Kapitel 18-Simon

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Ich hatte das Gefühl, ein Déjà-vu zu erleben.

Die Nacht vor einem großen Tag, an dem so viel Schicksaalhaftes passieren sollte.

Und ich stand auf einem Balkon in einem Haus, das nicht mir gehörte und dachte nach.

Ich hatte seit einer Woche keinen richtigen Schlaf mehr, ständig dachte ich über meine Entscheidung nach und konnte nicht leugnen, dass ich falsch gehandelt hatte.

Ich hätte Rob zuhören sollen...wobei, er hatte nichts gesagt.

Er hatte mich hintergangen, ich fühlte mich nicht nur betrogen sondern auch belogen.
Wann waren wir bei dem Punkt angelangt, an dem wir uns Dinge verheimlichten?

Ich hatte ihm ja auch nicht alles erzählt, aber wenigstens hatte ich nicht den Plan, meine alte Heimat zu zerstören.

Keine Ahnung was ich glauben sollte, vielleicht war das der Grund dafür, dass ich nicht schlafen konnte und nun hier stand und nachdachte, während der Sternenhimmel über mir lag.

Wo war die Zeit hin, in der ich alles aufgegeben hätte, nur um an Robs Seite zu sein?

Ich erinnerte mich an die Zeit, in der es mich glücklich machte, an ihn zu denken, ihn zu sehen, ihn zu küssen...
Nun war da nur Schuld, meine eigene Schuld...

Wofür? Für ein bisschen Freiheit?

Ich wollte schon immer frei sein, es war der Traum seit meiner Kindheit.
Wenn dieses Traumgerüst, das meine Hoffnung über die Jahre hinweg gehalten hatte nun einstürzte, dann war es meine Schuld.

»Nun wirst du sie doch erlangen, die Freiheit, nicht?«

Ich zuckte zusammen, blinzelnd sah ich die Gestalt neben mir an.

Das letzte Mal, als ich diese Worte gehört hatte, klangen sie beruhigender, doch dieses Mal lag mehr Spott in der Stimme.

Trotzdem konnte ich nichts gegen meine Tränen tun, denn sie flossen.

»Fühlst du dich jetzt frei?« fragte Marius und sah mich aus strengen, besorgten Augen an.
Dieses Gesicht hatte er immer gemacht, wenn er meine Ideen für bloß hielt;
Wie wenn ich mal wieder auf den höchsten Baum klettern wollte.

»Marius...« flüsterte ich, doch er schüttelte den Kopf.

»Simon, wann bist du zu jemandem geworden, dem mehr daran lag, einem Fremden blind zu vertrauen, als den Personen die du liebst?«

Sein tadelnder Blick lag auf mir, meine Tränen flossen meine Wangen herab.

»Ich vertraue ihm doch nicht!« widersprach ich, aber Marius schüttelte den Kopf und sah den Sternenhimmel an.

»Ist sie das? Die Freiheit die wir uns gewünscht haben?« fragte er leise.

Mein ganzer Körper zitterte.

»Aber wir sind doch aus Europa entkommen!«

Seine Augen verengten sich leicht.

»Aber Europa ist nicht aus dir entkommen. Rob hat recht, du bist das beste von beidem. Warum nutzt du das nicht?«

»Ich rette doch morgen Ost?«

»Dass du Bestätigung brauchst, beweißt, dass du unsicher bist. Was willst du von mir hören, dass es richtig ist wie du handelst?«

Dass mein bester Freund mich so anging ließ mich aufschluchzen, nicht weil er mich verletzte, sondern weil er recht hatte.

»Ich will hören, dass ich nicht völlig falsch handele!« rief ich unter Tränen; seine Miene blieb starr.
»Ich will hören, dass alles gut wird, dass ich etwas bewirken kann! Dass meine Freiheit auch anderen vergönnt sein wird!«

Marius blieb stumm, sah mich herausfordernd an.

»Du weißt, dass es falsch ist. Deine Motivation ist die richtige, aber deine Art das Problem zu lösen, ist falsch.«

Ich schwieg, wie er, wischte mir die Tränen weg, während immer neue über mein Gesicht strömten.

»Es gibt keine richtige Lösung...« murmelte ich traurig.

»Die gibt es, du hast nur nicht lang genug nachgedacht, sondern dich mit dem erstbesten, das dir vor die Füße gestolpert ist, zufriedengegeben.«

»Was soll ich jetzt machen?« schluchzte ich, sah auf den Boden und wartete auf seine Antwort, die nicht kam.

Was machte ich nur hier? Ich redete mir ein, dass meine Art zu handeln richtig war, doch das war sie nie.

Mein Handeln hatte Marius getötet, mich zu einem Rebellen, einem Sklaven gemacht, mich in die Arme des Mannes getrieben, den ich so unendlich liebte, ihn doch dann aber wieder von mir gestoßen.

Diese Schuld lag schwer auf meinen Schultern, so schwer, dass ich sie wohl nie wieder von mir stoßen konnte.

»Es ist alles geplant...ich kann nicht aussteigen.« murmelte ich einsichtig.
»Rob wird mir nicht verzeihen...

Marius Blick wurde weich, seine starken Arme legten sich um mich.
Wie früher.

Ich weinte mich an seiner Schulter aus, wie früher, wenn ich zu hoch geklettert und zu tief gefallen war.

Mit ihm an meiner Seite dachte ich immer, alles würde wieder gut werden, aber das wurde es nicht.
Es wurde schlechter und schlechter, bis schließlich alles über mir zusammenbrach.

Seine Hand an meinem Rücken glitt auf und ab, beruhigte mich.

»Simon du bist mehr als Ostler, mehr als ein Westler. Du bist kein Europäer.« flüsterte er.
»Du bist frei, du kannst die Welt verändern, und ich weiß, das du das nicht nur kannst, sondern auch wirst. Wenn jemand, dann du.«

»Marius...« sagte ich leise, aber mein bester Freund sprach weiter.

»Es ist richtig wie du denkst, also handle auch so. Das habe ich an dir immer bewundert. Wie du denkst, dein Sinn für Gerechtigkeit ist unfehlbar.«

»Marius...«

»Ich bin stolz auf dich, mein kleiner Simon. Du musst Miss Muro hinter dir lassen und der Zukunft eine Chance geben. Wenn du jetzt die Chance nicht ergreifst, dann wirst du alles verlieren.«

»Aber Marius...«

Er sah mich aus sanften Augen an.
»Du hast unsere Freiheit erlangt. Das ist alles was ich mir je für dich gewünscht habe. Jetzt nutze sie.«

»Was, wenn ich wieder falsch handele? Was, wenn noch mehr Menschen sterben?«

Marius strich meine Haare von der Stirn und lächelte, wie er es immer getan hatte.

»Du lebst, Simon. Du kannst die Dinge noch retten. Ich dagegen bin tot.«

Traurig sah ich ihn an.
Ja, mein bester Freund war tot.
Ein Gedanke, den ich immer noch nicht abschütteln konnte.

»Ich bin froh, dass du es geschafft hast.
Du hast Mut.«

Er küsste meine Stirn, ich sah, wie er blasser und blasser wurde.

»Jetzt zeig allen, wer du bist, Simon Will.« flüsterte er.

Diesmal wehrte ich mich nicht dagegen, ihn gehen zu lassen.
Es war ein Abschied für immer.

Und ich war jetzt bereit dafür.

Ich schaute ihn an, bis dort nur noch die Sterne des Nachthimmels waren, die Lichter in der Freiheit, zu denen er jetzt gehörte.

Er war jetzt endlich frei.

Und ich würde es auch bald sein.

Und irgendwann würde ich ihn vielleicht wiedersehen;
Wenn wir beide frei waren.

Und alle zusammen.

Als ich an diesem Morgen aufwachte, wusste ich genau, was ich zutun hatte.

Hach Mensch ich bringe mich selber zum weinen...ich vermisse Marius...
Aber irgendwie muss Simon ja begreifen, dass er komplett am Arsch ist...

Wrong Side-Ewige Liebe [Band 3] || CrispyWill [Beendet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt