Ich erwartete Schmerz oder vielleicht auch einfach nur Schwärze, aber nichts davon trat ein.
Vorsichtig öffnete ich meine Augen, genau in dem Moment als meine Mutter vor mir zusammensackte.
Für einen Moment stand ich einfach nur wie versteinert da, nicht in der Lage zu realisieren, was hier gerade vor sich ging.
,,Die Wachhundqualitäten deiner Haustierchen lassen echt zu wünschen übrig.'', ertönte eine sehr bekannte Stimme links von mir und langsam wandte ich den Kopf in die Richtung, konnte es kaum glauben. Mit seinem typischen Grinsen stand Kiyan im Flur und ließ gerade seine Waffe sinken.
Fassungslos sah ich von ihm zurück zu meiner am Boden liegenden Mutter, unsicher, was ich gerade empfinden sollte. Erleichterung, weil ich noch am Leben war? Entsetzen, weil meine Mum wirklich versucht hatte, mich umzubringen? Oder Schock, weil Kiyan plötzlich aufgetaucht war und sie erschossen hatte? Und er brachte es wirklich fertig, nach seiner Tat immer noch völlig gelassen grinsend vor mir zu stehen. Als hätte er nicht gerade meine - und gewissermaßen auch seine - Mutter getötet.
Oh Gott. Endlich gelang es mir mich aus meiner Starre zu lösen und zu ihrem leblosen Körper zu stürzen. Aufgewühlt suchte ich nach der Wunde und ihrem Puls. ,,Du hast sie umgebracht!'', schrie ich währenddessen fassungslos.
Kiyan wank nur gelassen ab. ,,Ach was. Keine Sorge, das war nur ein Betäubungspfeil.'' Plötzlich jedoch verschwand seine Gelassenheit und er hastete zu mir, um selber ihren Puls zu fühlen. ,,Aber ursprünglich für riesige Bestien gemacht, nicht für Menschen - fuck.''
Ich schnaubte völlig fertig mit den Nerven und fuhr mir durch die Haare, wahrend ich ihm Platz machte.
,,Ihr Puls ist zwar ziemlich schwach, aber sie lebt noch.'' Erleichtert sah Kiyan zu mir und ließ von ihr ab. Dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck jedoch wieder. ,,Wobei ich mich auch nicht wirklich schuldig gefühlt hätte, würde sie es nicht mehr tun. Schließlich hat sie versucht dich umzubringen.''
Ich schluckte schwer. ,,Ich weiß..'' Trotzdem hätte ich ihren Tod nicht gewollt. Sie war immer noch meine Mum.
Kiyans Blick richtete sich plötzlich auf etwas hinter mir. ,,Du solltest dir vielleicht mehr Sorgen um das kleine Wölfchen dahinten machen.''
Ich drehte mich um und meine Augen weiteten sich entsetzt, als mir Katys Verfassung auffiel. Verdammt, das hatte ich ja völlig vergessen. Da ich nun wusste, dass der Zustand meiner Mum lange nicht so kritisch war wie Katys, hastete ich eilig zu ihr. Überfordert presste ich meine Hand auf ihre blutende Wunde und versuchte Katy irgendwie aufrecht sitzend zu halten, die mit geschlossenen Augen immer schwächer wurde.
,,Du solltest sie besser so schnell wie möglich zum Tierarzt bringen.'', steuerte Kiyan in seiner üblichen Manier bei und ich warf ihm über die Schulter einen giftigen Blick zu. ,,Lass das, Kiyan, und hilf mir lieber!''
Nach kurzem Zögern kam er zu mir und griff nach Katy, um sie hochzuheben. Mein Blick blieb bei meiner Mum hängen. Wir konnten sie doch jetzt nicht einfach so und vor allem unbeaufsichtigt da liegen lassen, oder?
Kiyan registrierte meinen Blick. ,,Kümmer dich nicht um sie, Lorena schläft jetzt erstmal eine ganze Weile, das Betäubungsmittel hat es echt in sich.''
Ich nickte unsicher und folgte ihm eilig, als er los lief. Besorgt sah ich zu Katy, die noch blasser als vorher war.
,,Weißt du, wo der Hundearzt seine Praxis hat? Sonst sehe ich nämlich schwarz. Und rot bei deiner Mutter.''
,,Nein'' Verdammt, was machten wir jetzt? Katy brauchte einen Arzt und zwar dringend.
,,Dann muss ich es eben selber machen.'', seufzte Kiyan und schlug den Weg nach oben an. ,,Wäre eigentlich eh viel zu gefährlich gewesen momentan draußen rumzulaufen.''
,,Kannst du das denn?'', erkundigte ich mich besorgt, mich nicht daran erinnernd, Kiyan jemals einen Erste-Hilfe Kurs belegend gesehen zu haben.
,,Ich bin Jäger, Lyn. Natürlich kann ich Wunden versorgen.'', antwortete er überheblich und trat zur Seite, damit ich die Tür vor uns öffnen konnte. Dahinter kam ein Schlafzimmer zum Vorschein. Kiyan legte sie auf dem Bett ab und begann ihr Shirt zu zerreißen. ,,Ich brauche heißes Wasser, einen Waschlappen, Pinzette, Nadel und Faden. Und Alkohol, sollten sie etwas hier haben.''
Ich nickte eilig und rannte ins Bad. Während ich eine Schüssel mit heißem Wasser füllte und den Waschlappen bereitlegte, fragte ich mich, wo ich die anderen benötigten Sachen finden sollte. Alkohol würde ich wohl in der Küche finden, aber eine Pinzette, Nadel und Faden?
Schnell brachte ich Kiyan schonmal die Schüssel mit dem Lappen und eilte dann wieder raus aus dem Flur. Dann würde ich eben erstmal den Alkohol besorgen, von dem ich wusste, wo er war.
Auf dem Weg in die Küche begegneten mir Deyas und Elaya, letzterer stützte sich ein wenig auf seinen Bruder und sah ziemlich übel aus. Da sie mir den Weg versperrten, hielt ich an.
,,Warum seit ihr nicht im Keller? Und warum riecht es hier so stark nach Blut?'', verlangte Deyas unruhig zu wissen.
,,Wir sind angegriffen worden, direkt nachdem du verschwunden warst. Katy wurde angeschossen.'', erklärte ich hastig und drängte mich an ihnen vorbei. ,,Ich muss ein paar Dinge für Kiyan besorgen. Wisst ihr, wo Pinzette, Nadel und Faden sind?''
Elaya schien auf einmal seine eigenen Verletzungen völlig zu vergessen und hielt mich am Arm fest. Erschrocken hielt ich inne und sah ihn an. ,,Wo ist sie?'', knurrte er.
,,Oben in einem der Schlafzimmer.'' Ich verlor keine unnötigen Worte. Elaya ließ mich los und machte sich sofort auf den Weg ins Obergeschoss. Deyas blieb noch stehen. ,,Ich helfe dir.'', ließ er verlauten und sah mich erwartungsvoll an.
,,Dann hol du Alkohol und ich suche diese dämliche Pinzette und den Rest.'' Hoffentlich hatte Levan so etwas überhaupt hier.
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Alaska Legends - Alpha Levan
Teen FictionIn der malerischen Kleinstadt Valdez soll Jallyne eigentlich ein ruhiger Neuanfang erwarten, fernab von den Problemen, die sie in ihrer Heimatstadt Louisville zurückgelassen hat. Doch schon an ihrem ersten Tag wird klar, dass Jallyne's neues Leben...