Noch einmal überflog ich die Zeilen, aber glauben konnte ich es irgendwie immer noch nicht. Ich widmete mich schließlich dem zweiten Pergament, das allerdings nur eine Art Einkaufsliste war, weshalb ich nun wieder den ersten Teil des Briefs anstarrte.
"Stimmt etwas nicht?", fragte nun Minerva, die meinen Unglauben wohl an meinem Gesicht hatte ablesen können. "Es ist vielleicht im ersten Moment ein wenig überwältigend, aber eigentlich freuen sich zukünftige Schüler, wenn sie erstmal realisiert haben was das für sie bedeutet. Bei dir sieht es nun allerdings nicht danach aus.", merkte nun Professor Dumbledore an und ich blickte von dem Stück Pergament in meiner Hand auf. Die beiden Professoren sahen mich erwartungsvoll an.
"Es ist nur..", setzte ich an und spürte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Einfach, weil ich dachte, dass es zu schön war um wahr zu sein, dass ich auf diese Schule gehen sollte. Es musste ein Fehler unterlaufen sein, davon war ich fest überzeugt. Jedoch wollte ich wie immer meine Traurigkeit nicht zeigen und wie jedes Mal konnte ich meine Tränen verbergen.
"Es ist nur.. Ich glaube, ihnen ist da ein Fehler unterlaufen.", sagte ich nun ehrlich und die Professoren sahen mich überrascht an. "Ein Fehler?", fragte McGonnagal. "Gewiss nicht, Alya. Warum glaubst du das denn?", wollte sie von mir wissen. "Naja.. Sie wollen mich doch auf eine Zauberschule schicken, oder?.", fragte ich vorsichtig und die beiden Lehrer nickten. "Ja, so ist es.", bestätigte Professor Dumbledore und bevor ich darauf etwas erwidern konnte, begann Euphemia plötzlich lauthals zu lachen. Ich zuckte zusammen.
"Was ist so amüsant, Miss Rowle?", wollte McGonnagal wissen und sah die alte Hexe mit einem verachtenden Blick an. "Was so amüsant ist?", fragte Euphemia. "Die Tatsache, dass sie einen Squib auf ihre ach so wundervolle Schule schicken wollen!", rief sie und irgendwie war in ihrer Stimme Unsicherheit zu vernehmen. Diese versuchte sie jedoch hörbar zu verstecken. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Auch McGonnagal und Dumbledore schienen sich nicht ganz klar darüber zu sein, was das zu bedeuten hatte.
Euphemia wiederum sprach unbeirrt weiter. "Dieses Balg hat keinen Tropfen Magie in ihrem Blut! Sie mag zwar eine Reinblütige sein, aber das ändert nichts daran, dass sie genauso wenig wert ist wie ein Muggel! Sie ist nichts wert, absolut nichts! Man könnte sie genauso gut beseitigen, das würde.."
Noch bevor Euphemia sich weiter auslassen konnte, schwang Professor McGonnagal ihren Zauberstab. Innerhalb des Bruchteils einer Sekunde, beinahe sofort, war die Gestalt der alten Hexe Euphemia Rowle verschwunden und an ihrer Stelle kam nun eine Ziege zum Vorschein. Diese gab ein entsetztes Meckern von sich.
Ich konnte kaum fassen, was gerade geschehen war. Ich hatte mich jahrelang mit Euphemia herum schlagen müssen und diese Hexe hatte nur einmal ihren Zauberstab geschwungen, um sie zum Schweigen zu bringen. Naja, nicht vollkommen, denn die Ziege meckerte nun unaufhaltsam und das ziemlich laut. Ich blickte zwischen der Ziege und McGonnagal hin und her.
Das Tier sah Euphemia tatsächlich ähnlich. Das Fell hatte die Farbe ihrer aschgrauen Haare angenommen und auch die Ziege wirkte so zerbrechlich, wie Euphemia in ihrer Menschengestalt. Ich hatte jedoch gelernt, mich davon nicht täuschen zu lassen.
Auch Dumbledore blickte nun erst die Ziege an und dann seine Kollegin, mit einem Blick, der offenbar 'Ernsthaft?!' bedeuten sollte oder so etwas wie 'Musste das jetzt sein, konntest du dich nicht beherrschen?!'. Doch auch sah ich, dass er grinste.
"Wirklich, Minerva?", fragte er dennoch und die Hexe zuckte mit den Schultern. "Ich habe sie vorgewarnt, Albus.", antwortete die Professorin mit aufgesetzter Unschuldsmine. Offenbar tat ihr das, was sie getan hatte, überhaupt nicht leid und ich war ihr ganz ehrlich dankbar dafür.
"Vorgewarnt wurde sie in der Tat.", stimmte Dumbledore zu und konnte sich ein noch breiteres Grinsen offenbar nicht verkneifen. Auch McGonnagal schmunzelte und ich konnte es ebenfalls nicht verhindern, dass mir einkleines Lachen entwich. Jedoch eher aus Erleichterung, Euphemias Stimme und ihre Drohungen und ihren Spott nicht mehr hören zu müssen.
Und nachdem McGonnagal noch zweimal ihren Zauberstab geschwungen hatte, war nun auch das Meckern der alten Ziege Euphemia verstummt und um ihren Hals war ein Halsband erschienen. An diesem war eine Kette befestigt, die bis zum Boden reichte und irgendwie mit diesem dort auf magische Weise verwachsen war. Offenbar, um zu verhindern, dass Euphemia flüchtete.
Ich hatte dabei zugesehen und spürte plötzlich wieder diese Sehnsucht in mir aufkommen, die ich immer verspürt hatte, wenn ich Euphemia hatte zaubern sehen.
Wenn sie nicht gerade mich mit ihren Zaubern und Flüchen gedemütigt und gefoltert hatte, war das manchmal wirklich interessant gewesen. Allgemein war Magie einfach faszinierend und zu wissen, von Zauberern abzustammen, aber diese Gabe selbst nicht zu besitzen, war schwer eine schwer zu tragende Bürde.
"Ich wünschte, ich könnte auch zaubern.", sagte ich und biss mir sofort auf die Zunge. Das hatte ich nicht laut aussprechen wollen, jedoch war es nun passiert und ich hatte das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen. "Ich meine jetzt nicht unbedingt um andere in irgendwas zu verwandeln.. oder und Leuten weh zu tun. Sondern einfach.." Ich wusste nicht wie ich es erklären sollte, deshalb ließ ich es bleiben.
Die zwei Professoren blickten erst mich, dann einander an und Dumbledore nickte McGonnagal zu, als wollte er sie bitten, das Wort an mich zu richten. Und das tat sie auch. "Alya, hör mir jetzt mal ganz genau zu.", bat sie mich. "Egal, was Miss Rowle dir auch erzählt hat, ein Squib bist du ganz sicher nicht.", sagte die Hexe und klang dabei sehr glaubwürdig.
"Ich bin kein.. Aber warum.. Wie.. Woher wissen sie.." Erneut wusste ich nicht, was ich sagen oder eher, welche meiner Fragen ich zuerst stellen sollte. Es war einfach alles so verwirrend.
"Nein, du bist kein Squib. Du besitzt magische Kräfte. Alya, hast du denn nie etwas geschehen lassen? Unerklärliches, großartiges wenn du wütend warst oder Angst hattes, zum Beispiel?" Ich überlegte kurz und schüttelte den Kopf. Mir fiel nichts dergleichen ein.
"Da muss ich dir widersprechen, mein Kind.", meinte McGonnagal. "Ich begleite dich, seit du noch ein winziges Baby warst und ich kann dir versichern, dass du mich damals ganz schön bei Laune gehalten hast." Die Hexe lächelte, als ob sie sich gerne daran erinnerte.
"Inwiefern?", wollte ich nun wissen. "Du hast gezaubert, allerdings hast du manchmal die absurdesten und gefährlichsten Dinge beschwört.", lautete die Antwort. "Ich hatte alle Hände voll zu tun, hinter dir aufzuräumen.", berichtete Minerva.
"Oh.. Das tut mir leid.", sagte ich. "Das muss es nicht. Kein Kind kann mit wenigen Monaten seine Magie kontrollieren, das ist unmöglich. Und deshalb gibt es Hogwarts. Auf dieser Schule wirst du lernen, wie du deine Kräfte kontrollierst und wie du sie richtig einsetzt. Du bist jetzt 11 Jahre alt und somit alt genug, um in Hogwarts aufgenommen zu werden."
Ich glaubte Professor McGonnagal jedes Wort, jedoch blieben trotzdem noch einige Fragen offen. "Okay, das klingt ja erstmal schön. Aber sind sie sich wirklich sicher, dass ich das damals war? Diese.. Dinge? Ich meine.. Ich kann mich daran nicht erinnern und ich habe auch die letzten Jahre nichts dergleichen getan, denn das müsste ich doch gemerkt haben. Und warum hat Euphemia das nicht mitbekommen und mir stattdessen erzählt, ich wäre ein Squib?"
Nun antwortete Professor Dumbledore. "Denken sie einmal nach, Miss Lestrange.", sagte er. "So war es für Miss Rowle leichter, sie klein zu halten, um es gelinde auszudrücken. Und es ist nicht wahr, dass seit ihrer Kindheit nichts dergleichen mehr geschehen ist. Der Blitz vorhin beispielsweise, der kam ganz sicher von ihnen."
Ich legte den Kopf schief. "Von mir?", fragte ich. "Ganz recht.", bestätigte Professor Dumbledore. "An was haben sie gedacht, kurz bevor er eingeschlagen ist?", wollte er nun von mir wissen. "Ich habe mir gewünscht, dass.. dass irgendwas Distanz zwischen Euphemia und mir schafft.", erwiderte ich. "Das erklärt das Auftauchen des Blitzes. Und zu der Frage, warum all die Jahre nichts dergleichen aufgetreten ist.. Nun ja, es ist so: Wie Professor McGonnagal bereits richtig erklärt hat, können starke Gefühle wie Angst oder Wut dazu führen, dass die Magie eines jungen Zauberers oder einen jungen Hexe zutage kommt. Allerdings können ebendiese Gefühle, in sehr seltenen Fällen, auch dazu führen, dass die Magie verborgen bleibt und der oder die Betroffene sie unbewusst verdrängt. Das kann irgendwann sehr gefährlich werden. Für den jungen Menschen selbst, aber auch für die Gesellschaft. Und wie ich weiß, haben sie jahrelang Leid erfahren. Entsetzliches Leid, vor dem wir sie leider nicht bewahren konnten. Aber jetzt ist die Zeit gekommen, dass.."
Professor Dumbledore hielt inne, als plötzlich Rufe zu hören waren. Aus dem Wald stürmte eine große Gestalt auf uns zu und ich wich erschrocken zurück. Jedoch blieb ich stehen, als ich realisierte, dass McGonnagal und Dumbledore keine Anstalten machten denjenigen aufzuhalten. Irgendwie glaubte ich, dass er zu ihnen gehörte und je näher er kam, desto weniger bedrohlich wirkte er.
Es war ein großer gewachsener, stämmiger Mann mit langen Haaren und einem Bart. Er war ziemlich außer Puste und konnte sich offenbar kaum noch auf den Beinen halten.
"Hier bin ich.. Professor.. Es hat.. ein bisschen länger gedauert, aber.. hier bin ich.. Jetzt bin ich da!" Der Mann rannte zu uns hinüber und blieb vor uns stehen, wo er erstmal ordentlich nach Luft schnappte. "Was.. was hab ich verpasst?!", wollte der mir noch Fremde wissen, während Dumbledore nur amüsiert seufzte. "Ich befürchte den spannendsten Teil, Hagrid.", sagte der Zauberer. "Aber sie kommen gerade rechtzeitig, um Miss Lestrange in ihre Obhut zu nehmen."
Dumbledore sah zu mir hinunter, der Blick des großen Mannes, der offenbar Hagrid hieß, folgte seinem Beispiel. "Hagrid, das ist Alya. Alya, das ist Hagrid. Er ist Hüter der Schlüssel und Ländereien von Hogwarts.", erklärte Dumbledore und ich lief zu Hagrid hin, der jedoch zurück wich. Als hätte er Angst vor mir. Das hinderte mich jedoch nicht daran, auf ihn zu zu gehen. "Hallo.", sagte ich und hielt ihm die Hand hin. "Es freut mich, sie kennenzulernen.", fügte ich hinzu und nachdem der große Mann mich kurz gemustert hatte, nahm er meine Geste zur Begrüßung an. Sein Händedruck war fest und ein wenig schmerzhaft, allerdings ließ ich mir nichts anmerken. "Ganz.. meinerseits.", antwortete Hagrid, was jedoch unsicher wirkte.
"Nun, nachdem nun Bekanntschaft geschlossen wurde, glaube ich es wäre am besten wenn sie und Alya gleich aufbrechen. Der Tag wird schließlich nicht jünger.", wandte nun Professor McGonnagal ein. "Aufbrechen?", fragte ich und sie nickte. "Ja, richtig. Hagrid wird die Besorgungen mit dir erledigen, die für das erste Jahr in Hogwarts notwendig sind. Anschließend wird er dich nach Hogwarts bringen und wir können dort alles weitere besprechen.", erklärte Minerva weiter. "Vorausgesetzt, du bist dir immer noch unschlüssig darüber, ob du auf diese Schule gehen willst. Keiner wird gezwungen."
Ich schaute daraufhin zwischen den beiden Lehrern und Hagrid hin und her. Mein Entschluss stand allerdings bereits fest. "Ich komme mit!", offenbarte ich ihnen entschlossen.
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The Heiress of Slytherin - Slytherins Erbin
FanficDie junge Hexe Alya-Cassiopeia Bellatrix Lestrange ist die Tochter von Bellatrix Lestrange und deren Mann Rodolphus Lestrange, die vor deren Inhaftierung in Azkaban zur Welt kam. Seitdem lebt sie bei einer Bekannten der Familie, die sich nicht sonde...