Kapitel 14

132 6 3
                                    

Pov. Luka

Ich schätze jetzt weiß ich wie man ein gewöhnliches Mittagessen ganz schnell in das unangehmste der Weltgeschichte umwandelt. Während meiner Mutter die Tränen in die augenstiegen, quietschte mein Schwester freudig auf und mein Vater fing an zu lachen, als hätte ich einen guten Witz gemacht. Aus schlichter Verzweiflung lachte ich krampfhaft mit meinem Vater mit. Warum hatte ich das gesagt? Ich war mir nicht mal sicher ob ich jetzt auf Jungen stand. Ich hatte noch nicht mal mit Jona geredet. Wenn ich es überhaupt hätte erwähnen wollen dann doch bitte wenn's sich auch lohnt. Also wenn ich mit Jona zusammen bin. Oder so ähnlich. Vielleicht selbst dann nicht. Was ging meine Familie bitte mein Sexualleben an? Ich hörte auf zu lachen. Am liebsten hätte ich vor Scham geweint, konnte die Tränen allerdings gerade noch so unterdrücken. Mein Vater hörte ebenfalls auf zu lachen. "Du meinst das ernst?", fragte er in diesem Tonfall der besagte, jetzt bloß genau das Gegenteil von dem zu sagen was ich eben gesagt habe.

Ich antwortete nicht, ich konnte nicht widerrufen was ich gesagt hatte, denn das wäre eine Lüge gewesen. Doch ich konnte es auch nicht bestätigen, weil ein Teil von mir immer noch sagte das es ebenso gelogen wäre. Mein Vater durchbohrte mich mit seinen Blicken. Wenn Blicke Töten könnten wäre ich jetzt auf die dreißig kreativsten Arten aus dem Leben getreten. Ich senkte den Blick. Meine Schwester hatte aufgehört zu quietschen und schaute jetzt entgeistert zwischen mit und unserem Dad hin und her. Aus dem Augenwinkel sah ich wie meine Mom sich verstohlen eine Träbe wegwischte. Was hatte ich nur mit einer einzigen dämlichen Aussage angerichtet. Hätte ich doch einfach mal die Klappe gehalten. Mein Dad schüttelte wütend und enttäuscht den Kopf, rückte seinen Stuhl geräuschvoll nach hinten und verschwand. Das tat er immer wenn er so wütend war das er fast die Beherrschung verlor.

"Ihr solltet aufessen. Ich... ich muss noch die Wäsche machen", sagte meine Mutter mit brüchiger Stimme. Sie ging ebenfalls, aber so leise und unauffällig wie möglich. Sobald sie den Raum verlassen hatte hörte man von draußen unmenschliche Schluchzer, es war kaum zu ertragen. Was hatte ich nur getan? Was zum f*ck hatte ich nur getan? Kann mich bitte jemand vergraben? Ich wollte so schnell wie möglich verschwinden. Abrupt stand ich auf und lief Richtung Tür.

Meine Schwester hielt mich an meinem Arm zurück. "Luka...", fing sie leise an, doch ich unterbrach sie. "WAS?! WAS WILLST DU?", schrie ich sie an, was ihr augenblicklich die Tränen in die Augen trieb. Ich ließ meine Wut an ihr aus? Was stimmte denn jetzt nicht mit mir? Als ich sah wie nah sie den Tränen war tat mir das so unendlich leid. Ich war ein Arsch. "Ich... es tut... es tut mir leid. Ich wollte dich nicht anschreien", sagte ich, jetzt selbst den Tränen nah. Sie sah mich an, wie nur kleine Schwestern ihre großen Brüder angucken können. "Ich weiß, es tut trotzdem weh", sagte sie und konnte ihre Trauer nicht mehr zurückhalten. Ich zog sie in eine Umarmung. Jetzt fing sie richtig an zu schluchzen. Ich konnte die Nässe durch meinen Pulli spüren. Ich drückte sie so fest an mich als würde mein Leben davon abhängen, während ich ihr ungelenk durchs Haar strich.

Und zum ersten mal seit Jahren sagte ich :"Ich hab dich lieb, das weißt du oder?" "Machmal bin ich mir da nicht so sicher", erwiderte sie lächelnd. "Wie jetzt kein ich dich auch, du tollster, bester großer Bruder allezeiten? Nur ein da bin ich mir nicht sicher?", sagte ich gespielt empört. Sie lachte und schlug mir in den Bauch.

"Aua nein, nicht das tut so weh", rief ich aus und hielt mir den Bauch (vor lachen). "Du Arsch", sagte sie und stieg in mein Lachen mit ein. "Hast du was vor, sonst würde ich sagen können wir nen Film gucken", fragte sie nachdem wir uns etwas beruhigt hatten.

"Ich wollte eigentlich zu Jona und ich glaube ich sollte heute besser nicht mehr nach Hause kommen", sagte ich. "Oh", machte sie leicht traurig. "Ohh", machte sie dann mit einem wissenden Gesichtsausdruck. Ich konnte nicht vermeiden, dass mir die Röte ins Gesicht stieg. "Viel Spaß dabei", sagte sie und wackelte mit den Augenbrauen. "Hahah", machte ich.

°°°

Irgendwie kam es dann, dass ich nach gefühlten Ewigkeiten, die viel zu schnell vergangen waren, endlich vor Jonas Haustür stand.

Ich hoffte so sehr dass er mir vergeben würde und ich die Nacht bei ihm verbringen könnte, auch wenn das vielleicht ein bisschen hochgestochen war. Nach Hause würde ich jedenfalls nicht mehr gehen, jetzt wo ich das Haus einmal verlassen hatte. Egal wie Jona reagiert. Ich konnte und wollte nicht dorthin zurück. Das meine Eltern so inkompetent waren was diese Thema betraf hatte mich völlig aus der Bahn geworfen. Ich meine was wenn ich jetzt wirklich Schwul war? Was sollte dann aus unserer Familie werden? Aber noch schlimmer, was wenn Jona mir nicht vergeben konnte? Wenn er mich einfach nicht mochte wie ich ihn. Wenn er meine Gefühle nicht verstand. Wenn er mich nie wiedersehen wollte. Ich glaube das würde ich nicht ertragen. Niemals wieder mit ihm zu reden. Ihn nur noch aus der Ferne zu sehen. Ihn nie wieder küssen zu können. Wie könnte ich das bitte aushalten?

Durch all diese Gedanken vergaß ich wie zum Henker man nochmal Klingelt. Wie zum f*ck sollte ich das jetzt anstellen? Was genau sollte ich sagen? Was wenn er besuch hatte? Ich hätte wohl besser anrufen sollen. Aber vielleicht wäre er dann garnicht erst rangegangen. Ich sollte einfach Klingeln. Jetzt.

Oder aber ich bleibe einfach vor der Tür stehen und warte bis er rauskommt, spätestens morgen Früh muss er raus. Und die Zeit bis dahin kriegt man auch überbrückt. Zum Beispiel mit unnötigen Gedankengängen. Aber vielleicht ist er auch gerade unterwegs und kommt gleich wieder. Ich sollte hier wirklich warten. Das ist für alle das beste.
'Ja warscheinlich, verarsch dich ruhig weiter', schnaubte mein Unterbewusstsein. 'Ich weiß nicht wovon du redest', behauptete ich. 'Du weichei jetzt Klingel endlich', das war ne klare Ansage.

Langsam hob ich meinen Finger zu der Klingel. Ganz langsam näherte ich mich Zentimeter für Zentimeter. Nur einen Millimeter bevor ich den Knopf drückte hielt ich nochmal inne. Ich atmete noch einmal ganz tief durch, kniff die Augen zu und drückte ganz schnell.

Gott das war ein Fehler, ein riesen Fehler, ein gigantischer Fehler. Warum war ich hier? Ich sollte gehen, auf der Stelle. Also jetzt. Ich ging vor der Tür auf und ab. Genau als ich mich umdrehte ging die Tür auf. Leonie stand darin mit einem leicht sadistischen Lächeln auf den Lippen. "Ich wollte zu Jona", krächzte ich.

"Ja, ich hab mich schon gefragt wann du endlich klingelst. Hast fast ne Stund da draußen gestanden", sie lächelte ein Zanpasta Lächeln, in diesem Moment hätte mich nichts mehr verunsichern können. "Er ist in seinem Zimmer", sagte sie während ich an ihr vorbei ging. Sie hatte mich wirklich eine Stunde bei meinen Selbstzweifeln beobachtet und nichts unternommen, was sonst garnicht ihre Art ist. Das heißt Jona hat ihr was erzählt, nur wieviel hat er ihr erzählt? Meine Angst wurde von Sekunde zu Sekunde immer größer. Dabei hatte ich gedacht ich hätte das Maximum schon längst erreicht.

Doch das Ausmaß an Angst das mich überfiel als ich an Jonas Tür klopfte war unfassbar.

still best Friends | BoyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt