Juli

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„Sag mal wieso wirst du eigentlich so ekelhaft braun und ich nur rot?", Julian wirft sich neben mich auf die Liege und schiebt die Unterlippe vor. „Ich kann ja nix für, wenn du so ne Weißwurst bist", grinse ich und drehe meinen Kopf in seine Richtung und schiebe meine Sonnenbrille etwas hoch. „Weißwurst?", Julian klappt der Mund auf und er sieht mich wirklich geschockt an.

Jannis und die Jungs prusten im Pool vor uns direkt los und ich grinse breiter. Witzigerweise werden die beiden kleinen Brandt Brüder braun. Julian wird dagegen rot und dann wieder weiß. Etwas dazwischen gibt's wirklich nicht.

„Ich fühle mich ernsthaft von meiner Freundin gemobbt. Vielleicht sollte ich mir das mit dem zusammen ziehen nochmal überlegen", mein Freund ist heute etwas dünnhäutig und dementsprechend leicht zickig.

„Wenn dich der Trottel nicht aufnimmt, dann kannst du übergangsweise zu uns kommen", Jannis formt mit seinen Fingern das Peace Zeichen und streckt seinem großen Bruder die Zunge raus. Julian grummelt jetzt wirklich angepisst vor sich hin und steht dann auf. Mit hochgezogenen Augenbrauen sehe ich ihm nach, wie er ins Haus stapft. Ich wechsle einen irritierten Blick mit Jannis, aber der zuckt nur mit den Schultern.

Ich solchen Situationen sollte man Julian einfach in Ruhe lassen. Das ist dann das Beste. Ihm jetzt hinterher zu laufen, würde nur darin enden, dass wir uns anzicken. Also lege ich meinen Kopf zurück auf die Liege und schließe wieder die Augen. Wir sind im Urlaub und ich hatte gehofft wir könnten eine entspannte Zeit zusammen haben. Julian ist aber.... irgendwie mehr angespannt als entspannt.

In diesen Momenten würde ich mir wünschen, dass ich das alles lockerer sehen könnte. Aber wenn Julian zickig, motzig oder angepisst ist, mache ich mir immer unglaublich viele Gedanken. So wie jetzt gerade. Was das vorhin zu viel? Sollte ich mich entschuldigen?

Aber dann denke ich wieder an letztes Wochenende und den Spieleabend mit Kai und Sophia und schüttele den Kopf. An dem Abend ist sogar ein Spielbrett durchs Wohnzimmer geflogen, weil Julian und auch Kai nicht verlieren können. Beide waren der Meinung, der andere hätte geschummelt und das ist dann irgendwann... etwas eskaliert.

Julian ist heute einfach nicht gut drauf, Punkt. Das hat nichts mit mir zu tun. Ich atme tief durch und öffne die Augen, als Jannis mir eine Hand auf den Arm legt. „Mach dir keinen Kopf Cara. Er ist heute einfach mies drauf. Wahrscheinlich sitzt ein Furz quer oder so. Aber an dir liegt das nicht." Vorsichtig lächle ich ihn an und setze mich seufzend auf.

„Lass die Diva sich abreagieren und spiel mit uns eine Runde Wasserball. Hopp, hopp Frau Schwägerin... nur auf der Liege rumgammeln bringt auch nix", Jannis zieht mich an der Hand hoch und ich lache, bevor ich hinter ihm in den Pool springe.

Zwei Stunden später lehne ich am Rand des Beckens und wir trinken zum Ende des heutigen „Pool-Tages" noch eine Runde zusammen. Jonas macht super Cocktails und sobald ich mein Getränk geleert habe, stehe ich auf und mache mich auf den Weg rein. „Lass dich nicht von dir Diva anzicken", ruft mir Jannis noch zu und ich winke an. Innerlich wappne ich mich aber schon gegen... was auch immer. Aber als ich unser Zimmer betrete ist niemand zu sehen. Auch nachdem ich nach Julian rufe, bekomme ich keine Antwort.

Wo ist er denn hin? Ich habe jetzt aber wirklich keine Lust nach ihm zu suchen. Wenn er sich beruhigt hat, wird er schon wieder kommen. Das war bisher immer so.

Da die Jungs später aber noch Essen gehen wollen, mache ich mich auf den Weg in Richtung Bad und zur Dusche. Ich brauche dann doch länger als der Rest und da ich im Urlaub bin und somit keine Lust auf Hetzerei habe, gehe ich mich immer so fertig machen, dass kein Zeitdruck dahinter steht. Im Urlaub kann ich das nicht gebrauchen.

Eigentlich ist warmes Wasser bei den Temperaturen definitiv zu „warm", aber mit Julian im Hinterkopf hilft es mir, mich entspannen zu können. Ich mag es nicht, wenn es so ist wie heute. Damit kommt mein Innerstes einfach nicht klar. Das ist einfach nicht mein...

Von hinten greifen Hände nach mir und halten mich fest. Ich erschrecke mich fast zu Tode, greife mir an die Brust und drehe mich halb um. Julian steht jetzt hinter mir in der Dusche und sieht mich zerknirscht an. „Himmel Julian... Musst du mich so erschrecken. Sag doch was!", fahre ich ihn an und drehe mich wieder nach vorne.

Mein Freund schlingt seine Arme endgültig um meine Mitte und legt seinen Kopf auf meiner Schulter ab. Dabei wird er auch nass. „Tut mir leid, Kleines", murmelt er leise. „Was genau tut dir leid?", frage ich ihn und drehe meinen Kopf wieder in seine Richtung. „Das ich dich erschreckt habe... und... und das ich heute so zickig war..."

„Dann ist ja gut", lächle ich leicht und drehe mich zu ihm um und lege ihm meine Arme um den Hals. „Wirklich?", fragt er nochmal nach. „Wirklich... jedenfalls, wenn du mir verrätst was dir die Laune so versaut hat", ich sehe ihn auffordernd an, „Und jetzt sag nicht, dass nichts wäre. Denn das stimmt nicht. Also los Brandt! Rück raus mit der Sprache", ich sehe ihn auffordernd an und ziehe ihn an den Ohren.

„Weißt wie doof es ist, dass man dir nichts vormachen kann?", Julian legt seine Stirn an meine und gibt mir einen Kuss auf die Nasenspitze. „Tja... wenn du jemanden hättest haben wollen, dem du was vorlügen kannst hättest du bei Valerie bleiben sollen", sage ich trocken und Julian stößt schnaubend die Luft aus. „Die Olle kann bleiben wo der Pfeffer wächst", grummelt mein Freund jetzt wieder motzig, er senkt den Blick und seine Hände streichen meine Seiten entlang, während das Wasser dafür sorgt das Julian jetzt vollends nass ist.

Ich sehe ich weiterhin abwartend an und als Julian mich dann wieder direkt ansieht, wird sein Blick weich. „Ich... Ich mach mir nur Sorgen... Es ist in den letzten paar Wochen echt ruhig gewesen. Keine blöden Artikel... keine... Provokationen von Valerie. Ich meine ich beschwere mich nicht... aber irgendwie habe ich das Gefühl... keine Ahnung... Und dann... naja... wir ziehen bald wirklich richtig zusammen..."

„Aber das war doch dein Vorschlag..", grätsche ich jetzt rein und Julian bringt mich mit einem Kuss zum Schweigen. „Ich weiß... Aber nur weil es mein Vorschlag war, heißt es nicht, dass ich mir darüber keine Gedanken mache... Du wirst mich dann jeden Tag erleben, ist dir das bewusst? Du hast mich Trottel, die Weißwurst, dann jeden Tag an der Backe. Egal ob ich gute Laune habe oder wie heute rumzicke. Immer... Das ist... Ich hab noch nie mit jemandem außer Jannis zusammen gewohnt und... ich mach mir einfach Sorgen. Ich will dir nicht mit irgendwas auf die Nerven gehen..."

„Aber das wirst du!", ich unterbreche Julian schon wieder. „Und das ist auch gut so. Du darfst mir auf die Nerven gehen, weil das normal ist. Ich gehe dir mit Sicherheit auf total auf den Wecker. Mit meinem Ordnungsfimmel oder was auch immer... Wir werden eine Weile brauchen, bis wir unseren Rhythmus,was das zusammen leben angeht, gefunden haben... Und wir werden uns streiten. Da bin ich mir ziemlich sicher... gerade weil du so ein Trottel sein kannst... aber das ist in Ordnung... weil du mein Trottel bist... Und dann ist eben so", ich werde zum Ende hin immer leise und Julian grinst jetzt breit. „Ich bin dein Trottel?", fragt er mich leise und kommt mir immer näher. „Ja... meiner... meins, meins, meins!", kichere ich vor mich hin, während mich mein Freund jetzt rückwärts an die Fließen drückt. Ich erschaudere und bekomme eine Gänsehaut. „Wem wird denn da kalt sein?", Julians Stimme wird tiefer und seine Augen dunkler. Er drückt sich an mich und ich ein wohliger Schauer überkommt mich. Das liegt aber nicht an den kalten Fließen.

„Wie wäre es dann, wenn du du dafür sorgst, dass mir wieder warm wird?", frage ich unschuldig und knabbere meinem Freund leicht an der Unterlippe. Julian seufzt leise, bevor er „Nichts lieber als das", murmelt und mich küsst.

Ein ganzes Jahr - Kurzgeschichte zu Winter SongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt