entschieden haben, ein Kind zu adoptieren." Grace hatte nur lachend den Kopf geschüttelt und wollte schon ihre typische Mutter-Tochter-Inquisition durchführen, doch sie wurde von Al unterbrochen: "Wie sieht es eigentlich mit der Adoption aus?"

Darauf hatten ihre Eltern das Gesicht verzogen und Ethan fing an zu erzählen, nicht ohne das Bein seiner Frau beruhigend zu tätscheln: "Wir haben uns das etwas leichter vorgestellt als es wirklich ist. Die Organisationen scheinen alle etwas wegen unserem Alter zu haben und deswegen sind wir dabei wegen Pflegekinder die Heimat suchen, zu schauen. Das ist rechtlich etwas leichter und meistens sind da auch schon ältere Kinder dabei."

Alenia könnte sich keine besseren Eltern vorstellen und versuchte in diesem Moment die Organisationen nicht zu kritisieren. Wahrscheinlich hatten sie auch von weiter oben Vorlagen und sicher genug Frauen und Männer, die auf diesen Weg Eltern werden wollten. Wenn eine Adoption, für ein Kind, ihrer Eltern und ihrer Situation passen würde, dann würde das Universum das schon so einrichten. Aber vielleicht waren es genau ein oder zwei Pflegekinder, die solche liebevollen und geduldigen Erziehungsberechtigten, wie Grace und Ethan brauchten.

Den Montag arbeite Alenia so viel wie möglich vor, um sich für die restliche Woche zu entlasten, denn am Dienstag startete der Advent. Ihre Wohnung erinnerte nur wenig an die jetzige Jahreszeit, denn außer zwei Adventkalendern, vier Kerzen auf einem schön geschmückten länglichen Teller und ein paar Keksdosen, fand sich nichts weihnachtliches in ihrer Wohnung.

Florin hatte seinen Aufenthalt in London verlängert, es war ihm aus irgendeinem Grund wichtig hier zu bleiben, aber gleichzeitig plagten ihn wohl auch Schuldgefühle seiner Arbeit gegenüber, die sein Freund nun für ihn in Schottland übernehmen musste. Er hatte vor, erst ein paar Tage vor Weihnachten mit Freya und Avan zurück nach Schottland zu fahren. Genau aus diesem Grund sahen sie sich dann auch fast jeden Tag in der Woche. Am Dienstag kam er am späten Abend mit einem Rum vorbei und Alenia kochte ihnen eine Punsch, den sie dann bis spät in die Nacht hinein, mit langen Gesprächen tranken.

Genau aus diesem Grund, war das Seminar von Mr. Willow ein guter Zeitpunkt um ein bisschen Schlaf nachzuholen. Am Nachmittag lief sie dann mit Florin Eis, sie müsste leider feststellen, dass er darin wirklich gut war und sie ihm deswegen nicht beim Hinfallen zusehen konnte. Hand in Hand liefen sie über die Bahn und drehten sich gegenseitig im Kreis. Im Anschluss sahen sie sich noch einen Film bei Alenia an.

Opalgrün wie Mr. Forest Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt