Dezember Teil 4

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Wie schon beim letzten Mal empfängt mich eiskalter Wind, als ich aus dem Flugzeug steige und ich atme tief ein. Ein Gefühl von Ruhe erfüllt mich ganz ohne Zutun und ich lächle zum ersten Mal seit Tagen zufrieden. „Ich hoffe ich kann hiernach verstehen, was du meinst. Wir sind keine fünf Minuten hier und du hast schon wieder diesen Gesichtsausdruck. Als wärst du vollkommen in reinem mit dir... Mir dagegen ist... einfach nur arschkalt", Julian reibt sich seine Arme und vergräbt sein Gesicht in seinem Schal. Ich lache leise und greife dann nach seiner Hand. Ich bin mir sicher, dass du bald verstehen wirst, was ich meine."

Eigentlich wollten Julian und ich die vier Tage nur in Reykjavík verbringen. Aber ich habe, ohne das er es weiß, in den letzten zwei Tagen ein paar kleine Änderungen vorgenommen. Ich will dass Julian sich selbst versteht und seine Gefühle nicht mehr von sich wegschiebt, sondern zulässt. Es kann durchaus sein, dass die ganze Aktion komplett nach hinten losgeht und wir beide nicht mal mehr als Paar zurück kommen. Aber ich muss es versuchen.

Nachdem wir in der kleinen Pension eingecheckt haben, beziehen wir unser Zimmer. Julian will gerade seine Sachen in den Schrank räumen, aber ich halte ihn davon ab. „Wir bleiben nur zwei Nächte hier." „Aber wir haben doch alle Nächte hier gebucht?", Julian sieht mich verwirrt an. „Ich hab umgebucht. Wir machen etwas anderes." „Wieso? Willst du mir... nicht mehr alles zeigen?", er vergräbt die Hände in seinem Hoody und kaut auf seiner Unterlippe herum. Er hat wieder Angst und ich lächle ihn warm an. „Doch, Schatz. Aber... Du wolltest immer wissen woher ich die Kraft genommen habe, mir deine Version der Geschichte anzuhören. Die Zeit hier, hat den Anstoß gegeben, dir wieder zu vertrauen und vielleicht schafft es der Zauber dieses Winterlandes es auch bei dir."

Wir starten am nächsten Morgen, dem 27.12., mit einer Stadttour. Ich bin so aufgeregt, dass ich den ganzen Morgen beim Frühstück auf meinem Stuhl herum hibbele und Julian dadurch ein Dauergrinsen entlocke. „Hör auf dich über mich lustig zu machen. Du wirst schon sehen, warum ich mich so freue!", damit ziehe ich Julian hinter mir her aus der Tür. Es ist als wäre ich nie weg gewesen. Mit sicheren Schritten finde ich den Weg zur Hallgrímskirkja-Kirche. Julian bleibt davor ehrfürchtig stehen und legt den Kopf in den Nacken. „Du wirst sie lieben!", ich strahle ihn an und kurze Zeit später stehen wir auf der Aussichtsplattform. „Wow", Julian steht wie erstarrt da und lässt erstaunt den Blick schweifen. Ich wühle etwas in meiner Tasche und ziehe zwei Thermobecher hervor und drücke Julian einen in die Hand. „Kaffee. Damit lässt es sich hier einen Moment länger aushalten", ich lehne mich am Rand an und genieße den Anblick, der sich mir bietet. Ich seufze leise: „Es ist wunderschön, oder?" „Das ist es", dabei ist sein Blick auf mich gerichtet.

Den restlichen Tag zeige ich Julian das Viertel der Götter. Wir sitzen in kleinen Läden, trinken Kaffee, essen lauter Kleinigkeiten und lassen uns vom Zauber der Stadt mitnehmen. Ich führe Julian auch zur Aussichtsplattform des bewaldeten Öskjuhlíd-Hügels und zusammen genießen wir die Aussicht von hier auf die Stadt. Julian hat seine Arme von hinten um mich geschlungen und seinen Kopf auf meiner Schulter abgelegt. Wir sind so dick eingepackt, dass eigentlich auch nichts anderes möglich ist. Aber ich genieße diese Nähe gerade wie schon lange nichts mehr. Als wir so dastehen, spricht uns ein älteres Ehepaar an, ob es ein Foto von uns machen soll. Sie finden, dass wir sehr süß zusammen aussehen. Julian gibt ihnen sein Handy und stellt sich wieder hinter mich. Unser Blick ist erst auf die Kamera gerichtet, wird dann aber doch wieder vom Anblick der Stadt angezogen. Und wir vergessen sogar für einen Moment, dass dort jemand steht und Fotos macht. Für diesen einen Moment ist alles gut.

Ich wecke Julian am nächsten Tag gegen fünf Uhr morgens. Er hasst mich dafür, dass sehe ihm deutlich an, sagt aber nichts weiter. Während er wach wird, suche ich unsere Sachen zusammen und als ich fertig bin, hat Julian sich angezogen und steht grummelig neben mir. Ich hauche ihm einen Kuss auf die Lippen und sehe dabei zu, wie sie sich für eine Sekunde zu einem Lächeln verziehen, bevor er wieder in den „Grummel-Modus" verfällt. „Du kannst gleich im Auto weiter schlafen", flüstere ich leise und schiebe dann die Koffer vor mir hier.

Ein ganzes Jahr - Kurzgeschichte zu Winter SongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt