*Kapitel 6: Jungkook*

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"Wer wartet bei dir Zuhause?" fragte Taehyung in die Dunkelheit. Er konnte nicht schlafen, sein Herz pochte lauter als seine Worte. Das ungemütliche Bett war nur ein kleiner Grund seiner Schlaflosigkeit.
"Niemand. Ich habe nur meine Eltern." antwortete Jungkook nach einer Weile traurig.
"Vermissen sie dich nicht?"

"Wir hatten Streit." murmelte der Jüngere nach einer Weile und unterdrückte seine aufkommenden Tränen. Zu weinen hatte kein Zweck und würde nichts an der Situation ändern. "Ich bin abgehauen."
"Abgehauen? Wie alt bist du?" fragte Taehyung verwirrt.

"Letzten Monat 20 geworden. Du?"
"25."
"Du hast jung geheiratet."
"Ja." lachte Taehyung und dachte an seone Frau. An ihr Lächeln, als er ihr den Antrag gemacht hatte. Er dachte an eie Hochzeit, als er vor dem Altar geschworen hatte, sie und die zukünftigen Kinder zu lieben und mit seinem Leben zu beschützen. "Sie ist die Liebe meines Lebens, warum sollte ich die Zeit verschwenden und warten, bis ich älter bin?"

"Ich wünsche mir das irgendwann auch." antwortete Jungkook leise und drehte sich seufzend um. "Wenn ich hier drinnen nicht sterbe."
"Weinst du?"
"N-nein." stotterte Jungkook verzweifelt und wischte sich die Tränen vom Gesicht.

"Willst du..." fragte Taehyung, doch stoppte. Es war ihm unangenehm zu fragen. "Also du musst nicht, aber wenn es dir hilft, kannst du bei mir schlafen. Dann fühlst du dich nicht so einsam."
Tae hörte das Rascheln von einer Decke und schließlich spürte er, wie die Matratze unter Jungkooks Gewicht nachgab.

Sie hatten sich in das Zimmer verkrochen, in welches Jungkook zuletzt auch war. Es war klein, sah aus, wie alle anderen tristen Räume. Leblos.
"Wir werden es schaffen." munterte Taehyung ihn auf, doch er selbst glaubte nicht an seine Worte.
Ihm war bewusst, dass er sterben würde. Er würde dafür sorgen, bevor irgendwer anderes stirbt; Wenn er es verhindern könnte.

Der Jüngere kuschelte sich leicht an ihn und gemeinsam fielen sie in einen unruhigen Schlaf. Immer wieder wachte Jungkook auf, da er irgendetwas gehört haben schien. Sein Hirn spielte ihm etwas vor.
Nach vielleicht vier Stunden stand er schließlich auf, gab es auf zu schlafen, und schlenderte durch den Flur. 

Seine Beine führten ihn zu der Bibliothek, wo er die Tür leise aufstieß und reinging. Das Licht war in diesem Raum gedämmt, sodass man trotzdem etwas sehen konnte. Nicht viel, jedoch etwas.
Mit seinen Fingern fuhr er über die Bücherregale und suchte nach einem interessanten Buch. Seine Finger hinterließen saubere Streifen, der Staub klebte an seinen Fingern. In der Ecke der Bibliothek fand er Yoongi und Jimin Arm in Arm schlafend, weshalb er sich umdrehte und wieder die Aufmerksamkeit auf die Bücher legte. Sie sollten nicht aufwachen und denken, dass er sie töten wolle.

Als er ein spannendes Buch gefunden hatte, nahm er dieses und ging zurück zu seinem Schlafplatz. 
Dort setzte er sich auf sein eigenes Bett und fing etwas über Feen zu lesen.
Solche Fantasy-Bücher beruhigten ihn schon immer.

Als Kind hatte er viele Bücher über Feen und Elfen. Sie alle gingen gut aus, denn Feen gewannen immer und das Böse verschwand für die Ewigkeit. Eine heile Welt.
Erst als Taehyung sich umdrehte, schaute Jungkook vom Buch auf, verließ seine Traumwelt und lächelte den Älteren leicht an.

"Liest du mir was vor?" fragte Taehyung verschlafen.
"Es gefällt dir bestimmt nicht."
"Ich denke, du hast einen guten Geschmack. Ich will's hören."
Taehyungs Ziel war es, Jungkook zu unterstützen und ihn abzulenken. Auch wenn sie nur fünf Jahre Unterschied hatten, hatte Jungkook eine unschuldige Aura um sich herum, als sei er keine 20. Ein bisschen erinnerte Jungkook an den Jüngeren Tae. Vielleicht fünfzehn Jahre alt, hatte keine Ahnung vom Leben und hatte dieses noch vor sich.
Jungkook war zerbrechlich. Wie Glas. Unf Taehyung wollte zu jedem Preis das Glas fangen, bevor es auf den Boden aufkam und in tausend Stücke zersprang.
Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Scherben zur Waffe wurden, war in dieser Hölle zu hoch.

"Auf ihrem zarten Kopf trägt sie eine silberne Krone, und auf ihrem Rücken ragen zwei durchscheinende Flügel hervor. Die Fee nimmt sie an die Hand, und gemeinsam mit ihr geht sie hinüber zu dem kleinen Kind, das auf der anderen Seite des Spiegels steht..."

Among UsᵇᵗˢWo Geschichten leben. Entdecke jetzt