19. Kapitel

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Unser Date war letztendlich eigentlich wirklich ganz schön gewesen, ging es mir durch den Kopf, als ich am Abend meine Hausaufgaben beendet hatte.
Ich fand es, wenn ich ehrlich war, nicht mal mehr irgendwie komisch oder schlimm mit Lev Zeit zu verbringen, auch wenn sein Verhalten mir manchmal nicht ganz logisch und mehr als schräg erschien. Im Gegenteil. Er hatte mir heute bewiesen, dass er auch ein richtiger Gentlemen sein konnte. Etwas, was in der heutigen Welt nicht mehr so leicht zu finden war.
Ich ging sogar so weit, zu behaupten, dass ich auf einem guten Weg war, mich in ihn zu verlieben. Ob das jetzt gut oder schlecht war, war ich mir noch nicht ganz sicher.
Ich schaltete meine Schreibtischlampe aus und klappte das Schulbuch zu. Ich drehte mich mit meinem Schreibtischstuhl so, dass ich nun mein Zimmer überblicken konnte. Dabei blieb mein Blick an einem bestimmten Buch hängen und ich stand auf, um es hochzuheben und mich damit auf mein Bett zu setzten. Nebenbei schaltete ich meine Nachttischlampe an und drehte sie so, dass sie auf das Buch leuchtete. Meine Finger strichen über den leicht abgegriffenen Ledereinband und die Buchstaben. Alaska Legends. Erneut jagte mir das Bild darunter einen Schauer über den Rücken, genauso wie der knappe Text auf der Rückseite, den ich erneut las. Fürchtest du dich?
Ja. Ja, das tat ich tatsächlich ein wenig. Dennoch hielt es mich nicht davon ab, das Buch aufzuschlagen. Ich hoffte darin etwas über diese Kreaturen, diese Monsterwölfe aus dem Wald herauszufinden, die mich immer noch bis in meine Träume verfolgten und sie zu Alpträumen werden ließen.
Ich nahm mir mein Handy zu Hilfe, um die lateinischen Überschriften zu übersetzen und zu verstehen. Auch im Text kamen immer wieder lateinische Begriffe vor, für die ich auf meinen technischen Übersetzter zurückgreifen musste.
Ich begann zu lesen.

Die Legenden von Alaska

Lunae creaturae

Die Kreaturen des Mondes, auch genannt Bestias per noctem, Bestien der Nacht, oder obumbratio, dunkle Schatten, sind Abkömmlinge des Lupus cujusque primae veritatis, dem Urwolf. Sie sind den normalen lupi ( lupus - Wolf) nur im entferntesten ähnlich und stark überlegen. Sie sind größer, stärker, schneller, wilder und blutrünstiger. Außerdem sind die direkten Nachkommen des Urwolfs in der Lage ihre Gestalt zu wandeln und somit zwischen dem Körper eines Menschen und dem ihres Wolfs zu pendeln je nach Belieben. Bei Stress- und Gefahrensituation und starkem Reiz sowie heftigen Emotionen wie brodelnder Wut kann eine Verwandlung jedoch unbeabsichtigt herbeigeführt werden.
Zusätzlich sind sie als filii luna, Mondkinder, vom Vollmond abhängig, der von ihnen angebetet wird, da Legenden besagen, ihre Erschafferin, die Mondgöttin Luna, lebe auf diesem und sei mit ihm verschmolzen. So sind sie gezwungen sich jeden Vollmond in ihre wahre Form zu verwandeln und, bis der Mond untergegangen ist, in dieser zu verweilen.
Ihre wahre Gestalt entspricht der einer Wolfsbestie. Mit dichtem, härterem Fell als normal, einer Größe entsprechend der doppelten eines normalen Wolfes, und langen, messerscharfen Krallen und Zähnen, mit glühenden Augen und übermäßiger Sehkraft, Geruchsinn und Gehör sind sie nicht nur jedem anderen Tier überlegen, sondern entsprechen auch den menschlichen Vorstellungen eines wahren Bilderbuchmonsters.

Viele nennen sie aber auch einfach nur lupinotuum pectinem - Werwolf.

Ich hielt mit dem Lesen inne. Erneut las ich mir die letzten Zeilen durch. Und nochmal.
Ich erstarrte vor Schock und Schreck. Das, was da stand, traf genau auf diese Monsterwölfe zu, die ich unglücklicherweise viel zu nah hatte betrachten dürfen. Sogar der Gedanke mit dem Bilderbuchmonster war gleich.
Es gab sie also wirklich? Meine Fantasie hatte mir keinen Streich gespielt, es war keine Einbildung, sondern...real?
Die Legende dieser Werwölfe - oder was auch immer sie jetzt waren - war demnach also auch keine einfache Legende, sondern stimmte wirklich. Schließlich hatte ich das, was hier beschrieben wurde, ja verdammt nochmal selbst, mit eigenen Augen, gesehen!
Werwölfe! Ich schnaubte fassungslos. Ein Teil von mir zweifelte immer noch daran, egal, was ich gesehen hatte.
Aufgeregt und mit schnell klopfendem Herzen las ich auf der nächsten Seite weiter.

Alaska Legends - Alpha Levan  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt