Dezember Teil 2

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Am nächsten Morgen schnappe ich mir meine Tasche vom Fußende der Treppe und will mir gerade einen Kaffee raus lassen, als es an der Tür klingelt. Jannis ist mal pünktlich. Das kam bisher wie oft vor? Richtig, noch nie. Was bedeutet, dass ich mir wahrscheinlich gleich eine Predigt anhören darf, dass Julian und ich uns doch lieben und wir uns vertragen sollen. Darauf habe ich aber gerade so gar keine Lust. Zumal ich zum Umfallen müde bin, weil ich erst gegen vier eingeschlafen sein muss. Jetzt haben wir acht Uhr und ich bin seit halb sieben wieder wach. So wenig habe ich seit über einem Jahr nicht mehr geschlafen und eigentlich will ich nur wieder zurück ins Bett.

Ich habe weder Lust auf die Fahrt mit Jannis, noch auf den Abend mit Familie Brandt. Vor allem, wenn ich nicht weiß was mich in Bezug auf Julian heute erwartet. Ich mag es nicht einen Streit vor der halben Familie austragen zu müssen und genau das wird heute wahrscheinlich passieren. Heißt wir versauen nicht nur uns selbst Weihnachten, sondern auch allen anderen. Ganz toll.

Die Wohnungstür lehne ich an und gehe dann zurück zur Kaffeemaschine und drücke auf den Knopf. Der Kaffee ist gerade in den Thermobecher gelaufen, als die Wohnungstür aufgedrückt wird und Jannis im Raum steht. „Morgen, Cara", aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Jannis mich vorsichtig ansieht, aber ich drehe mich nicht zu ihm um. „Morgen, Jannis", ich drehe den Becker zu, kippe ihn einmal um, um zu sehen ob er auch wirklich dicht ist und um etwas Zeit zu schinden. Ich sehe einfach total fertig aus. Auch wenn ich versucht habe mit MakeUp meine Augenringe zu überschminken, sieht man mir doch anhand meiner immernoch geschwollenen Augen an, dass mich der Streit nicht kalt gelassen hat. Und das Letzte was ich jetzt gebrauchen kann, ist ein Jannis der sich Sorgen macht.

„Wir können", murmele ich in seine Richtung, greife mir noch den letzten Apfel von der Anrichte und will am kleinen Brandt vorbei zu Tür gehen. Jannis aber hält mich auf, indem er eine Hand auf meinen Arm legt und mich zu sich umdreht. „Wie geht's dir", fragt er mich jetzt und als ich ihn ansehe, sieht er zerknirscht zurück. „Oh Cara...", Jannis will mich in eine Umarmung ziehen, aber ich schiebe ihn von mir und schüttele mit dem Kopf. „Er hat sich bestimmt über Nacht beruhigt und entschuldigt sich später bei dir", er lächelt mich an und nimmt meine Hand in seine. „Das glaube ich nicht, Jannis... Denn das hat er in den letzten Wochen auch nicht...", damit gehe ich ihm vorbei und ziehe meine Schuhe und die Jacke an. „Wie wäre es, wenn ihr heute einfach nochmal in Ruhe miteinander redet. Julian hat einen Grund für seine schlechte Laune und..." „Er hat also mit dir geredet, ja? Mir dir? Und nicht mir, die ständig alles abbekommt? Ernsthaft?", ich sehe Jannis fassungslos an. „Mein Bruder wusste nicht so recht, wie er..." „... mit mir reden soll? Ich... hör mal Jannis, nichts gegen dich, ich hab dich wirklich lieb, aber wenn wir jetzt weiter darüber reden, fährst du heute höchstwahrscheinlich alleine nach Bremen und ich bleibe hier. Also sollten wir das Thema einfach... totschweigen", ich unterbreche Jannis schon wieder, weil ich bei seinen Worten einfach unfassbar wütend werde. Und es ist genauso, wie ich gerade gesagt habe, ich spiele wirklich mit dem Gedanken ganz hier zu bleiben. Aber der Rest der Familie kann nichts für unseren Streit und Julian und ich haben uns versprochen immer ehrlich zueinander zu sein, also fahre ich mit. Alleine schon deswegen, um Julian den Kopf abzureißen, weil er mit seinem Bruder spricht, aber nicht mit mir... Ich... es tut mir sehr weh zu hören, dass mir mein Freund nicht genug vertraut um mit mir über... was auch immer es ist zu sprechen.

Ich greife also wieder nach meiner Tasche und schiebe Jannis vor mir aus der Wohnungstür, schnappe mir alles was sonst noch fehlt und schließe die Tür hinter mir ab.

Dreieinhalb Stunden später, steigen wir in Bremen aus dem Auto. Jannis und ich haben uns die komplette Fahrt über angeschwiegen. Zum einen weil ich mit ihm nicht über Julian sprechen wollte und zum anderen, weil mir auch sonst nicht nach irgendeinem anderen Thema war. Der kleine Brandt hatte zwar mehrfach versucht ein Gespräch anzufangen, aber nach mehreren einsilbigen Antworten von mir, hat er es auch wieder aufgegeben. Die besorgten Blicke, die er mir zwischendurch zugeworfen hat, habe ich versucht so gut es geht zu ignorieren.

Ein ganzes Jahr - Kurzgeschichte zu Winter SongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt