Kapitel 8

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Duat war der Ort, den ich einst mein Zuhause nannte.

Die ägyptische Unterwelt, die den oberen Bereich, der Welt der Sterblichen, nicht unähnlich war. Duat war ein Ort von immenser Schönheit mit Straßen aus goldenen Steinen und großen Tempeln, die aus allen Richtungen emporschossen. Sie befanden sich zwischen Sanddünen, versteckt hinter Wasserfällen, umgeben von türkisfarbenen Bäumen oder sogar auf Inseln in kristallklaren Seen. Die meisten Götter meines Pantheons hatten sich hier niedergelassen, zusammen mit anderen übernatürlichen Wesen. Weiter hinter den Tempeln befand sich eine schöne, geschäftige Stadt aus Gold. Geschäften und Händlern befanden sich den Straßen entlang.

Im Gegensatz zur Dunkelheit der griechischen Unterwelt war Duat hell beleuchtet. Am Himmel waren Sonnenkugeln, die wie kleine Sonnen, kreisförmig gereiht waren. Der Himmel hatte einen blassen violett-blauen Farbton mit flauschigen weißen Wolken, die sanft vorbeizogen.

Ich holte tief Luft und ging los, wobei ich meinen Kopf gesenkt hielt, damit mich keiner der Ladenbesitzer erkannte. Die meisten Bürger von Duat liefen sorglos die Straßen entlang. Einige schwatzten, andere lachten und Paare kuschelten sich eng aneinander. Es gab Kreaturen, die menschlich erschienen, andere dessen Köpfe wie Tierköpfe aussahen und wieder andere waren Tiere, die wie Menschen aufrecht gingen. Tiere waren unserem Volk, unseren Göttern, heilig.

Ich ging weiter, bis ich die Halle der Götter erreichte. Sie befand sich am Rande eines Flussdeltas. Krokodile und Kraniche drehten ihre Köpfe zu mir, als ich mich dem Eingang näherte, an dem zwei Dämonen vor den Türen Wache standen. Große Messer, die halb so groß wie sie waren, lehnten an ihren Schultern. Sie trugen jeweils einen weißen Shendyt, und auf ihren freien Oberkörpern offenbarten steinharte Arm- und Bauchmuskeln, die die Leute abschrecken sollten. Doch ich verengte nur die Augen und als sie es bemerkten, versteiften sie sich.

"Sept?" flüsterte einer von ihnen und senkte sein Messer, so dass die Klinge auf dem weißen Marmor des Tempels ruhte. Der zweite erschrak, bewegte sich aber nicht von seinem Posten, als er seine Zähne zusammenbiss.

"Sept, du darfst nicht eintreten. Wir haben strenge Anweisungen, dass du niemals hierher zurückkehren darfst." sagte er mit fester Stimme. Der andere Wachmann knabberte an seiner Unterlippe und sah mich unbehaglich an. Ich nickte mit dem Kopf.

"Das weiß ich, Xao, aber ich bin nicht aus Rache hier." antwortete ich. Die Dämonen runzelten die Stirn und teilten schnelle, neugierige Blicke aus, bevor sie mich wieder ansahen. Ich hob meinen Kopf und verengte meine Augen.

"Erlaube mir einzutreten oder ich werde mich gewaltsam eindringen. Ihr kennt mich seit meiner Geburt und ihr wisst, dass mich ein Hindernis nicht aufhält", warnte ich sie und hielt meine Stimme ruhig. Beide Dämonen schienen sich einen Moment lang unwohl zu fühlen, sahen sich wieder an und nickten dann. Als sie beiseitetraten und die goldenen Türen zum Tempel öffneten ging ich hinein und hielt bei der warmen Luft drinnen inne.

Ich atmete alle bekannten Düfte von Moschus, Wasser, Sand und Seide ein. Ich seufzte tief, atmete tief ein und sah mir den weißen makellosen Tempel an. In den Wänden und Säulen, zwischen den großen Statuen der Götter und der Göttinnen, waren goldene Hieroglyphen antiker Prophezeiungen eingraviert, die von Orakeln auf der ganzen Welt vorhergesagt wurden. In der Mitte des langen Raumes befand sich ein kristallklares Wasserbecken mit Seerosenblättern und blühenden weißen Lilien, die auf der Oberfläche trieben und von bunten Fischen umrundet wurden.

Ganz am Ende befanden sich zwei Flure, die in verschiedene Richtungen verliefen. Hallen, die ich tausendmal gegangen war. Ich bog rechts ab und kam langsam in die Halle, in der sich die Götter für den Nachmittag niederließen. Sie saßen an einem großen hufeisenförmigen Tisch. Auf dem Tisch waren Essen und Getränke verteilt. In der Nähe spielte eine Gruppe von Wassernymphen Musik auf ägyptischen Harfen. Trommeln und Flöten erfüllten den Raum mit einer ruhigen Gelassenheit, die ruiniert war, als ich den Raum betrat.

Styx: Der Fluss des Grauens [malexmale] (Übersetzung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt