Das unmögliche Ende - Grindelwald

Höchste Alarmstufe

„Hast du noch den Brief von Herrn Amandus?"

Bei der Nennung dieses Namens war jegliche gute Stimme wie weggeblasen. Olga stöhnte auf. Sie wollte nicht mehr an diesen Mann erinnert werden. Sie wollte, dass er aus ihrem Leben verschwand. Dieser Mistkerl! Queenie fühlte die Unruhe im Raum. Jacob zog nichtsahnend ein Kuvert aus seinem abgewrackten Sakko und streckte es seiner Liebsten entgegen.
„Ihr seid also auch wegen ihm da", wisperte Newt mit gesenktem Kopf in die Stille. Olga hielt die Luft an.
„Ja, er ist auch Bäcker. Ein Magie-Bäcker? Jedenfalls hat er uns hierher eingeladen", entgegnete Jacob vorsichtig, aber noch bedenkenlos. Newt kam schlagartig auf Jacob zu, nahm ihm den Brief ab, öffnete ihn hastig und begann zu lesen. Keiner der vier sagte mehr ein Wort – Queenie drehte ihren Zauberstab in ihren Fingern und Jacob richtete seine Augen perplex auf Newt, bis jener schließlich verkündete: „Ihr seid in eine Falle getappt."
Olga versteckte sich hinter Jacob, sodass sie die Gesichter der anderen nicht sehen musste. „Oh Mann! Queenie, es war alles meine Schuld."
„Nein, nein, war es keineswegs, mach dir keine Sorgen." Queenie kam ihm näher, die Besorgtheit stand beiden ins Gesicht geschrieben. Queenie beunruhigte das Ganze nicht so sehr, wie dass sich Jacob Vorwürfe machte.
„Amandus hat Grindelwald befreit. Das ist sein engster Anhänger! Er wurde zuletzt in London gesehen", erklärte Newt nervös herumgehend, ohne Olga ins Gespräch aufzunehmen. Jacob setzte sich betrübt auf einen Stuhl. Sogar Queenies freundliches, lebensfrohes Gemüt war in diesem Augenblick gehemmt. „Das Duo wird überall gesucht."

Just in dem Moment vernahmen die vier ein Rumpeln. Instinktiv rückten sie näher zusammen. Das Geräusch kam aus der Richtung des Speiseaufzugs. Olga war noch nie so angespannt in ihrem Leben. Sie reckte den Kopf, während sie sich weiterhin hinter Jacob versteckt hielt, und sah vor ihrem inneren Auge, wie Juan sie in den engen Kasten hineingedrängt hatte. Olga erschauderte und umfasste schnell Jacobs Bein. Alle standen fassungslos da. Nun kam der Speiseaufzug ganz oben an. Newt hielt den Zauberstab bereit, er zielte damit auf die besagte Stelle, denn es war mit einem Kampf zu rechnen! Queenies Hände zitterten. War sie imstande, jetzt richtig zu handeln? Behutsam wurde die Klappe aufgemacht.
Mit sichtlicher Verunsicherung beäugte Tina das Vierergespann. Tina Goldstein! Newt rutschte das Herz in die Hose. Wie konnte das nur sein? Tina öffnete überrascht den Mund, als würde sie gleich etwas sagen, Newt hielt die Luft an. Just als sich die Blicke von den zweien kreuzten, rief Queenie: „Oh, Tina!!" und trat näher zu ihrer Schwester. – „Queenie?" Die Aurorin war kaum aus dem Speiseaufzug geklettert, schon wurde sie umarmt. Währenddessen sah Newt peinlich berührt an den beiden vorbei und kratzte sich am Hinterkopf. Nun kam auch Jacob mit einem breiten Grinsen von hinten.
„Leute vom Ministerium sind da zur Durchsuchung", machte Tina gleich vorweg klar. Queenie biss sich mit bleibender Aufregung auf die Lippen, ehe sie klarmachte: „Jacob und ich trafen gerade vorhin auf Newt." Die drei drehten sich zu dem Magie-Zoologen um. Newt deutete mit den Lippen das Wort „Hallo" an. – „Es liegt doch ein Reisebann auf Venedig wegen zu hoher Enthüllungs-Gefahr – höchste Alarmstufe, wie Seraphina Picquery vorgestern ausrief!", warf Tina entrüstet ein. Kurze, beschämte Stille. – „Ich wurde gesandt... von Dumbledore", gab Newt kleinlaut bei. „Wer bist du?", entfuhr es Tina beim Anblick von Newts Begleiterin. „Das ist Olga. Sie – sie wurde von Juan entführt, wahrscheinlich weil er durch Legilimentik erkannte, dass sie schon mal einen Patronus gesehen hatte." Tinas Blick ruhte auf Olga, die mittlerweile verbissen war, da Newt immer für sie sprach. „Was soll uns das, die Zeit vergeht!", meldete sich jetzt Jacob ins Geschehen, „lasst uns Olga nach Hause bringen, dann bringen wir uns in Sicherheit." So wurde es gemacht.