Ich versuchte nicht zu weinen, doch es fiel mir unendlich schwer und eh ich es verhindern konnte, kullerten die Tränen aus meinen Augen. Eigentlich hatte ich das nicht tun wollen. Hoseok sollte kein schlechtes Gewissen haben.
Ich hatte zusehen können, wie er stärker und stärker wurde. Wie seine Depressionen zwar kamen, aber er lernte, sie zu beherrschen und sich so selbst wieder fast. Er war so wunderschön und ich fühlte Erleichterung, dass immerhin einer von uns beiden endlich wieder vorwärtsging. Doch er ging ohne mich.
Das war der Lauf der Dinge. Ich konnte mich nicht zwingen, ihm zu folgen. Er konnte mich auch nicht hinter sich herziehen. Mir war klar, dass ich es allein schaffen musste und deswegen hatte ich auch mein Bestes gegeben, ihn nicht aufzuhalten, auch wenn kleine, fiese Stimmen in mir waren, die ihn guilt-trippen wollten, weil er mich allein ließ. Stimmen, die mir auch sagten, dass er mich sowieso vergessen würde, wenn er erst mal wieder da draußen war.
Ein Teil von mir wollte all diese negativen Gefühle an ihm herauslassen und ihn anschreien, dass er sich nie hätte in mein Herz schummeln dürfen, doch die meiste Zeit schaffte ich das zu unterdrücken. Bisher, wenn mein Ton doch mal schärfer wurde, oder ich was Dummes sagte, was ich sofort bereute, hatte er sehr lieb darauf reagiert, doch ich hatte es auch nicht darauf angelegt, ihn zu verletzen oder ihn zu reizen. Ich wollte doch ein guter Freund sein und ich hatte mein Bestes gegeben.
Doch jetzt war der Tag gekommen und er würde gehen. Weinend lag ich in seinen Armen und konnte nicht mehr verstecken, wie traurig ich war, auch wenn ich mich für ihn freuen sollte, dass er gelernt hatte, was er brauchte, um die echte Welt in Angriff zu nehmen.
"Jimin", wisperte er mir zu, "ich liebe dich. Vergiss das nicht. Wir sehen uns wieder, ich komme so oft vorbei, um dich zu besuchen, wie ich kann." Ich sah ihn an und er strich mir die Tränen weg. Er schenkte mir den wärmsten Blick, den ich je gesehen hatte, doch auch wenn ich einen Moment dachte, er würde mich küssen, tat er es nicht.
"Du ...", begann ich, "du hast es gut gemacht und ich bin stolz auf dich."
Wieder löste sich eine Träne aus meinem Augenwinkel. Egal wie neidisch ich auf ihn war, egal wie sehr ich mir wünschte er würde hier bleiben können, damit ich mich in sein Bett schleichen konnte, wenn die Gedanken in meinem Kopf zu laut waren, um zu schlafen, ich meinte es ernst und meine Worte kamen von Herzen. Wer würde ihn halten, wenn er weinte, weil er nicht mehr konnte? Seine Episoden wurden weniger und auch nicht mehr so schlimm, aber was, wenn er doch mal wieder von der Schwärze verschluckt wurde? Konnte er das allein? Er lächelte nostalgisch.
"Es bedeutet mir die Welt, dass du das sagst", wisperte er. Er hielt meine Hände in seinen und lehnte sich dann doch zu mir, um mir einen sanften Kuss auf den Haaransatz zu drücken. Seine Eltern, die gekommen waren, um ihn abzuholen, schauten ein bisschen irritiert, doch schienen es dann einfach hinzunehmen.
"Du wirst es schaffen, Jimin. Wenn du draußen bist, dann gehen wir uns einen Froyo gönnen, es kann nicht sein, dass du nicht weißt, was das ist." Ich lachte leise.
"Ja, machen wir", murmelte ich und lehnte mich an ihn. "Ich liebe dich, Hoseok." Er löste sich von mir und ging zu seinen Eltern. Als letztes ließ er meine Hand los.
Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss und ich fühlte mich leer und allein.
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Seven Years
FanfictionDas Leben ist nicht immer leicht und wenn jemand das weiß, dann ist es Jimin. Schon in jungen Jahren vernachlässigt holen ihn die Schatten seiner Vergangenheit ein. Ergebnis: geschlossene Therapie in einer entsprechenden Einrichtung. Dort lernt er H...