Partnerduell

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Ich spürte wie mein Atem schneller wurde und mein Herz raste. Tyron hatte ein abwertendes, rachsüchtiges Gesicht aufgesetzt, wie ich es noch nie bei ihm gesehen hatte. Kein Wunder. Wie lang kannten wir uns nun schon? Nicht mal 24 Stunden.

Er schoss einen Schatten nach dem Anderen ab und schien ihren Schmerz zu genießen und die Tatsache, dass sie es ertragen mussten und nicht daran sterben konnten.

Meine Füße setzten sich sofort in Bewegung und ich sprintete los, um Tyron abzufangen - was nicht wirklich leicht war, denn er rannte wild und im Zickzack umher und ballerte einfach alles ab, was in sein Schussfeld kam. Immer mehr Schüsse ertönten und ich erkannte wie Tyron schon nachladen musste, da er keine Munition mehr hatte. "Was tust du da?", rief ich kraftlos und außer Atem, doch er führte seinen Angriff weiter und ignorierte mich gekonnt. Jede Menge Wentigos kontrollierten die Menschen und zwangen sie dazu mit ihnen gegen ihre eigenen Leute zu kämpfen. Einer streckte seine Hand aus und legte sie einem Jäger ans Herz. Ein Seufzer kam über meine Lippen, denn mir war klar, dass er nun keine Seele mehr hatte. Dieser Mensch würde nach seinem Tod ebenfalls ein Wentigos werden und das war wohl früher als vorhergesehen, denn der Wentigos nahm einen Dolch und schleuderte ihn in Richtung seines Brustkorbs. Ich sah schnell weg, doch nur für einen Moment. Als ich wieder hinsah, sank der Jäger tot zu Boden. Kurz darauf öffneten sich seine Augen wieder und er verwandelte sich in einen düsteren Schatten, bis plötzlich eine von Tyrons Kugeln seinen Kopf durchdrang. Das war dann wohl der nächste Hörschaden, den ich heute erleiden musste, als der Wentigos anfing, ein unausstehliches Geräusch loszulassen. "Hör auf damit, Tyron! Das wird sie nicht töten, du quälst sie nur unnötig!", schrie ich, doch er machte unbeirrt weiter, ohne sich von meinen Rufen abhalten zu lassen. Stattdessen setzte er ein verachtendes, arrogantes Lächeln auf und zeigte seine strahlend weißen Zähne. Was war bloß los mit ihm? Diese Seite von ihm kannte ich noch gar nicht, diese skrupellose Killer-Seite. Wahrscheinlich auch besser so.

Mittlerweile war fast der ganze Abschnitt 10w von Grenze 7 mit Leichen bedeckt und keuchende Wentigos, die schmerzerfüllt immer weiter von Tyron angeschossen wurden, lagen zappelnd wie Fische auf dem Trockenen am Grund und zischten vor Zorn und Hass in seine Richtung. Ein paar von ihnen bettelten sogar, dass er damit aufhören sollte, was wirklich ein sehr selten zu betrachtendes Schaubild war. Erstens redeten Wentigos kaum oder gar nicht in Menschensprache, da sie diese verabscheuten und zweitens waren Wentigos herrische, bestimmende und dominierende Wesen mit Anführerpotential, die sich niemals unterwerfen würden - und schon gar nicht einem Menschen. Jedenfalls war das normalerweise so. Trotz der Tatsache, dass viele Wentigos mit Schusswunden für den Moment ausgeschaltet waren und erstmal keine Gefahr darstellten, gab es immer noch eine Menge, die die überlebenden Jäger bedrohten. Die Wächter waren bereits alle tot. Dieses furchtbare Bild spielte sich wie ein schlechter Film vor meinen Augen ab: Tote, Verletzte und Wentigos bedeckten den Boden, ein paar andere kämpften und Tyron lief wie ein gestörter Psycho Amok. Ich versuchte nicht den Verstand zu verlieren und fasste all meinen Mut. Dann rannte ich zu den Überlebenden, um ihnen beizustehen. Ein Wentigos schlug einem Jäger die Klinge aus der Hand und sie landete mehrere Meter weit weg von ihm. Ich kam von hinten und stach den Schatten ab. Daraufhin war er erlischt und wurde zu nebligem Rauch, der mir die Sicht versperrte, wodurch ich den Wentigos nicht bemerkte, der mir plötzlich in die Kniescheibe trat und mir kurz darauf einen Schlag auf den Kopf versetzte. Ich stöhnte vor Schmerz auf und brach zusammen. Aber nicht lange, denn ich fing mich schnell wieder und konzentrierte mich auf die Feinde. Doch ich sah sie nicht. Deshalb schaute ich mich nach allen Seiten um und entdeckte gerade noch rechtzeitig, den Schatten, der mit Messer in der Hand auf mich zu kam. Wo war meine Klinge? Ich sah mich panisch um und suchte den Boden danach ab. Doch ich fand sie nicht mehr, also musste ich ohne Waffen klarkommen. Als der Wentigos mich erreicht hatte, verpasste ich ihm eine und beförderte meine Faust in sein Gesicht. Er schwankte nach hinten und taumelte geradewegs in die Fänge des Jägers, dem ich Deckung gegeben hatte und der ihn jetzt vernichtete. Mit einem Lächeln, streckte er mir den nach oben gereckten Daumen entgegen und nickte zufrieden. Auch wenn noch längst keine Zeit zum Durchatmen war, denn es schwebten noch immer viel zu viele Menschen in Lebensgefahr.

Wentigos - Wächter der Schatten *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt