8. 🖤

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Die Tage waren vergangen und es stand nur noch die Beerdigung vor der Tür. Ich hatte Angst, da es die letzte Verabschiedung war und ich wusste auch dass es wohl dann für immer sein würde. Es fühlte sich einfach nichts mehr real an.
Ich war grade dabei mit Renato die Sachen meiner Mutter auszusortieren. Die ganzen Briefe und Rechnungen sortierten wir in Ordner ein oder schmissen sie weg.
„Diese Briefe ohne Absender, was machen wir damit?" fragte er dann und ich horchte auf. Ich hatte die komplett vergessen. Ich wagte es einen Brief zu öffnen und fing an zu lesen.

Liebe Anna,

Es tut mir leid was ihr beide derzeit durchmachen müsst. Ich wünschte ich könnte mehr tun, doch ich weiß, dass Marie das niemals zulassen würde. Wenn ich irgendwas für euch tun kann, gib mir bitte Bescheid! Du hast meine Adresse.
Als Renato mir geschrieben hatte wie es um dich steht, wurde mir für einen Moment der Boden unter den Füßen weg gerissen. Ich war wirklich versucht nach Deutschland zu fliegen, doch ich weiß sobald Marie mich sieht, würde das keinem von uns gut tun.

Die Trennung war wohl der größte Fehler den ich je gemacht habe. Sie ist die eine, das weiß ich. Nur hab ich es einfach verkackt und es tut mir unglaublich leid! Ich habe keine Ahnung wie ich das wieder gut machen soll. Das was zwischen uns war, kann ich nicht beschreiben.
Sie hat etwas in mir gesehen, das haben die ganzen anderen in mir nie gesehen. Alle waren nur auf meinen Ruhm aus, mein Geld, meine Autos. Das materielle wollte deine Tochter nie. Sie wollte immer nur mich, uns. Und ich habe ihre Ängste einfach ignoriert. Ich hoffe sie wird es mir irgendwann verzeihen.

Anna, ich hoffe wir sehen uns bald wieder. Auch wenn es nur für fünf Minuten ist.

Ich bete für dich,
Julian.

Voller Wut zerknüllte ich den Brief von Julian und schmiss ihn in den Papierkorb. Ebenfalls die anderen Briefe die von ihm waren.
„Wusstest du dass Julian meiner Mutter geschrieben hat?" fragte ich meinen besten Freund und sah ihm eindringlich in die Augen, welcher dann nickte. „Warum hast du mir nie was gesagt?" Fragte ich wütend und ballte meine Hände zu Fäusten. „Briefgeheimnisse und so. Marie, deiner Mutter war Julian immer wichtig und andersrum genauso. Deiner Mutter tat die Trennung wahrscheinlich sogar mehr weh als dir." sagte er ruhig und legte seine Hand auf meinem Arm ab, doch ich sah ihn verwirrt an. „Mama hat mit dir über Julian und mich geredet?" er nickte. „Sie hätte ihn auch gern noch ein letztes mal gesehen. Und er kann deinen Verlust wahrscheinlich am besten von uns allen verstehen." mir stiegen die Tränen in die Augen, ich wusste nicht wie ich nun mit all der Info umgehen sollte. Ich wusste nicht wie wichtig ihm meine Mutter war. „Trotzdem hat er mich verletzt, ich weiß nicht ob und wie ich ihm verzeihen soll." sagte ich leise. Und wieder nickte er. Dann zog er mich in eine Umarmung.

Als wir die Wohnung soweit durch hatten, überlegten wir zusammen welche Möbel verkauft werden sollten und welche ich mit in meine Wohnung nehmen möchte.
Die Dame die meine Wohnung untervermietet hatte in der ganzen Zeit, hatte sogar die Wohnung meiner Mutter übernommen und kaufte ein paar Möbel ab, was alles noch etwas einfacher machte. Allerdings viel es mir schwer so viel hinter mir zu lassen.
Die wichtigsten Wertgegenstände nahm ich selbstverständlich mit, die Möbel die die neue Mieterin haben wollte, beklebten wir mit Stickern.
Irgendwann klingelte es an der Tür, welche ich auf machte und Johnny im Türrahmen stehen sah. Er nahm mich wie üblich in den Arm und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Na, wie gehts dir?" flüsterte er in mein Ohr und drückte mich leicht von sich weg um mir ins Gesicht schauen zu können. Ich lächelte ihn leicht an, „Es wird besser." antwortete ich darauf. Jeden Tag kam er her um nach mir zu sehen und mir zu helfen. Er kochte auch für mich, auch wenn er wusste dass ich nichts wollte. Er kümmerte sich rührend um mich.
„Hey Johnny! Gut dass du da bist, diese Kisten müssen runter ins Auto, pack gleich mal mit an." rief Renato aus dem Wohnzimmer aus und wir gingen zusammen zu ihm und brachten die Kisten mit den Wertgegenständen von meiner Mutter ins Auto.
Die Fahrt zu meiner Wohnung war amüsant, die Jungs sangen schräg und unfassbar laut mit offenen Fenstern zu irgendwelchen Songs mit, während ich mich am liebsten im Rücksitz verkrochen hätte. Aber sie wussten beide wie gut sie mich auf andere Gedanken bringen konnten.

In der Wohnung angekommen, machten wir eine Schlüssel Übergabe mit der neuen Mieterin, welche auch schon dabei war ihre Sachen zu packen.
Wir boten ihr auch an, ein paar Kisten schon mit zunehmen, da wir sowieso nochmal in die Wohnung mussten. Also schleppten wir ein paar Kisten aus meiner Wohnung ins Auto.
Renato holte noch eine Kiste, während Johnny und ich die Kisten im Kofferraum verstauten.
„Ich möchte nie wieder umziehen." meckerte ich und lehnte mich an Johnnys Körper, welcher mich sofort umarmte und anfing zu lachen. Das vibrieren von seiner Stimme drang durch mich hindurch, was mir ein lächeln bereitete. Ich sah noch während der Umarmung zu ihm rauf und betrachtete sein schönes Gesicht. Johnny lächelte mich an und ich konnte ein glitzern in seinen Augen erkennen, welche mich fesselten. Seine Hände wanderten von meinem Rücken über meinen Nacken zu meinem Gesicht, welches er behutsam berührte und näher kam. Wenige Millimeter waren unsere Lippen entfern, mein Herz klopfte gegen mein Brustkorb und mir wurde unglaublich heiß. Ich beschloss die kleine Lücke zu füllen und legte meine Lippen auf seinen ab. Einen Moment Unendlichkeit machte sich breit. Es fühlte sich gut an, doch etwas fehlte mir. Und bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte was mir fehlte, erschien er in meinen Gedanken. Julian.
Er war es was ich wollte, was ich will, was ich brauchte. Ich beendete den Kuss mit Johnny vorsichtig und in dem Moment rauschte ein Lautes Auto an uns vorbei, was mich erschreckte und sprang deshalb zur Seite. Im Augenwinkel sah ich Renato auf der anderen Straßenseite, welcher verwirrt dem Auto hinterher sah. „Was ein Spinner. Hier ist 30, solche Menschen gehen mir so auf den Geist." fluchte Johnny dem Autofahrer hinterher und strich mir über den Rücken, sah mich aber mit überglücklichen Augen an und grinste wie ein Junge der seinen ersten Kuss von dem Mädchen in das er verliebt war bekommen hatte. Ich sah wiederum dann beschämt zu Boden, da es ihm gegenüber nicht fair war, da ich ihm niemals gerecht werden konnte. Ich wollte ihn nicht. Ich wollte Julian. Nur hatte ich keine Ahnung wie ich ihm das beibringen sollte. Geschweige denn wusste ich nicht mal wie ich Julian endgültig aus dem Kopf bekommen sollte.
Gedankenverloren stieg ich ins Auto und schnallte mich an. Renato beobachtete mich im Rückspiegel und er schien meine Gedanken lesen zu können. Er wusste dass ich diesen Kuss bereute.
„Ich muss gleich mal telefonieren wenn wir oben sind." sagte Renato als wir aus dem Auto stiegen und die Kisten aus dem Auto hievten. „Ist wegen dem Label." murmelte er noch dazu und ging voraus. Irgendwas stimmte nicht, doch ich hakte nicht nach.
Renato verkrümelte sich direkt auf den Balkon, während wir uns langsam wieder auf den Weg nach unten machten und die restlichen Kisten holten.
Als wir wieder oben ankamen, hörte ich wie Renato redete. „Endlich nimmst du mal ab, Digga. Was zum Teufel... Nein, morgen ist die Beerdigung, du kannst nicht kommen, das würde... Nein, das ist nicht gut. Bruder ich schwöre, ich liebe dich aber du wirst sie umbringen." Johnny und ich sahen uns verwirrt an, ich stellte die Kiste ab und ging zu Renato auf den Balkon. „Ist alles in Ordnung? Wenns wegen der Arbeit ist, kannst du ruhig gehen." sagte ich dann und lehnte mich an das Geländer und zündete mir eine Zigarette an. „Nein, schon gut, wir verschieben das auf übermorgen. Ciao." er wirkte nervös und legte auf. „Was ist mit dir?" fragte ich ihn und musterte ihn, sein Verhalten war ungewöhnlich und ich hatte das Gefühl er verschwieg mir etwas. „Alles gut, Labelchef will was mit mir klären und... Ähm, hat Stress mit seiner Freundin und will zu mir flüchten. Aber ich hab ihm gesagt dass es nicht geht. Mir ist die Beerdigung wichtig." sagte er dann. Wir rauchten unsere Zigaretten fertig und gingen wieder in die Wohnung um den Rest der Wohnung fertig zu machen.

Please, Mary. -Bausa FF || Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt