4: Im Augenschein

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Der Kurs verließ den Raum und einzelne Studenten verabschiedeten sich bei ihr mit einem kurzen Wort. Auch Freya lächelte Al an und wünschte ihr noch einen wunderschönen Tag.

Wunderschön war der Nachmittag auf jeden Fall, denn die Sonne schickte einige Strahlen durch die Wolkendecke herab. Der Campus war vom hellen Licht erfüllt und Alenia entschied sich, die kurze Zeit zu genießen. Auch die anderen hatten den selben Gedanken gehabt, denn es standen einige Gruppen herum, die die Sonne mit geschlossenen Augen genossen.

Nahe einer dieser Gruppen, ließ die Blauäugige sich auf einer Bank nieder und beobachtete das Geschehen rund um sich. Dass die Wolken bedrohlich über London hingen, bemerkte keiner, denn dass es hier Regengüsse gab, war nichts seltenes.

Um die Zeit sinnvoll zu nutzen, kramte Al in ihrer Tasche und nahm den Stapel von den Kommentaren der Studenten in die Hand. Sie las sich gerade die Vorstellungen die sie zu ihrem Unterricht hatten durch, als nicht allzu weit entfernt ein Motor aufheulte.

Es war erwiesen, dass jeder sich automatisch zu einer öffnenden Tür umdrehte, um auf eventuelle Gefahren reagieren zu können. Es war einfach in dem Menschen drinnen bestimmte Dinge zu tun, so auch, sich diesem Lärm zuzuwenden.

Alenia kannte sich was Marken betraf, bei Autos und Motorräder nicht wirklich aus, aber ihr war bewusst, dass dieses Gefährt kein Kleinjungen Motorrad war. Am Parkplatz kam das Gefährt zum Stehen und Al drehte sich schon weg, als sie aus dem Augenwinkel Freya bemerkte, die wie ein Wirbelsturm auf den Fahrer zuraste.

"Du bist da!", jauchzte ihre Stimme als sie nah genug an dem Mann heran war und warf sich auf seinen Rücken, da er gerade seinen Helm ablegte. Al war sich sicher, dass sie bei der Wucht von der kleinen Freya umgefallen wäre, aber der Typ kippte nicht einmal leicht nach vorne.

Die Sonne erwärmte Alenia weiterhin, und sie fragte sich wieso ihr Magen auch langsam wärmer wurde. Ein Lächeln zierte ihr Gesicht, als sie ihren Kopf von dem Liebespaar wegdrehen wollte, aber es erstarb sofort als der Mann sich umdrehte und Freya ganz in seine Arme schloss.

Ihr Herz pumpte unnatürlich schnell und zog sich bei jedem Schlag schmerzhafter zusammen. Ihre Lungen wurden plötzlich umschnürt und nur geringfügig erhielt Al den notwendigen Sauerstoff.

Mr. Forest hatte sie nie gesucht, wieso sollte er auch, wenn er eine so bezaubernde Freundin hatte. Vielleicht hatte Freya sie deswegen so komisch beobachtet, weil sie wusste, dass ihr Freund sie abgeknutscht hatte, aus versehen natürlich. Aber im nächsten Moment kam ihr der Gedanke absurd vor, woher sollte die Schwarzhaarige das wissen?

Mit mechanischen Handgriffen packte sie ihre Unterlagen zusammen und ließ ihre Haare wie einen Vorhang vor ihr Gesicht fallen. Al wusste, das körperliche Schmerzen niemals an die der geistlichen und seelischen heranreichen würden, aber sie hätte nie gedacht, von einem Fremden so verletzt werden zu können.

Der Weg zu der U-Bahn Station gleich um die Ecke, war ihr noch nie so lang erschienen und schwer gefallen. Wie in diesen Träumen, in denen man gehen wollte, aber bleischwäre Säcke, an den Beinen, einen an Ort und Stelle banden.

Es war ein Zwang, der tief aus ihrem Inneren kam, als sie ihren Kopf, fast wie eine Eule, zurückdrehte. Ein warmes Kribbeln umschloss Alenias Zellen, es war sein Blick, der trotz dieser Distanz hypnotisierend auf sie wirkte.

War es möglich, dass er noch attraktiver geworden war? Freya stand neben ihm und sah ihn an, aber das bekam Al nur am Rande mit. Viel wundervoller war das Gefühl, als er einen Schritt auf sie zumachte und die Hand nach ihr austreckte. Dann war die Hauptrolle unserer Geschichte aber schon um die nächste Ecke gebogen, Mr. Forest war erneut unerreichbar.

Opalgrün wie Mr. Forest Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt