All I want for Christmas... | Adventskalender

12. Dezember

»Weihnachtshologramm«

"Und? Habt ihr alle was gefunden?" Taehyungs Strahlen schien nicht weniger, eher immer mehr zu werden. Seine Freude übertrug sich ganz automatisch auf die anderen und stolz präsentierten sie ihm ihre Errungenschaften.

Jimin musste ein Lachen unterdrücken, als die abertausend Beutel und Päckchen der Brüder betrachtete. Jeongguk bemerkte das natürlich und verschränkte daraufhin die vollbepackten Arme, während er den Blonden schmollend ansah.
"Wir haben eine wirklich große Familie und mindestens doppelt so viele Freunde", erklärte er sich. Sein Bruder nickte bestätigend. 
"In unseren Branchen kommt da nicht drumherum."

Taehyung schielte indes in eine der Tüten und prustete kurz darauf los. "Wer hat euch denn so verärgert, dass ihr ihm diesen nervigen, singenden Weihnachtsmann schenkt?"
Nun stahl sich doch noch ein Grinsen auf Jimins Gesicht, als auch er in die Tüte linste.
"Der ist für die kleine Tochter von Jeonggukies Kollegen."
"Er überlässt mir immer die Interviews mit den unsympathischsten Leuten überhaupt."

Jimin nickte verstehend. Dem würde er allerdings auch so ein Geschenk machen.

"Und was machen wir jetzt? Fahren wir schon zurück?", wechselte Hoseok gekonnt das Thema.
Ein erneutes Funkeln blitzte in Taehyungs Augen auf. "Ich kenne einen wirklich guten Club in der kleinen Stadt hier in der Nähe. Lasst uns dort hingehen und die Existenz von Weihnachten feiern!"

Begeistert stimmten alle zu, denn ohne Weihnachten hätten sie sich nie kennengelernt und das wäre doch wirklich eine Verschwendung gewesen.

Es dauerte nicht lang, bis sie mit dem überfüllten Auto an einem Straßenrand in der Kleinstadt hielten. Dennoch war es bereits dunkel und wenn nicht immer noch die dicken, grauen Wolken den Himmel verdecken würden, könnte man die Sterne funkeln sehen.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite konnten die vier jungen Männer, eingezwängt zwischen zwei niedrigen Hochhäusern, ein noch viel kleineres Häuschen erkennen. In auffällig leuchtender Neonschrift stand der Name des Ladens über dem Eingang.

"Jin's Evening Club", las Jimin zweifelnd vor.
Taehyung nickte zufrieden und zog seinen besten Freund am Ärmel seiner Jacke hinter sich her über die geräumte Straße.
"Er hat ihn so genannt, weil er Abends immer die meiste Kundschaft hat. Nachts ist hier aus irgendeinem Grund fast nie was los."

"Warst du schon oft hier?" Selbst Jeongguk, von dem Jimin überzeugt war, dass er vor nichts zurückschreckte, selbst wenn er es nicht kannte, schien der Laden nicht ganz geheuer zu sein.
"Noch nicht wirklich. Aber ich habe das mal jemanden sagen gehört."

Jimin verzog das Gesicht. Er sollte Taehyung nicht immer folgen, ohne seine Vorhaben zu hinterfragen. Doch wie immer kam ihm diese Erkenntnis zu spät. Sein Freund hatte ihn schon durch die schmale Tür in den dunklen Raum geschoben.

Vorsichtig schaute Jimin sich um. Der bestand aus mehreren Tischen und einer beleuchteten Bar, hinter der ein Junge Getränke ausschenkte, die wahrscheinlich nicht so ganz legal waren. Wenigstens lag in der erwärmten Luft der penetrante Geruch von Alkohol. 

Taehyung schob die drei Skeptiker zu einem der leeren Tische in einer Ecke. Sie ließen sich auf die Lederbezüge der Eckbank fallen und Hoseok widmete sich dem Weihnachtsgesteck vor ihnen.
"Ist das echt?"
Tae, der gerade die Tafel hinter dem Jungen am Tresen inspiziert hatte, drehte sich zu ihm um und nickte. "Jin, der Besitzer, scheint insgesamt nicht viel vom Leben im einunddreißigsten Jahrhundert zu halten. Er schenkt ja auch Alkohol aus und hat nichts digital."

Jimin inspizierte den kleinen Raum noch einmal genauer. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass hinter der Bar eigentlich hätte ein Roboter stehen müssen. Mittlerweile kam ihm sowas doch tatsächlich vollkommen normal vor.

"Ich frage mich nur, wo er den Alkohol herhat und wieso er noch nicht angezeigt wurde", wunderte sich Jeongguk. Was eigentlich ziemlich ironisch war, denn auch einen Tätowierer fand man nicht mehr einfach so.

"Wo er den Alkohol herhat, wird er euch sicher nicht sagen", antwortete ihm der Junge vom Tresen. Er stand mit ernstem Gesichtsausdruck vor den vier Kameraden, die ihn erstaunt anstarrten. Schließlich seufzte er.
"Was kann ich euch bringen?"
Jimin blinzelte verwirrt. Ohne weitere Umschweife bestellten sie sich ihre Getränke und der Dunkelhaarige verschwand wieder.

Jimin beobachtete ihn, wie er vier Gläser befüllte und dabei immer wieder prüfende Blicke in den Gästeraum warf. Er sah aus, als hätte er bei seiner Arbeit in Jin's Evening Club schon eine Menge erlebt. Dinge, die Jimin nur aus schlechten Filmen kannte.

Er brachte ihnen ihre Getränke ohne ein Wort und ging dann wieder seiner Arbeit nach. Sie griffen nach ihren Gläsern und stießen mit einem breiten Grinsen auf den Gesichtern an.
"Auf Weihnachten und seine Wunder!", sagte Taehyung und fasste damit Jimins wirre Gedanken ganz gut zusammen.

°°°

Es musste mittlerweile schon recht spät sein. Jimin, Taehyung, Hoseok und Jeongguk waren beinahe die letzten Gäste des Clubs. Außer ihnen saßen in einer anderen, viel dunkleren Ecke nur noch zwei weitere Gestalten. Die weißen Rauchschwaden, die ab und zu von dort aufstiegen, kümmerten sie nicht weiter.

Der Junge an der Bar wurde schon vor einer Stunde von einem Mann, der nur ein paar Jahre älter als sie sein konnte, abgelöst. Wenn man den augenscheinlich Stammgästen Glauben schenken konnte, dann war das Jin, der Besitzer des Clubs. Mit einem breiten Lächeln und einer unglaublichen Menge Witze unterhielt er sich mit seinen Gästen und setzte sich auch zu ihnen. Kein Wunder, dass niemand ihn anzeigte. Derjenige, der das ohne schlechtes Gewissen schaffte, musste erst geboren werden.

Jin trocknete das letzte Glas ab und kam dann auf die Vier zu, nachdem er den beiden anderen und ihren Rauchwolken einen kurzen Blick zugeworfen hatte.
"Na, was gibt es denn hier zu feiern?", fragte Jin nachdem er ihre vielen leeren Gläser in Augenschein genommen hatte.
"Das ist eine wirklich lange Geschichte, aber wenn du willst, können wir sie dir erzählen."

Nach einer auffordernden Geste von Seiten Taehyungs setzte Jin sich zu ihnen an den Tisch und lehnte sich entspannt zurück. Mit viel Begeisterung und ausschmückenden Worten berichtete Taehyung von dem Stromausfall und ihrer unglaublichen Reise.

Als er geendet hatte, leuchtete sein Gesicht auf, als ihm eine Idee zu kommen schien. 
"Was haltet ihr eigentlich davon, wenn wir alle zusammen Weihnachten feiern?", wandte er sich an Jimin und die beiden ungleichen Brüder. Diese nickten augenblicklich begeistert und Jeongguk klatschte in die Hände.

"Wie feierst du eigentlich immer Weihnachten?", fragte Hoseok daraufhin Jin neugierig. 
Dieser zuckte traurig mit den Schultern. 
"Ich habe das Weihnachtshologramm ausgepackt und feiere mit RJ zusammen unter einem Weihnachtsbaum aus Licht, weil ich mir keinen echten leisten kann."

Jimin schaute ihn mitleidig an. Jin schien ein sehr geselliger Mensch zu sein. Es musste schrecklich sein, Weihnachten allein feiern zu müssen. Dieser Meinung war offensichtlich auch Tae.
"Ich weiß zwar nicht, wer RJ ist und vielleicht ist er oder sie auch eine großartige Gesellschaft, aber wenn du willst, kannst du doch einfach mit uns feiern", schlug er vor.

°°°

-Joiy