Kapitel 3

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Als ich realisierte, dass der Augurey wohl entflohen sein musste, setzte mein Herz gefühlt für einen Moment komplett aus.
Ich war geschockt und gleichzeitig packte mich wie so oft Angst, allerdings war diese Emotion gerade viel stärker spürbar als sonst. Und ich wusste genau, warum das der Fall war.
Es war offenbar das eingetreten, was nie hätte passieren dürfen. Euphemia hatte mir schon vor Jahren versichert, dass es böse für mich enden würde, wenn der Vogel jemals unter meiner Aufsicht in die Freiheit gelangen würde.
Und selbst wenn es ihr Verschulden gewesen wäre, hätte sie wahrscheinlich sowieso mich verantwortlich dafür gemacht. Warum sie nicht wollte, dass der Augurey nach draußen gelangte, wusste ich nicht. Wahrscheinlich gab es da nicht mal einen bestimmten Grund.
'Wobei..', dachte ich. 'Vielleicht sieht sie Lebewesen einfach nur gerne eingesperrt und leiden.'
Und diese Schlussfolgerung war wahrscheinlich gar nicht so abwegig, immerhin erfuhr ich es seit ich klein war am eigenen Leib.
Ich blieb wie angewurzelt stehen und wusste zunächst nicht, wie ich mich jetzt verhalten sollte. Gebannt beobachtete ich Euphemia und sah bereits aus der Entfernung die Wut in ihrem Gesicht geschrieben.
Noch hatte sie mich nicht bemerkt und obwohl ich mir sicher war, die Käfigtür geschlossen zu haben, fühlte ich mich automatisch schuldig. Ich traute Euphemia sogar zu, den Vogel absichtlich heraus gelassen zu haben, damit sie mir heute doch noch die gewünschte Lektion erteilen konnte.
Trotzdem verspürte ich augenblicklich den Impuls, fliehen zu müssen. Allerdings war da gleichzeitig auch diese Sturheit, die ebenfalls zu mir gehörte und die mir zuzuflüstern schien: 'Du hast nichts unrechtes getan, also warum solltest du die Flucht ergreifen?!'
Jedoch brauchte ich gar nicht mehr großartig über meine Vorgehensweise nachdenken, da Euphemia sich nun in meine Richtung wandte und mich wutentbrannt anblickte.
Mit schnellen Schritten, die für eine alte Frau wie sie wirklich bemerkenswert waren, kam sie auf mich zu. Daraufhin machte ich auf dem Absatz kehrt und rannte auf den Wald zu, aus dem ich gerade gekommen war.
Denn irgendwie hatte ich das Gefühl, Euphemia würde ihre Drohung nun wirklich wahr machen und mich zu Tode foltern, wenn sie mich in die Finger bekam.
Und wehrlos würde ich ihr das nicht vollziehen lassen. Auch wenn ich kaum etwas gegen sie ausrichten konnte, ohne Magie, würde ich kämpfen und mir ihr mit irgendwelchen anderen Mitteln die Stirn bieten.
Und selbst, wenn sie mich nicht tötete, würde die Strafe qualvoll sein. Das wusste ich einfach.
"LESTRANGE!!!", hörte ich Euphemia hinter mir schreien, allerdings rannte ich weiter. Ich besaß zwar keine Magie, war allerdings ziemlich schnell und flink. Außerdem kannte ich mich im Wald sehr gut aus, im Gegensatz zu Euphemia, denn auch wenn sie es nie zugegeben hätte - sie fürchtete sich von dem Wald und dessen Geschöpfe.
Das leitete ich mir daran her, dass ich sie niemals hatte den Wald betreten sehen und sie immer mich geschickt hatte, um irgendwelche Pflanzen oder ähnliches zu holen. Sie hatte immer davor gewartet und ich hatte deutlich Furcht in ihren Augen erkennen können.
Im Wald hatte ich also eine gute Chance, ihr zu entkommen, allerdings erreichte ich diesen erst gar nicht.
Denn kurz bevor ich den Anfang des Waldes erreichte, wurde ich von einem Zauber getroffen, den Euphemia auf mich losgelassen hatte.
Ich wurde plötzlich von einer unsichtbaren, starken Kraft erst durch die Luft geschleudert und anschließend zu Boden geworfen. Erschrocken schrie ich auf, bevor ich auf dem harten Boden aufschlug und dort blieb ich auch erstmal liegen. Mir tat nämlich alle weh.
Das verschaffte Euphemia genügend Zeit, auf mich zukommen zu können. Und obwohl ich immer wieder versuchte, mich aufzurappeln, es gelang mir nicht und ich realisierte, dass mich irgendetwas magisch an diesem Fleck festhielt. Das war zweifellos der Zauber von Euphemia, den sie mit erhobenem Zauberstab so lange aufrecht erhielt, bis sie mich erreicht hatte.
"Dachtest du wirklich, du könntest mir entkommen?!", herrschte die böse Hexe mich an, die inzwischen vor mir stand. "Wie konntest du nur so dumm sein und die Käfigtür offen lassen?! Du wertlose Schande für uns Reinblüter bist nicht mehr wert, als ein elender Hauself!", schrie Euphemia hysterisch. "Ich habe dir gesagt, was dir blüht, solltest du dir noch einen Fehltritt erlauben! Du hast mich dazu gebracht, vergiss das niemals!", und noch bevor ich mich irgendwie rechtfertigen konnte, schwang sie erneut ihren Zauberstab.
"Crucio!", rief sie und sofort verspürte ich qualvolle Schmerzen, die so stark waren, dass mir die Luft weg blieb und ich mich zitternd auf dem Boden hin und her wälzte.
Ich konnte nicht einmal schreien, obwohl ich das Verlangen dazu hatte, so sehr schmerzte mein ganzer Körper. Dieses Gefühl war unerträglich und mich ergriff die Todesangst. Nur konnte ich nichts dagegen ausrichten und als ich das realisierte, hörte ich auf mich gegen dieses Gefühl des Schmerzes zu wehren. Nicht, weil ich schwach war, sondern irgendwie nahm diese Verhaltensweise den Schmerzen wenigstens ein wenig die Intensität.
Unerträglich blieben sie dennoch und bis Euphemia den Zauber stoppte, verging gefühlt eine Ewigkeit.
Ich blieb geschwächt auf dem Boden liegen. Mein Körper bebte noch von den Nachwirkungen des Cruciatus-Fluchs, der nicht grundlos zu den drei unverzeihlichen  Flüchen gehörte, die in der Zauberwelt vertreten waren.
Ja, auch wenn ich laut Euphemia selbst eine Nicht-Magierin war, hatte ich viel über Magie gelesen und gelernt. Vor allem über dunkle Magie, denn darüber besaß Euphemia mehr Bücher als über alles andere.
Obwohl ich noch immer sehr geschwächt war, setzte ich mich nun auf. "Euphemia, ich.. ich habe die Käfigtür geschlossen. Ich schwöre es!", stellte ich mit zitternder, jedoch gleichzeitig fester Stimme klar. Ich war nach wie vor überzeugt davon, obwohl das Verschwinden des Augureys etwas anderes behauptete.
Aber wahrscheinlich hatte Euphemia sie selbst offen stehen gelassen, absichtlich oder unabsichtlich war hierbei nicht von Belang und wahrscheinlich würde die Wahrheit nie nachvollzogen werden können.
Allerdings wollte ich mich nicht wieder für etwas bestrafen lassen, was ich nicht getan hatte. Das war nicht fair und ich fühlte mich plötzlich einfach zu stolz dafür.
Ich verabscheute diese alte Hexe abgrundtief und nun konnte ich nicht anders, als mich zur Wehr zu setzen. Es wurde Zeit, dass ich das endlich tat. Und meine Wut, die ich gerade neben allen Emotionen am stärksten verspürte, gab mir den nötigen Antrieb.
Denn jemanden, der andere die schwächer waren zu seinem Vergnügen erniedrigte, dem gebührte kein Respekt. Das wurde mir nun endgültig bewusst.
"Nun bist du auch noch so töricht, es zu leugnen!", kreischte Euphemia außer sich. "Na warte, das wird dir gleich vergehen!", fügte sie aggressiv hinzu und richtete erneut ihren Zauberstab auf mich.
Ich wusste, dass sie erneut den Folterfluch anwenden wollte, doch ich kam nun endlich auf die Beine und stellte mich ihr mutig entgegen.
"Nein!", rief ich wütend und wünschte mir, irgendwas würde eine Distanz zwischen mir und dieser Hexe schaffen. Und als hätte mich jemand erhört, kam genau in diesem Augenblick plötzlich ein Blitz vom Himmel und schlug genau zwischen mir und Euphemia ein. Und das, obwohl der Himmel zwar verhangen war, es allerdings keine Anzeichen für einGewitter gegeben hatte. Durch die Kraft des Blitzes, der aus dem Nichts aufgetaucht war, wurden Euphemia und ich auseinander und zu Boden geschleudert.
Daraufhin herrschte erstmal gespenstische Stille um uns herum.

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Na, was meint ihr? War das mit dem Blitz glücklicher Zufall oder könnte noch etwas anderes dahinter stecken?

Viel Spaß mit dem neuen Kapitel!:)

Liebe Grüße ♡

The Heiress of Slytherin - Slytherins ErbinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt