Blind Fire

- Kapitel 63 -

In der Zwischenzeit hat sich auf dem Anwesen der Akelas ein Spalt gebildet. Die eine Seite fiebert mit Eliana wohingegen die andere Seite auf Embers Sieg hofft. Innerhalb der letzten Tage sind bereits einige hitzige Diskussionen entstanden. Auch der heutige und letzte Tag des Duells vermag spannend zu werden, das ist auch Tarik bewusst.
Die letzten beiden Nächte hatte er kein Auge zu getan. Zu groß ist die Anspannung.
Verschmitzt lächelt er in sich hinein. Wenn er sich schon so fühlt will er nicht wissen, was Ember wohl gerade empfindet.
Unruhig tigert er durch die Straßen der Stadt. Auf dem Anwesen hält er es einfach nicht mehr aus. Wie die Tage zuvor auch steuert er direkt auf die Bar Stratus zu. Dort befinden sich mehrere Übertragungsmonitore, die die Geschehnisse des Duells in Echtzeit ausstrahlen.
Die dunkle Holztür knarrt laut, als er sie schwungvoll aufstößt. Einige altbekannte Gesichter blicken neugierig zu ihm auf und wenden sich hastig wieder den Monitoren zu, auf denen die Gesichter der Duellsprecher zu sehen sind. Bereits seit dem ersten Tag zeigen sie exklusive Bilder der Unterkünfte, der Duellareale und einige Interviews mit Teilnehmern. Ein wenig gespannt ist er schon. Ob sie heute wohl Ember interviewen werden? Sie ist ein cleveres Mädchen. Sie weiß, dass es durchaus sinnvoll sein kann das breite Volk hinter sich stehen zu haben. Bislang ist sie nicht negativ aufgefallen. Ganz im Gegenteil. Er hatte bereits mehrfach aufgeschnappt, wie sich hier und da ein paar Kaufleute über Ember unterhalten haben. Tarik war höchstzufrieden zu hören, dass seine Schülerin von einigen für ihre Fähigkeiten bewundert wird. Leider ist die Resonanz nicht überall so positiv. Einige böse Zungen zerrissen sich ihr Maul darüber, wie General Kalen ausgerechnet sie auswählen konnte. Tarik selbst war ebenfalls äußerst überrascht, als General Kalen, die große Nummer zwei des schwarzen Rings, plötzlich auf dem großen Monitor zu sehen war nachdem Ember die erste Etappe für sich entschieden hatte. Natürlich war er unsagbar stolz auf sie. Es ist schließlich kein Geheimnis, dass Kalen sich in den letzten Jahren sehr zurückgehalten hatte. Sie muss ihn also schwer beeindruckt haben.
„Guten Tag Tarik! Was darf es heute sein? Das übliche? Oder brauchst du heute etwas Stärkeres?", scherzt Orwen, der Barbesitzer, der hinter der Theke steht und grinsend die Hände auf den Tresen legt. Tarik verdreht leise lachend die Augen während er auf die Barhocker zusteuert.
„Das Übliche, etwas Stärkeres brauche ich nicht", kontert er entschlossen woraufhin Orwen eine Braue hebt.
„Ah ja? Bist du sicher? Ich habe gehört, dass es gestern zu einem unschönen Zwischenfall gekommen sei von dem selbst die Duellsprecher nicht berichten durften. Es heißt, ein Anschlag sei verübt worden, doch das Ziel sei weiterhin unbekannt. Man munkelt deine Schülerin sei darin verwickelt gewesen", stichelt Orwen provokant, während er gerade dabei ist eines der Gläser zu polieren, ehe er es mit frisch gezapftem Bier befüllt. Zähneknirschend verzieht Tarik das Gesicht.
„Ja, davon habe ich auch gehört", murrt er und wird von einem der anderen Gäste unterbrochen.
„Ayye, das ist doch alles nur Teil der Show, ihr wisst schon, um es spannender und interessanter zu machen", winkt der Bärtige ab woraufhin Orwen nur die Luft ausstößt.
„Wäre es dann nicht sinnvoller die Duellsprecher davon berichten zu lassen? Du weißt schon, damit es auch jeder mitbekommt und mehr Leute zuschalten?", fragt er voller Ironie, während der leicht beschwipste Gast fieberhaft darüber nachzudenken scheint.
„Wie auch immer. Das alles sind nur Gerüchte, gestreut von gelangweilten und verwöhnten Adeligen, die einfach zu viel in die ganze Sache hineininterpretieren wollen", spielt Tarik die Sache hinunter, doch tief im Inneren ist er sich durchaus bewusst, dass das nicht nur Gerüchte sein können.

Plötzlich wird die Tür aufgerissen. Ein lauter Knall echot von den Wänden wieder, gefolgt von trampelnden Schritten.
„Ihr werdet es nicht glauben! General Kalen wurde heute Morgen verhaftet!", entkommt es ihm schwer atmend, als wäre er den gesamten Weg hier her zur Bar gerannt. Überraschtheit und Unglaube zeichnet sich auf den Gesichtern der Gäste ab. Scharfes Lufteinziehen und einige Ausrufe der Verwirrung sind zu hören. Tarik hingegen klappt die Kinnlade ins Bodenlose hinab.
„Ach nun rede doch keinen Unsinn! Du hast sicher wieder zu tief in den Krug gesehen", winkt Orwen gelangweilt ab während er sich herausfordernd auf die Theke lehnt. Die Brauen des Neuankömmlings schieben sich garstig zusammen ehe er die Luft ausstößt.
„Aber wenn ich es euch doch sage! Sie haben ihn in die Verließe bringen lassen!", wiederholt er erneut, wird jedoch von Tarik unterbrochen, der sich mittlerweile wieder ein wenig gefangen hat.
„Woher stammt diese Information?", hakt er nach, weshalb alle Augenpaare auf ihm liegen.
„Ein Ordensmitglied hat es auf dem Marktplatz erzählt und..ihr wisst ja wie schnell so etwas die Runde macht", berichtet er, was Tarik ein ungutes Gefühl in der Magengegend bereitet. Wenn das stimmt, was ihm soeben zu Ohren gekommen ist, sieht es wirklich schlecht für Ember aus. Bislang verlief alles einigermaßen vorhersehbar. Genauso, wie alle anderen Duelle zuvor auch schon, doch von so einem Fall hat er noch nie gehört.
Wie wird der schwarze Ring damit umgehen? Man wird sie doch nicht disqualifizieren? Wenn ihr Bindungspartner verhaftet wurde kann es durchaus möglich sein, dass man sie ebenfalls verdächtigen wird.
Was wird nun geschehen? Das kann niemand sagen. Verdammt, er hatte sie auf jede erdenkliche Situation vorbereitet, doch nicht auf diese.

„Tja, was sagt man dazu..wohl doch etwas Stärkeres, was?", unterbricht Orwen Tariks verwirrte Gedankengänge.