Die Wüste

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Der Sand erstreckte sich bis zum Horizont, darüber der strahlende, wolkenlose Himmel. Getrennt durch den markanten Horizont, an dem das Blau auf das Beige traf. Für den Moment schien es, als gäbe es nur noch diese beiden Farben, so weit das Auge reichte.

Wären da nicht sieben winzige Gestalten, die lange dunkle Schatten auf den Wüstenboden warfen. Es war noch früh am Morgen und wir waren gerade erst aufgebrochen, doch mir war jetzt schon klar, dass das kein angenehmer Aufenthalt werden würde. Man konnte die ansteigende Hitze förmlich spüren und der Schweiß der in Strömen an uns herunter lief half ohne jeglichen Wind auch nicht gerade beim Abkühlen. Zum Glück hatten wir da noch das Luftbändigen, das uns davor rettete, lebendig gebraten zu werden.

Je heißer es wurde, desto langsamer schien die Zeit zu verstreichen. Ob Minuten oder Stunden vergangen waren, konnte ich schon bald nicht mehr sagen. Doch als ich aus der Richtung, aus der wir wahrscheinlich gekommen waren, keinen grünen Fleck mehr am Horizont erkennen konnte, wusste ich, dass es nun kein Zurück mehr gab. Der Wind hatte unsere Spuren bestimmt bereits verweht, bevor wir ihnen zurückfolgen konnten.
Erschöpft blickte ich hinüber zu Fohr, die von uns allen am meisten zu schleppen hatte. Wie diese Hitze wohl für sie erträglich war, die ihr ganzes Leben nur Eis gewohnt war? Sie hatte darauf bestanden eine extra Portion Wasser mitzunehmen, doch die zusätzliche Last zehrte an ihrer Ausdauer.
"Wir können dir gerne etwas abnehmen", schlug Yong ihr mehrmals vor. Fohr hatte nur den Kopf geschüttelt: "Und dann trinkt ihr heimlich alles weg?". Sie umklammerte die Trinkbeutel fester.
Die Hitze hier machte einen hier wirklich paranoid. Noch dazu verstand ich ihre Sorge, da ich selbst nur zu gerne einen kleinen Schluck Wasser trinken würde. Wie lange würden wir hier wohl unterwegs sein und wie sehr mussten wir unseren Wasservorrat einteilen?
Die einzige, die sich ausnahmsweise einmal nicht beschwerte war Sayo. Sie hatte sich demanifestiert und schwebte munter vor sich hin summend neben uns her.
"Dort! Wasser!", rief Chyou aufgeregt und fuchtelte aufgeregt mit ihrer Hand nach links. Dass sie bei der Hitze überhaupt noch die Energie dazu hatte. Mein Blick folgte ihrer Hand und ich sah ein flackerndes Schimmern am Horizont. Angestrengt kniff ich die Augen zusammen, doch das half nicht viel.
Ruolan seufzte: "Das ist nur eine Fata Morgana. Ein Flimmern in der Luft, nichts weiter. Wäre da wirklich Wasser, wäre da sicher auch ein wenig Vegetation."
Mit Fortschreiten des Tages wurde ich immer ungeduldiger. Mehrmals schnappte ich meinen Gleiter und flog den Umkreis ab, in der Hoffnung etwas anderes als den ewigen Sand zu erblicken. Doch so weit das Auge reichte, sah ich nichts, das auch nur im entferntesten auf Leben hinwies und wenn da wirklich etwas war, dann wollte es offensichtlich nicht gefunden werden.

Mit Anbruch der Nacht kam auch unweigerlich die unerbitterliche Kälte.
"Verdammt, bei Wüste reden alle immer nur von der Hitze. Vor den eisigen Nächten hat uns keiner gewarnt", grummelte Yong.
"Ich finde es angenehm", widersprach Fohr und lehnte sich erleichtert lachend in ihren Schlafsack zurück. Wir hatten keine andere Wahl als mitten in der Wüste unser Lager aufzuschlagen. Aber wir hatten sowieso nicht damit gerechnet, die Wüste an nur einem Tag durchqueren zu können.
"Warum reiten wir eigentlich nicht auf Sayo?", nuschelte Chyou, die gerade von einem Reiskuchen abbiss.
Sayo, die sich neben mir eingerollt hatte hob den Kopf und schaute Chyou vorwurfsvoll an: "Ich bin ein Luftgeist. Wenn es zu heiß wird, ist es schwerer für mich meine Form zu behalten, besonders wenn ich in meine große Form wechsle und zusätzlich noch sechs Personen tragen muss. Die kleine Form würde ja noch gehen, aber mit der kann ich vielleicht gerade mal eine Person tragen. Außerdem sind wir auf einer offenen Fläche. Denkst du nicht es wäre ein leichtes für das Imperium einen gigantischen Wolfsgeist aus der Ferne zu erkennen?"
"Was will das Imperium denn in der Wüste?", fragte Chyou ungläubig.
"Fordere das Glück lieber nicht heraus. Das Imperium hat uns schon mehrmals überrascht, wenn wir es nicht erwartet hatten", warnte Jun und blies eine Flamme auf ein paar Holzspatel, die schließlich knisternd vor sich hin brannten.
Erschöpft verkroch ich mich in meinen Schlafsack und betrachtete die Funken, die in den Nachthimmel emporstiegen. Bei dem wenigen Licht, das hier in die Wüste hervordrang, schien der Sternenhimmel so viel deutlicher und heller. Bevor ich mich´s versah, begannen meine Gedanken abzuschweifen und ich versank in einem tiefen Schlaf.

Avatar - The Traitor's Child -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt