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- Mona -

„…eine absolute Unverschämtheit! Also wirklich, ein derartiges Verhalten ist mir selten untergekommen! Einfach respektlos!“
„Wenn Sie das sagen“, seufze ich und massiere mit geschlossenen Augen meine immer noch dröhnenden Schläfen, die von Herrn Lüdenscheids pavianähnlichem Gebrüll noch mehr
pulsieren.
Sogar eine Stunde von Ellies nervigem Flötengedudel wäre mir jetzt lieber als ein weiteres Wort aus dem Mund dieses chronisch selbstgerechten Intelligenzallergikers.
Schon heute Morgen, als ich das Sekretariat betreten habe, hat er vor meiner Bürotür gestanden und auf mich gewartet.
Schnaubend und mit vor der Brust verschränkten Armen hat er ungeduldig seine Schuhspitze auf den Boden tippen lassen, bevor er mich mit einem lauten „Na, endlich! Da sind Sie ja!“ begrüßt und dabei theatralisch die Arme hochgeworfen hat, so als würde er schon seit Äonen auf mich warten.
Vielleicht sollte er sich ein Beispiel an Ellie nehmen und den Tag ebenfalls mit diesem Sonnenanbetungsritual beginnen, um sich in etwas mehr Gelassenheit zu üben, wie mein liebes Cousinchen es wohl ausdrücken würde.
Wobei ich mir Herrn Lüdenscheid beim besten Willen nicht bei derartigen gymnastischen Verrenkungen vorstellen kann…oder will…
Und aufgrund seines komplizierten Beinbruchs, den er sich kurz vor den Sommerferien zugezogen hat, waren derartige Verrenkungen für ihn vermutlich auch gar nicht möglich, da
er deswegen immer noch leicht humpelt.
Allerdings muss ich zugeben, dass sich mein Mitleid mit ihm sehr stark in Grenzen hält, da er sich diese Verletzung in meinen Augen aufgrund seines Verhaltens gegenüber Lola und Zoe im letzten Schuljahr mehr als verdient hat.
Ich sollte Ellie mal fragen, ob man so etwas als eine Art von Karma bezeichnen könnte…
„Es war einfach nur unmöglich, was sich dieser Schüler da geleistet hat! Wirklich, absolut unangemessen und unverschämt! Wie kann man sich nur so verhalten?! Ich sage Ihnen, die
Jugend von heute wird immer respektloser gegenüber Autoritätspersonen!“
„Ich glaube nicht, dass Sie so einen Sachverhalt derart verallgemeinern können“, erwidere ich seufzend und öffne die Augen, bevor ich mich in meinem Stuhl etwas zurücklehne. „Und abgesehen davon erachte ich es nicht als respektlos, jemanden auf einen Fehler hinzuweisen. Insbesondere, wenn es ein Lehrer ist, der darauf hingewiesen wird, da die Schüler sonst womöglich dieses fehlerhafte Wissen übernehmen und verinnerlichen würden, was alles andere als optimal wäre.“
„Sie finden es also in Ordnung, dass ein Schüler meine Kompetenz als Lehrer und meine Autorität in Anwesenheit der gesamten Klasse infrage stellt?!“
„Das habe ich nicht gesagt, sondern nur, dass es vollkommen in Ordnung ist, von einem Schüler auf eine kleine Unstimmigkeit hingewiesen zu werden. Zumal es dazu auch gar nicht
gekommen wäre, wenn Sie sich anständig auf Ihren Unterricht vorbereitet hätten.“
Ich kann förmlich dabei zusehen, wie Herr Lüdenscheids Lippen unter meinem Blick immer schmaler werden.
„Wollen Sie nun etwa meine Kompetenz infrage stellen, Direktorin Berger?“, fragt er und ich muss mir wirklich Mühe geben, um diese Frage nicht mit einem Augenrollen zu beantworten.
„Zumindest ist dieser Einwand doch wohl mehr als berechtigt, oder?“, entgegne ich und hebe eine Augenbraue, während ich die Beine übereinander schlage. „Wenn Sie sich gescheit auf Ihren Unterricht vorbereitet hätten, wäre es gar nicht erst zu dieser Situation gekommen.“ Doch als Herr Lüdenscheid ansetzt, etwas vermutlich nicht sehr freundliches darauf zu erwidern, hebe ich beschwichtigend eine Hand. „Aber ich sehe auch ein, dass der besagte Schüler sich recht ausfallend Ihnen gegenüber verhalten hat.“
„Das ist ja wohl auch das Mindeste, dass Sie das einsehen! Und ich verlange, dass dieser Schüler für sein unverschämtes Verhalten zur Rechenschaft gezogen wird!“, schnaubt Herr Lüdenscheid und stampft dramatisch mit einem Fuß auf den Boden, was mich nun tatsächlich die Augen verdrehen lässt.
„Ich werde ihn sicherlich nicht der Schule verweisen, wenn Sie darauf spekulieren. Aber ich kann durchaus ein Gespräch mit ihm führen, wenn Sie darauf bestehen.“
„Natürlich bestehe ich darauf!“, poltert Herr Lüdenscheid und stampft erneut mit dem Fuß auf.
Ob er wohl weiß, wie lächerlich ihn diese Geste wirken lässt?
„Und außerdem bestehe ich darauf, dass die Eltern des Jungen auch bei dem Gespräch mit dabei sind. Wer sich so verhält, kann keine gute Erziehung genossen haben! Zumal Sie die Eltern gestern ja sowieso schon kennengelernt haben.“
Mit einem Mal spüre ich, wie sich ein ungutes Gefühl in mir breit macht und ich rücke etwas unruhig in meinem Stuhl hin und her.
„Ach, tatsächlich?“, frage ich langsam und kaue auf meiner Unterlippe, „dann…nehme ich an, dass es sich bei dem besagten Schüler um einen der Neuen handelt?“
„Ja, in der Tat“, knurrt Herr Lüdenscheid und verschränkt demonstrativ die Arme vor der
Brust, während sich mein Magen immer mehr zusammenzieht.
„Und…“, ich schlucke, „und um welchen Schüler handelt es sich?“
Bitte nicht Jonathan Faber.
Bitte nicht Jonathan Faber.
Bitte nicht Jonathan Faber.
Bitte nicht…
„Jonathan Faber.“
Das war ja klar…

Liebe Auf Abwegen (Mona & Romy - Band 1) (girlxgirl) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt