Kapitel 21-Simon

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Mein Kopf dröhnte, meine Sicht war schwarz.

Bis auf das Pochen meines Herzens, welches in meinem Kopf hallte, spürte ich kaum etwas.

Kurz war alles still, bis ich die Augen aufschlug und alles über mich kam.

Mein Plan zu fliehen, Rob, Herr Wright, meine Gefangennahme, die eher eine Geißelnahme darstellen sollte...

Ich saß in einem fahrenden Auto, einem dieser Mehrpersonentransporter, mit denen ich damals wie viele andere ins Trainingslager geschickt wurde, um in den Krieg zu ziehen.
Das jetzt war ganz ähnlich, stellte ich fest.

Meine Hände waren hinter meinem Rücken gefesselt, ich spürte einen stechenden Schmerz an meiner Stirn.
Auf der linken Seite sah ich das hügelige Gelände, das wir alle durchquert hatten, nachdem wir aus Europa geflohen waren...
Wir fuhren rasend schnell darüber, hinter uns konnte ich weitere dieser Autos ausmachen.

Rechts saß Sam, vertieft in ein Blatt Papier, welches aussah wie ein Brief.

Sie wirkte ganz in Gedanken versunken, während sie Zeilen laß, die ich nicht ausmachen konnte.

Kurz vergaß ich, dass sie uns verraten hatte, und sah einfach meine Schwester.
Die ich verloren, wiedergefunden und jetzt wohl wieder verloren hatte.

»Sam?« Meine Stimme war kaum mehr als ein Krächzen.
Sie zuckte hoch, sah mir in die Augen.

Ich dächte, ein bisschen Reue in ihrem Blick zu sehen, doch diese wurde durch Selbstsicherheit ersetzt.

»Du bist wach...«
Ihre Stimme war nicht warm, wie sonst, sondern hatte etwas nüchternes, während sie mir unverwand in die Augen sah.

Sie war gut darin ihre Gefühle zu verstecken, worum ich sie beneidete, denn man sah nicht, was in ihr vorging.
Mir hingegen hätte man ansehen können, dass ich sie am liebsten schütteln und anschreien wollte.

»Ja. Nachdem man mich KO geschlagen hat, dachte ich mir, ich schlafe ein bisschen.« antwortete ich angepisst.

Sie öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder und starrte die Wand des Transporters an, in dem nur wir beide uns befanden;
Und natürlich die Person die fuhr.

Sams Haare, die mittlerweile noch länger geworden waren, wurden zu einem strengen, schwarzen Zopf geflochten.
In der Uniform, die sie schon im Büro getragen hatte, sah sie aus wie eine Soldatin.
Der Gedanke, sie würde bei diesem Krieg aktiv mitmischen, machte mir Angst.

Mir fiel die Waffe neben ihr auf, ein großes Gewehr, welches ich so nur von der Jagt kannte.

»Warum?« fragte ich, obwohl ich noch tausend andere Fragen hatte und dringend Antworten brauchte.

Sie sah mich nicht an, schürzte nur die Lippen und schloss kurz die Augen.
Als würde sie sich an etwas erinnern.

Kurz war es still, keiner sagte etwas.

Als ich wieder etwas sagen wollte, begann sie zu sprechen.

»Mutter und Vater...« sagte sie so leise, dass ich es fast nicht hörte.
Mir wurde sofort kalt.

»Ich habe gesehen, wie sie von Westlern getötet wurden...ich musste mit ansehen, wie sie starben. Ich war fast noch ein Kind, aber...«

Sie presste die Lippen zusammen, durch das Brummen der vielen Autos hörte man sie fast gar nicht.

»Ich wurde zur Sklavin. Ich hatte viele Jahre lang Angst um mein Leben. Und ich hatte im Hinterkopf, dass in Ost mein kleiner Bruder wartet, der jetzt ohne Familie leben musste.«

Wrong Side-Ewige Liebe [Band 3] || CrispyWill [Beendet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt